Beim Schlussapplaus für die kooperierenden Künstler (von links): Stefan Hallmayer, Michael Armingeon, Sven Edler, Steffen Hollenweger und Wolfgang Schnitzer. Foto: Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder-Bote

Premiere: Theater Lindenhof zeigt beim Mössinger Kulturherbst Wort-Klang-Bild-Performance / Auf den Spuren des Bauhauses

Burladingen/Mössingen. "Das Prinzip Coop – Ein inszeniertes Hörstück von Wolfgang Schnitzer und Stefan Hallmayer" des Theaters Lindenhof feierte in der Pausa in Mössingen Premiere – und setzte die Bauhausidee, verschiedene Künste zu einer Einheit zusammenzuführen, ausdrucksstark um.

Autor und Lindenhof-Intendant Stefan Hallmayer hat über den Pausa-Fabriksaal des in den 1950er-Jahren im Bauhaus-Stil von Manfred Lembruck errichteten Industrieensembles gesagt, er möge ihn deshalb, weil räumlich so ganz andere Projekte möglich seien als oben in Melchingen. Denn die Industrie-Atmosphäre des ehemaligen Fabrikgebäudes stehe in krassem Gegensatz zur eher ländlichen Scheunenspielstätte im Lindenhof.

Das Publikum bekam bei der Premiere weder Komisches noch Leichtes geboten, sondern etwas Experimentelles, auf das es sich einlassen musste. Die Performance haben die fünf Künstler gemeinsam, sozusagen im "Prinzip Coop", auf die Beine gestellt: Es sind Theatermacher Stefan Hallmayer, Komponist Wolfgang Schnitzer, Michael Armingeon, Sven Edler und Steffen Hollenweger.

Schnitzer ist Leiter der Jugendmusikschule in Mössingen, Gitarrenlehrer und Lehrer für neue Medien, ein Spezialist in Sachen computergesteuerter Töne. Er hat mit dem Künstler Michael Armingeon, der Elektrotechnik und Kybernetik studierte, einzigartige Lichtskulpturen schafft und sie in akustische Ereignisse umsetzt, ein perfektes Pedant gefunden.

Da entstanden vor einer – vielleicht etwas zu klein bemessenen Videoleinwand – beeindruckende Bilder aus Farbe und Licht, während Armingeon seine Hände spielerisch über einen Bildschirm gleiten ließ. Da tanzten kleine weiße oder rote Teilchen im Schwarmverhalten, wurden zu Notenpixeln und erzeugten Töne. Da verwandelten sich grafische Objekte mit Hilfe modernster Technik wie Echo, Hall, Verzerrer und Filter in bunte Bilder.

Schnitzer zauberte aus dem Glucksen in einem mit Wasser gefüllten Behälter oder mit der Reibung von Steinen auf einer angerauten Fläche moderne, virtuelle Musik oder einen C-Sound, wie manche es nennen. Schnitzer und Armingeon hatten so bereits vor Jahren die Maschinensymphonie in der Pausa aufgeführt und – mit Sprechern aus dem Melchinger Theater – die Glockensymphonie präsentiert.

Das "Prinzip Coop" zwischen diesen beiden Künstlern und den Lindenhöflern hat Tradition. Der Schlagzeuger Sven Edler und Bassist Steffen Hollenweger rundeten die Performance mit Live-Musik gekonnt ab. Und Hallmayer zitierte, rezitierte und schrie Texte von Gropius, Mies van der Rohe, Oskar Schlemmer und Hannes Mayer ins Mikrofon. Oder er ließ sie, am Suchlauf eines alten Radios drehend, einfach als O-Ton abspielen.

Er hatte diese Auszüge wohl gewählt. In Zeiten von Digitalisierung und Industrie 4.0, von Arbeitsplatzabbau und Algorithmen, die Maschinen scheinbar selbstständig sprechen lassen, bereits Texte erstellen oder für Werbemacher das Konsumverhalten im Internet erfassen, herrsche Aufbruchsstimmung. Und Beunruhigung. Ein bisschen wie damals in den Zeiten der Industrialisierung und als das Bauhaus aufkam.

Aber: Dessen Gründerväter sahen das alles als Chance, als Gelegenheit, verschiedenste Kompetenzen im Kollektiv zusammenzufassen und so größtmögliche Innovationskraft zu haben. Keine Zukunftsangst, sondern Lust zum Gestalten war angesagt. Eine Zuversicht, die heute noch fehlt, wie Hallmayer andeutete. Noch. Die Künstler leisteten ihren Beitrag dazu, Lust zu machen auf mehr, Möglichkeiten nachzuspüren und sich einzulassen auf Unbekanntes. Prinzip Mut.

  Im Rahmen des Mössinger Kulturherbstes wird "Das Prinzip Coop" noch einmal am kommenden Sonntag, 8. Oktober, ab 19 Uhr in der Pausa aufgeführt.