Auch bei der Arbeit ein tolles Team: Markus Scheu und seine Frau Sybille. In der Wohnstube bei Bruder Fritz Scheu hat das Erfolgsteam von der Schwäbischen Alb seine beeindrucken Bilder aus Kanada parat. Foto: Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder-Bote

Der Burladinger Markus Scheu findet sein Glück in Kanada / Volles Haus bei Vortragsabend

Von Erika Rapthel-Kieser

Burladingen/Vancouver. "Wenn man mal hinfällt, darf man nicht liegen bleiben" – das sagt einer, dessen Lebensgeschichte eine Erfolgsgeschichte ist. Der 86-Jährige gebürtige Burladinger Markus Scheu. Er wurde in Kanada mit drei Dollar Startkapital zum Millionär.

Darüber, wie das geht, was seine Lebensphilosophie war und wie er sich vom Gelegenheitsarbeiter zum erfolgreichen Geschäftsmann hochgearbeitet hat, hat er ein Buch geschrieben. Es handelt von lebenslanger, tiefer Freundschaft, großen Krisen und immer wieder: Chancen. Chancen, die der gelernte Friseurmeister gesehen und genutzt hat. Sein freundliches Wesen, sein Humor und seine sprühende Energie haben die Menschen um ihn herum wohl immer wieder fasziniert und bewegt.

So, wie in der vergangenen Woche die Anwesenden im Burladinger Pfarrsaal der St.-Fidelius-Kirche, wo der Auswanderer einen Lichtbilder-Vortrag gehalten hat. Vor vollem Hause. Nicht den ersten übrigens. Das Buch "Mit drei Dollar zum Millionär – Biographie eines Auswanderers" ist längst vergriffen. Und so muss Markus Scheu aus seinem Leben erzählen. "Wir waren drei boys", beginnt er mit einer Mischung aus Deutsch und Englisch und mit jenem leichten Slang, der gelegentlich verrät, dass ihm die neue Sprache längst in Fleisch und Blut übergegangen ist. Das konnte vor mehr als 60 Jahren keiner ahnen.

"Ich konnte kein Wort Englisch"

Die drei Burladinger Jungen Markus Scheu, Albert Scheu (nicht verwandt) und Sebastian Mauz wollten reisen, die Welt sehen. Sie waren alle Anfang 20, Freunde seit der Kindheit und machten sich auf nach Kanada. "Australien war zu weit", schmunzelt Markus Scheu heute. Er berichtet davon, dass er drei Dollar in der Tasche hatte, die ihm ein Nachbar in Burladingen gab und sein Freund ihm das Geld, damals 650 Mark, für die Schiffsüberfahrt geliehen hat. "Ich konnte kein Wort Englisch." Heute findet er das komisch. Die Drei arbeiteten zunächst auf einer Farm in Saskatchewan, einer der Pärieprovinzen in dem Einwandererland. Sie halfen bei der Ernte. Als die vorbei war, wollten sie Richtung Calgary. Das liegt umringt von Bergen und erinnerte die drei Burladinger an ihre Motorradtouren nach Österreich.

Ein Schlachthaus war die nächste Station, um Geld zu verdienen. Zumindest für zwei von ihnen. Albert Scheu ging nach Vancouver, Sebastian Mauz blieb sein Arbeitsleben lang in dem Schlachthaus, arbeitete sich hoch. Markus Scheu hatte nach einem Jahr seine Schiffsüberfahrt abgestottert und bald auch Englisch gelernt. Und obwohl er, wie er sagt, den Friseurberuf nicht liebte, sondern ihn nur erlernt hatte, weil seine Eltern ein Friseurgeschäft in Burladingen besaßen: Scheu eröffnete in Calgary einen Salon. Bald gab es fünf davon, eine ganze Kette mit 22 Angestellten. Der Burladinger brachte den europäischen Haar-Schick nach Kanada, trat jahrelang sogar in einer "Fashion"-Sendung mit seinem deutschen Friseurteam und bei zahlreichen Frisurmodenschauen auf. Immer wieder absolvierte er Fortbildungen in Deutschland, suchte hier auch seine Mitarbeiter.

Weil die Eltern darauf bestanden, kam Scheu mit seiner Frau und den Kindern zurück nach Burladingen. Es galt, das elterliche Geschäft zu übernehmen. Scheu baute ein Haus – und zog nie ein. Nach einem Jahr und drei Monaten ging es wieder zurück nach Kanada. Dort wurde später die Trennung von seiner Frau zur Lebenskrise. "Ich war am Boden", räumt Scheu freimütig ein. Er "verschleuderte", wie er sagt, seine Geschäfte und brach 1971 zu einer Weltreise auf. Danach wollte er zurück nach Burladingen und mit seinem Bruder Fritz eine Strickwarenfabrik aufmachen. Diesmal waren es ein Jahr und sechs Monate, dann siegte wieder das Fernweh und es ging es wieder zurück nach Übersee. In die Baubranche. Markus Scheu plante und baute Einfamilienhäuser und Wohnblocks.

Im Frühling immer in die alte Heimat

Das zweite Glück kam 1981 mit seiner Frau Sybille, einer Ebingerin. Sie und er wurden ein Team, im Leben wie bei der Arbeit. Sie beherrscht den Computer, designt und hilft bei den Verhandlungen mit Architekten und Subunternehmern. "Wunderbar", schwärmen beide über ihre Zusammenarbeit und davon, wie sie sich ergänzen. Ihr größtes Projekt war ein Einkaufszentrum: die Chestermere-Plaza, die 2001 fertig gestellt wurde. "Das ist in einer Stadt – etwa so groß wie Burladingen", berichtet die gebürtige Ebingerin. Und auch davon gibt es Fotos. Bei der Arbeit mit den Söhnen und Enkeln auf den Baumaschinen.

Immer noch reisen die Beiden gerne. Im Winter geht es nach Florida – ausruhen, Bücher lesen und ein bisschen Golfen. Und jedes Jahr im Frühling für ein paar Wochen in die alte Heimat, zum Bruder Fritz und für Besuche bei alten Nachbarn und Freunden. Arbeitsmüde ist der 86-Jährige trotzdem nicht. Umbauten und Renovierungen in ihren alten Projekten übernimmt das Erfolgsteam von der Schwäbischen Alb immer noch gerne. "Aber nicht zu häufig", schränken sie augenzwinkernd ein.