Der Biber ist zurück. Foto: sb

An Lauchert zwischen Stetten und Hörschwag ist schwimmender Nager höchst aktiv.

Burladingen-Stetten - An manchen Gebäuden der Walz-Mühle mag der Zahn der Zeit etwas genagt haben. An den Bäumen und Büschen drum herum ist es der Biber. Dessen Baumeister-Qualitäten sind an der Lauchert derzeit kaum zu übersehen.

Zwischen Stetten und Hörschwag gibt es gefällte Bäume mit unübersehbaren Nagespuren, einen Damm gegenüber der Mühle, Ein- und Ausgänge des Biberbaus sind am Ufer zu sehen, sie führen in tiefe Gänge, und überall liegen abgenagte oder verschleppte Äste, die er liegen ließ. Möglich, dass es inzwischen sogar eine Biberfamilie ist. Das jedenfalls vermutet der ehrenamtliche Biberbeauftragte des Zollernalbkreises, Heinz-Dieter Wagner aus Meßstetten, nach einem Vor-Ort-Termin mit unserer Zeitung.

Wagner erfuhr durch Recherchen des Schwarzwälder Boten von den Aktivitäten des unter Artenschutz stehenden possierlichen Nagers. Er betreut, überwacht und dokumentiert das Bibervorkommen im gesamten Kreis und steht betroffenen Bürgern im Konfliktfall beratend zur Verfügung. Denn, wo die Natur sich in vom Menschen kultivierten Landschaften Bahn bricht, sind Landwirte sowie Wald- oder Hausbesitzer oft nicht erfreut. Ökologen und Naturschützer jedoch schon.

Der Biber habe dadurch, dass er durch Dämme und Bauten Flüsse staue und Flusstäler gelegentlich überschwemme, einen positiven Effekt auf das Ökosystem, erklärt Wagner. In Feuchtwiesen und Biotopen, die so entstehen, können sich Kleinstlebewesen und neue Arten ansiedeln, die Natur wird vielfältiger. Und auch dem Menschen könnten die Aktivitäten des Bibers nützlich sein. Auf feuchten Wiesen werde bei Hochwasser die Abflussgeschwindigkeit verlangsamt, das Wasser könne eher versickern.

Biber nicht auf eigene Faust bekämpfen

Wen der Biber stört oder wer Schäden fürchtet, dem rät Wagner, auf keinen Fall selber Hand anzulegen. Denn: Das Tier ist laut Bundesartenschutzgesetz streng geschützt. Einen Biber zu jagen, stelle eine Straftat dar und habe zudem keine nachhaltige Wirkung. Denn Biber besetzen verwaiste Reviere neu. Richtig sei es, die Behörden beim Landratsamt oder im Regierungspräsidium zu informieren, die dann geeignete Maßnahmen ergreifen können.

Der Biber an der Lauchert scheint die unmittelbaren Nachbarn jedenfalls derzeit nicht zu stören. Die Wiesen auf der Flussseite gegenüber der Walzmühle sind ohnehin nicht bewirtschaftet, und Walz-Mühlen-Besitzer Gunter Heinzmann, der seit Jahren versucht, aus dem Anwesen ein Museum zu machen und es auch touristisch zu erschließen, spricht augenzwinkernd vom "Biber-Watching", das er von einem Hochsitz aus für interessierte Naturbeobachter anbieten könnte. Auch die Fischer müssen keine Konkurrenz fürchten, denn der Biber ist ein reiner Pflanzenfresser.

Fakt ist, dass zur historischen alten Mühle an der Lauchert jetzt noch eine beachtliche Burg dazu gekommen ist: eine Biberburg. So nennen Experten den Bau des dämmerungsaktiven Tieres. Aus der Größe der Burg und daraus, wie sie aus Stöcken, Schlamm und Sedimenten gebaut ist, schließt Wagner, dass es eine Familie ist, die darin residiert. Er ist froh, dass der Biber nun auch wieder vermehrt im Zollernalbkreis an Bära, Fehla, Schmiecha, Schlichem und jetzt auch der Lauchert gesichtet wird. Die Donau, so sagt er, wirke wie "eine Autobahn", wenn es darum gehe, dass der Biber in Richtung Lauchert und den anderen Flüssen im Landkreis weiterwandert.

Glosse: Biber und Behörde

von Erika Rapthel-Kieser

Quod licet Iovi, non licet bovi, sagt ein alter lateinischer Spruch, der bedeutet: Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt. Oder ganz im modernen Deutsch auch schon mal: Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht das Selbe. Im Falle des Lauchert-Bibers mag es sich zwar nicht um eine alte römische Gottheit handeln, Fakt aber ist, dass die Behörden dem Biber gestatten, was sie dem seit Jahren gegen Gesetze und Vorschriften anrennenden Bauherren und Walz-Mühlen-Besitzer Gunter Heinzmann aus Naturschutzgründen verwehrten: Die Lauchert zu stauen.

Der rührige Heinzmann, der den letzten Wunsch der Walz-Schwestern gerne erfüllen und aus der historischen Mühle ein Museum und eine Touristenattraktion machen möchte, trägt es mit urschwäbischem Humor und viel Augenzwinkern. Der Reutlinger lacht sich eben jenen Ast, den der Biber immer wieder abnagt und zum Bau seines Dammes verwendet. Also letztlich doch eine behördlich angeregte Bau-Kooperation zwischen Gottheit und Tierwelt?