Weil er sich im Straßenverkehr bedrängt fühlte, hat ein Burladinger zu Selbstjustiz gegriffen. (Symbolfoto) Foto: Führer

Ein 51-jähriger Burladinger verfolgt Mann und hält ihn an einem Parkplatz an. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt.

Burladingen/Hechingen - Ein Fall von Selbstjustiz brachte einen 51-jährigen Burladinger am Mittwoch vor das Hechinger Amtsgericht. Der Mann hatte nach einem Überholmanöver auf der B 32 einen Autofahrer verfolgt, diesen auf einem Parkplatz zu Rede gestellt und geschlagen.

"Ich wollte nur sein Gesicht sehen und gucken, wo der wohnt." So erklärte der 51-jährige Angeklagte gestern vor dem Hechinger Amtsgericht, warum er einen Salmendinger von der B 32 bis auf den Nettoparkplatz in Jungingen gefolgt war. Was auf der Bundesstraße auf dem Weg von Hechingen nach Schlatt genau passiert war – da gingen die Aussagen der beiden Männer auseinander.

"Ich war auf dem Weg nach Schlatt, als ich – als es zweispurig wurde – ein Auto vor mir überholen wollte", erklärte der Angeklagte vor Gericht. Er sei ordnungsgemäß ausgeschert und habe plötzlich hinter sich einen Wagen heranrasen sehen, der ihn mit Lichthupe bedrängte. Er habe seinen Überholvorgang noch abgeschlossen und sei wieder auf die rechte Fahrbahn gewechselt. "Dann hat er mich überholt, hat sich vor mir eingeordnet und mich auch noch ausgebremst". Das brachte den Angeklagten so in Rage, dass er zunächst das Fernlicht einschaltete und dann beschloss, den Verkehrssünder weiter zu verfolgen.

Als dieser in Jungingen auf den Netto-Parkplatz fuhr, stellte der Angeklagte sein Auto ab, griff zu einem Tierabwehrspray, das er sich in die Tasche steckte, und marschierte in Richtung des Fahrers. Auf dem Weg zum Eingang kam es dann zu einem längerem Wortgefecht. "Was sollte der Scheiß eben", habe der Angeklagte den 59-jährigen Salmendinger gefragt. Als dieser dann einen Schritt nach vorne tat und den Arm hob, drohte der Angeklagte mit seinen Pfefferspray, packte den anderen Mann am Kragen und stieß ihn an den Türrahmen des Eingangs. Das Opfer zog sich dabei ein Hämatom am Unterarm zu. "Ich wollte den Mann nicht verletzen, ich habe mich nur bedroht gefühlt", begründete der Angeklagte seine Reaktion.

"Wenn Sie ihm nicht schaden wollten, warum haben Sie dann überhaupt ein Pfefferspray mitgenommen?", wollte der Richter vom Angeklagten wissen. "Ich dachte jemand der so fährt, der ist sicher auch aggressiv", lautete dessen Erklärung. Er habe nur sicher gehen wollen, dass er sich wehren könne. Eine Aussage, die der Staatsanwalt nicht unkommentiert stehen ließ: "Sie waren doch der Angreifer!" Der Staatsanwalt plädierte aus diesen Gründen für eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung und einen einmonatigen Führerscheinentzug.

Friedensangebot wurde abgelehnt

Dass der Fall überhaupt vor Gericht landete, war der Uneinsichtigkeit des 51-Jährigen geschuldet. Dieser hatte nämlich sowohl ein "Friedensangebot" abgelehnt – eine 500 Euro Spende für einen gemeinnützigen Zweck – als auch dem darauf folgenden Strafbefehl mit einer Geldstrafe in Höhe von 600 Euro widersprochen.

"Dass ich den Mann gestoßen habe war ein Reflex, keine böswillige Absicht", begründete der Angeklagte, warum er unbedingt eine Verhandlung wollte. Außerdem habe der Salmendinger bei einigen Dingen falsch ausgesagt. Der habe unter anderem behauptet, den Angeklagten beim Überholen nicht bedrängt, sondern durch starkes Abbremsen einen Unfall verhindert zu haben. Und eine Lichthupe, die habe er auch nicht benutzt. Auch beim Tathergang gab es Unstimmigkeiten, die nicht ausgeräumt werden konnten. Dass auch der Salmendinger eine "dumme Gosch g’habt hat", und den Angeklagten auf dem Parkplatz provoziert habe, das wollte Richter Koch nicht ausschließen. Eine Demonstration, dass zu einem Streit immer zwei gehören, boten die beiden auch vor Gericht, als der Salmendinger die Entschuldigung des Angeklagten lautstark niederschmetterte und "abging wie eine Rakete", wie der Verteidiger das Verhalten beschrieb.

Der Richter berief sich aber auf die unangefochtene Straftat und verurteilte den 51-Jährigen wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldbuße von 1500 Euro. "Selbstjustiz hat auf der Straße nichts zu suchen". Außerdem habe der Angeklagte bis zum Schluss keine Einsicht gezeigt, begründete er sein Urteil.