Foto: Rapthel-Kieser

Sven Dreger kam erst mit 40 auf den Hund – aber jetzt flüstert er ihnen was

Burladingen/Albstadt - Im Alter von 40 Jahren stieß Sven Dreger auf des Pudels Kern. Der hieß Cäsar, kam aus dem Tierheim, drängelte sich in die vierköpfige Familie und führte sie zum Hundesport. Aus dem Augenoptiker- und Uhrmachermeister wurde in jeder Minute seiner Freizeit ein Hundeflüsterer.

"Eigentlich hat der Cäsar sich ja uns rausgesucht", lacht die 55-Jährige Iris Dreger, wenn sie an den Tag denkt, an dem sie, ihr Mann und die beiden Kinder im Tailfinger Tierheim vor mehr als 15 Jahren auf ihre große Liebe stießen. Eine, die ihr Leben nachhaltig verändern sollte. Die Familie wollte, als die Kinder aus dem Gröbsten raus waren, endlich einen Hund anschaffen. Nichts allzu kleines. Zwar hatten Dregers Eltern schon einen Vierbeiner gehabt, seine Großeltern eine Landwirtschaft, und Nutz- und Haustiere hatten zum Alltag gehört. Aber bei dem gebürtigen Lübecker hatten Ausbildung, Hausbau, die Familie und der Aufbau seines Juweliergeschäftes in Burladingen erst mal obenan gestanden.

Als es dann so weit war: "Ich hätte an alles gedacht, nur nicht an einen Pudel", sagt er heute. Aber als die vierköpfige Familie auf den Zwinger zulief, drängelte sich der Großpudel Cäsar so in den Vordergrund, wedelte, bellte, lief umher und machte derart ungestüm auf sich aufmerksam, dass die Dregers nicht umhin kamen, ihn mitzunehmen. "Ich habe das nie bereut", sagt Sven Dreger heute. Cäsar war damals erst ein halbes Jahr alt.

Führerschein für Hund und Herrchen

"Viel Ahnung hatte ich nicht wirklich", bekennt der Burladinger heute. Zwar hatte er zusammen mit der Familie Bücher über verschiedene Hunderassen gewälzt, sie hatten mit Leuten geredet die Hunde-Erfahrung hatten, aber wenn es um das Training und die Ausbildung von Vierbeinern ging, wussten die Dregers wenig.

Hilfe lag in der Nachbarschaft, einmal über den Hang, auf die Wiesen des Vereins der Hundefreunde in Tailfingen auf Neuweiler. Da ging Dreger mit seinem großen Pudel in die Schule. "Das hat Spaß gemacht", bekennt er. Cäsar legte nach einigen Monaten die Begleithundeprüfung ab. Eine Art Führerschein für Hund und Herrchen, bei der der Gehorsam und das Verhalten des Hundes in der Öffentlichkeit getestet werden. Dieser Hundeführerschein ist die Grundlage für die Teilnahme an weiteren Prüfungen und Wettkämpfen, wenn Hund und Herrchen in den Sport einsteigen wollen. Dreger wollte. Hund und Herrchen, so sagt er, sind immer ein Team. Außerdem gefiel dem Burladinger die Atmosphäre im Tailfinger Verein der Hundefreunde. Dreger machte dann Agility mit Cäsar. Er nennt es die "Leichtathletik" des Hundesports. Der Hund muss dabei einen aus mehreren Hindernissen bestehenden Parcours in einer festgelegten Reihenfolge und innerhalb einer gegebenen Zeit überwinden.

Als Cäsar im Alter von vier Jahren Rückenprobleme bekam, war Agility tabu. Aber: Der Pudel hatte ein gutes Näschen und so verlegte das Team Dreger/Cäsar sich auf Mantrailing, also Personensuche. Zu einer Zeit, als es in Deutschland für diesen Bereich im Hundesport noch gar keine Prüfungsordnung gab. 2007 wurde Sven Dreger zum Vorsitzenden des Vereins der Hundefreunde, 2010 machte er den Grundausbildungsschein zum Trainer, danach den Basistrainerschein. Er bildet jetzt andere Teams von Zwei- und Vierbeinern aus.

Faxe ist noch "in der Grundausbildung"

Auch Tochter Annette stieg ein in den Hundesport. Mit dem Windhund Dali, der 2009 in die Familie kam. Iris Dreger ist zwar nicht aktiv im Hundesport, aber als Mitglied des Tailfinger Vereins auch immer dabei, wenn es um Turniere, Weihnachtsfeiern oder gemütliche Hocketen geht. Ihr Cäsar lernte im hohen Alter nochmal etwas ganz Neues. Hund und Herrchen fingen mit Obedience an, jenem Hundesportbereich, wo es um den absoluten Gehorsam des Vierbeiners geht. "Ohne Vertrauen nicht möglich", betont Dreger. Gestraft wird allenfalls mal mit ernster Stimme. Schläge, an der Leine zerren oder dem Hund Angst machen, geht gar nicht. Der Hundeflüsterer setzt da auf "positive Verstärkung". Es gibt Leckerli und Belohnungen, Spielzeug oder ein Lob mit möglichst hoher Stimmlage, wenn der Hund etwas richtig gemacht hat.

Weil viele ihren Hund erst bekommen, wenn der schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat, weil es immer mehr Hunde aus dem Ausland gibt, die adoptiert werden, hat der Verein der Hundefreunde eine Quereinsteiger-Gruppe gegründet. Die trainiert Dreger jeden Donnerstagabend. Die anderen beiden Übungsleiter machen nicht selten daneben mit den weiter fortgeschrittenen Hundebesitzern ein anderes Programm. Und ab und zu wechselt ein Team von den Quereinsteigern rüber zu der Obedience- oder Agility-Gruppe. Dann freuen sich alle über den Fortschritt. Vor allem Dreger.

Cäsar wurde fast 15 Jahre alt. Ein sehr hohes Alter für einen so großen Hund. Sein lebhafter Nachfolger Faxe ist noch blutjung und noch "in der Grundausbildung", wie Sven Dreger scherzt. Rasse? Natürlich wieder ein Pudel.