Ein Brauch wie früher: Um das vergangene Jahr zu verabschieden, schrieben die Rauhnachtswanderer kleine Zettel, die sie mit einem Kräuterbüschel dem Feuer übergaben. Foto: Appel Foto: Schwarzwälder-Bote

Rauhnächte: Brauchtumsverein Bundschuh lädt zur speziellen Nachtwanderung ein

Der Schnee knirscht unter den Füßen, die Fackeln werfen Schatten und beleuchten den Weg durch den tief verschneiten Wald – über der kleinen Gruppe glitzern die Sterne in einer klirrend kalten Nacht. Es dauert nicht lange und die Nachtwanderer treffen auf die erste mythische Gestalt: Frau Perchta.

Brigachtal. Der Rauhnachtgeist möchte mit Knicksen und Opfern bezirzt werden. Ein großer Korb mit Opfergaben, vor allem Karotten wird ihr dargeboten und jeder Wanderer knickst huldvoll.

In Mitteldeutschland entspricht sie Frau Holle, und ihr Name ist von "peraht" abgeleitet, was hell oder glänzend bedeutet, somit ist sie die "Glänzende". Sie und ihr Mann Wotan sind die Anführer des Geisterzugs, der auch die "Wilde Jagd" genannt wird. Weiter hinauf geht es für die kleine Gruppe auf dem Weg. Jetzt müssen sie vorsichtig sein, denn Wotan, der im Schwarzwald den Namen Berthold trägt, ist nicht sanft gestimmt, sondern kriegerisch und greift an.

Der Trick ist, ihm den Rücken zu zeigen, denn dann greift er nicht an. Plötzlich steht er vor den Menschen. Gehorsam, dem Gruppenführer Thomas Huber durch die kalte Nacht folgend, drehen sich all um und laufen vorsichtig rückwärts an ihm vorbei. Geschafft, denkt der eine oder andere, der wüste Geselle hat nicht angegriffen.

Es wird noch mystischer, denn jetzt warten zwei weitere Geister. Sie sind an keinem normalen Tod gestorben, deswegen darf man sie auf keinen Fall anschauen, sonst wird man Mitglied vom Geisterzug. Also gehen die Menschen vorsichtig vorbei, der Blick starr gerade aus gerichtet. Oben an der kleinen und gemütlichen Weißwaldhütte angekommen, wartet die Kräuterhexe Klothild. Sie erzählt eine Sage, wonach ein Bauer in Emmendingen seine Tiere während der Rauhnächte sprechen hören konnte.

Jeder der Rauhnachtinteressierten darf selbst einen alten Brauch durchführen. Auf einem kleinen Zettel werden die Erlebnisse des letzten Jahres festgehalten, die guten und die weniger schönen. Zusammen mit einem Kräuterbüschel wird dieser den züngelnden Flammen des knisternden Lagerfeuers übergeben. Über dem Feuer brodelt ein großer Kessel, indem Most und Holzäpfel ein mittelalterliches Gebräu zaubern. In der Hütte bollert der Kaminofen, es ist herrlich warm.

Eine große Auswahl an Getränken sowie Würste und Brot hat der Veranstalter, die Gruppe Bundschuh für die Gäste bereit gestellt. Es wird ein gemütliches Zusammensitzen, nach alter Manier in der urig gemütlichen Hütte. Jeder ist sich einig, es ist ein wunderbarer Abend, voll mit ursprünglicher Wärme, besonderem Licht und Magie.

Die Rauhnächte sind Nächte rund um den Jahreswechsel. Ihnen werden in Europa besondere Bedeutung zugesprochen. Es handelt sich vor allem um die Nächte vom Weihnachtstag, 25. Dezember, bis zur Erscheinung des Herrn am 6. Januar. Vermutet wird, dass der Ursprung des Brauches in der Zeitrechnung des Mondjahrs habe. Dieses Mondjahr hat nur 354 Tage, es fehlen also elf Tage, beziehungsweise zwölf Nächte. Diese werden eingeschoben um mit dem Sonnenjahr, das 365 Tage umfasst, in Übereinstimmung zu bleiben. Diese "toten Tage" werden in Mythologien oft als Tage angesehen, in denen die Gesetze der Natur außer Kraft sind, die Grenzen zu anderen Welten fallen und sich Portale zu anderen Welten öffnen. In mehreren Kulturen, unter anderem bei den Kelten und Germanen, wird dieser Zeitraum mit vielen Ritualen und Volksbrauchtum verbunden.

Die stürmischen Mächte sowie die "Wilde Jagd" treiben zu dieser Zeit ihr Unwesen. So ist es laut Überlieferung wichtig, in dieser Zeit keine weiße Wäsche zu waschen, denn die Geister könnten sich hierin verstecken. Des weiteren darf man keine Haare schneiden und keine Unordnung verbreiten, denn auch hier könnten sich die Geister gut verstecken. Zudem sind vor allem Weggabelungen besondere Orte um Rituale zu machen. Unverheiratete Frauen können hier im besten Fall ihren Gemahl treffen.

Die wichtigsten Tage, so weiß es der Volksglaube, sind der 21. Dezember, die Thomasnacht, der kürzeste Tag des Jahres, dann der 24. und 25. Dezember, der heilige Abend und die Christnacht, der 31. Dezember und der 1. Januar sowie die Nacht vom 5. auf den 6. Januar (Erscheinung des Herrn). Vor allem in dieser Nacht sollen die Geister ihr Unwesen schlimm treiben, weil sie um Mitternacht wieder zurück in ihre Welt gehen müssen und ihre Freiheit nochmals ausnutzen müssen. Schmunzelnd verrät Thomas Huber auch, dass bis Mitternacht der Rückweg auf eigene Gefahr erfolge.

Seit 1999 existiert die Gruppe Bundschuh, die für ihre Namensgebung das Symbol der Bauernkriege auswählte. Sie seien ein wilder Haufen und stellen alles Mögliche zusammen an. Neben dem Spaß und der Gemeinschaft stehe klar die Brauchtumspflege im Vordergrund, bei der sich alle Mitglieder und die vielen Unterstützer mit viel Engagement und Herzblut einbringen. Die nächstjährige Rauhnachtsfeier werde sicherlich im noch größeren Rahmen stattfinden.