Die beiden Anklägerinnen Charlotte Brugger (von links) und Sandra Effinger griffen beim Narrengericht hart durch und sprachen die beiden Angeklagten, hier Bettina Hug, schuldig. Foto: Marull Foto: Schwarzwälder-Bote

Narrengericht: Beste Stimmung vor der Überauchener Halle / Mike Neininger und Bettina Hug für schuldig erklärt

Nachdem, trotz orkanartiger Böen, der Narrenbaum in Überauchen aufgestellt wurde, tagte das Narrengericht. Mike Neininger und Bettina Hug mussten sich vor versammeltem Narrenvolk verteidigen.

Brigachtal-Überauchen. Während in Bad Dürrheim oder Villingen die Narrenbäume wegen starkem Wind gestutzt werden mussten, hatte man in Überauchen kaum Probleme, den Baum aufzurichten – einzig die Puppe im Bondelfleck-Häs wurde auf halber Höhe angenagelt.

Kommentiert und mit dem ein oder anderen Lied begleitet wurde das Narrenbaum-Stellen von den beiden Chef-Anklägerinnen Charlotte Brugger und Sandra Effinger. Bis sie ihres Amtes walten konnten, sorgten sie für gute Stimmung beim zahlreich erschienen Publikum auf dem Platz vor der Überauchener Halle.

Nach einem kräftigen "Bondel – Fleck" und "Hoorig – Miau" – eine kleine Abordnung der Narrenzunft Brigachtal hatte sich auch zum Narrengericht eingefunden – walteten die beiden Anklägerinnen dann ihres Amtes.

Mike Neininger, seines Zeichens Vorsitzender der Brigachtaler Landjugend und wohnhaft in Tannheim, musste als erster vor das Narrengericht treten und sich für drei "Vergehen" verantworten.

Er habe bei der jährlichen Aufräumaktion eine nagelneue Schaufensterpuppe entsorgt, so der Vorwurf von Charlotte Brugger und Sandra Effinger. Das Publikum war sich einig, dass der Angeklagte dies nur getan hatte, weil er verhindern wollte, dass "die Puppe den Mädels der Landjugend die Schau stiehlt", so das mutmaßliche Motiv des Angeklagten. "Ich hab halt einen gewissen Ordnungssinn", ließ Neininger das Narrengericht wissen. Das schien nicht wirklich zufrieden mit der Verteidigung des Tannheimers.

Dieselbe Aufräumaktion soll Ausgangspunkt für ein weitaus schwerwiegenderes Vergehen gewesen sein, so die Anklage. Ein Haufen brennbares Material musste nach der Aktion entsorgt werden. "Es stellte sich die Frage: Wo könnte man ein Feuer machen um das Zeug loszuwerden?" Tannheim, "im Tal der Gesetzlosen", schien Mike Neininger die beste Lösung für das Feuer, denn "da interessiert es eh keinen". Gesagt getan. Dummerweise löste das Feuer einen Großeinsatz der Wehren aus Tannheim, Wolterdingen und Villingen aus.

Einer aus "Wolterdingen oder Eschingen" habe das Feuer gesehen und das "Spektakel beendet, so Neininger. "In Tannheim sind die Kosten für einen Großeinsatz viel niedriger als im Brigachtal", gab der Angeklagte zu seiner Verteidigung zu Protokoll.

Außerdem soll Neininger aus Verzweiflung über seinen Messschieber dessen Messschenkel sich nicht mehr schlossen zur Flex gegriffen haben, um das Problem mit roher Gewalt zu lösen.

"Ich hab nur angesetzt. An meinem ersten Arbeitstag wollte ich halt alles richtig machen und dabei kurz vergessen wie der Messschieber funktioniert", suchte Neininger eine Ausrede für seinen Fauxpas.

Die Anklägerinnen gönnten Mike Neininger, der angab in Brigachtal Entwicklungshilfe leisten zu wollen, eine kurze Verschnaufpause und ließen Bettina Hug vor das Narrengericht führen. Das Mitglied der Landfrauen Brigachtal sei den meisten vom Villinger Wochenmarkt bekannt, wo sie Fleisch und Wurstwaren unter das Volk bringt. Außerdem beliefert sie die meisten Vereine in Brigachtal – was man an den Zwischenrufen der Narrenzunft Brigachtal bemerkte, die bei Verurteilung um ihre anstehende Wurstlieferung bangten.

Hug versuchte mehrmals während der Verhandlung durch Bestechungsversuche das Narrengericht und das Publikum von ihrer Unschuld zu überzeugen, die Anklägerinnen blieben aber Standhaft.

Die ebenfalls aus Tannheim stammende Angeklagte soll auf dem Villinger Markt zu Hilfsmitteln gegriffen haben, um ihre "geringe Körpergröße" auszugleichen und mache mit Marktschreier-Methoden auf sich aufmerksam.

"Ich habe eine Helle Stimme, deshalb muss ich gar nicht schreien. Außerdem können mich kleinere Leute vor dem Wagen besser sehen, wenn ich auf meinem Hocker steh’", meinte Hug zu ihrer Verteidigung.

Weiter soll die Angeklagte, obwohl sie seit sieben Jahren auf dem Markt in Villingen ist, die verschiedenen Fasnetsvereine nicht auseinanderhalten können. Besonders "schwarze Häser" machten ihr Probleme. Ihr fehle entweder das Interesse an den Hobbys ihrer Kunden, sie "steht politisch auf eine andere Farbe" oder aber ihr seien die "schwarzen Häser" einfach unheimlich, lauteten die Vermutungen zum Tatmotiv.

"Alle Hobbys kann man ja nicht wissen. Die kommen trotzdem das ganze Jahr zu mir zum Einkaufen", so die Angeklagte zu ihrer Verteidigung.

Zu guter Letzt soll Bettina Hug im Auto geschlafen haben, während ihr Mann den Nachwuchs in Herzogenweiler zum Abholen gesucht hatte. "Es war Fasnets-Freitag und anderthalb Stunden später hätte der Wecker sowieso geklingelt", so Hug. Ihr Mann soll übrigens länger weggeblieben sein, weil es ihm auf der Feier seiner Kinder bestens gefallen hatte.

Nach kurzer Beratung fällte dass Gericht sein Urteil: Mike Neininger muss beim diesjährigen "Fleckfest" für Bier und Wein sorgen und Bettina Hug – wie sollte es anders sein – für das Essen.