Bio-Lebensmittel auch für den kleinen Geldbeutel erschwinglich

Brigachtal-Überauchen. Vor einem Jahr gründete sich "Baarfood Solidarische Landwirtschaft". Aktuell hat der Verein rund 100 Mitglieder, die auf Dauer unabhängig vom handelsüblichen Saatgut werden wollen. Sie organisieren sich auf eine ganz unkonventionelle Art.

"Die Strategie der krummen Gurken" flimmert auf der Leinwand. Bis ins Detail beschreibt der Film, was "solidarische Landwirtschaft" bedeutet. "Uns war danach klar, dass wir das auch wollen", erinnert sich Hardy Bisinger, der heute Vorsitzender von Baarfood ist. "Wir waren zuerst sieben Leute, die sich alle gegenseitig noch nicht gekannt haben." Seit seiner Gründung ist der Verein immer weiter gediehen.

Inzwischen ernteten die Mitglieder pro Jahr 47 "Anteile". Ein Anteil sind etwa 160 Kilogramm Gemüse. Auch eine eigene Biogärtnerin hat der Verein angestellt, die sich im Hauptberuf um den Acker in Überauchen kümmert. Sie berichtet: "Wir bauen insgesamt 28 Gemüsesorten an und und ernten über das ganze Jahr." Zu Anni Kohnles Aufgaben zählt auch die Planung des Budgets. 42 000 Euro hat sie für das aktuelle Jahr angesetzt. Darin enthalten ist nicht nur ihr Gehalt, sondern auch sämtliche weitere Kosten, etwa für den Kauf von Saatgut und zum Unterhalt der Geräte.

Aber besonders spannend wird es jetzt, wenn sich der Verein zur Bieterrunde versammelt: Jedes Mitglied bietet einen monatlichen Geldbetrag bis die von Kohnle ausgerechnete Summe erreicht wird. Bei monatlich 75 Euro liegt 2017 der Betrag, den alle Mitglieder zahlen müssten. Die Besonderheit: Niemand weiß, wie viel Geld der andere investiert. "Auch wer arbeitsuchend ist oder auch kinderreiche Familien, die vielleicht nicht so viel Geld haben, können sich bei uns frisches Gemüse leisten", erklärt Bisinger. Obwohl die eingebrachten Beträge verschieden sind, erhalten alle Bieter die gleiche Menge (nämlich 160 Kilogramm pro Jahr). "Es läuft auf eine Gauß’sche Verteilerkurve hinaus", sagt Bisinger. Das heißt: Die meisten Mitglieder bezahlen 75 Euro pro Monat und nur ein kleiner Teil von ihnen deutlich mehr oder weniger. Zudem finanziere sich der Verein über passive Mitglieder und den Getränkehersteller "Bad Dürrheimer".

Die Geschäftsführung sei nicht nur persönlich Mitglied bei Baarfood, der Betrieb stelle insgesamt 105 Arbeitsstunden zur Verfügung. Weitere Sponsoren seien aber jederzeit willkommen – auch für Arbeitseinsätze, die jeden Freitag und Samstag in Überauchen stattfinden. "Die Leute, die kommen, identifizieren sich sehr mit dem Projekt", erzählt Bisinger, auch wenn es viel Arbeit ist.

Manche sprächen sogar von "unserem Acker". Es mache "unheimlich Spaß, andere mit der Begeisterung für den Acker anzustecken."

Für die Zukunft hat sich der Verein schon Ziele gesteckt: Fast alles, was auf dem Acker angebaut wird, soll samenfest werden. "Spätestens dann sind wir unabhängig", sagt Bisinger. Bislang sei der Verein nämlich auf das Saatgut angewiesen, das von Konzernen hergestellt wird. "Früher waren Samen der Hausschatz. Ich erinnere mich noch, wie bei meiner Oma auf dem Dachboden die Samen gelegen sind."

Einen positiven Nebeneffekt hat das Projekt: Manche Neumitglieder lernen, wie eine echte Kartoffel aussieht.