Die von den Behörden sichergestellten 205 Kilogramm Marihuana hatten die Täter in Kran-Teilen aus Stahl geschmuggelt. Foto: Deckert

65-Jähriger Haupttäter ist freigelassener Mörder. Riesige Menge Marihuana geschmuggelt.

Breisach - Erfolgreiche Ermittlungsarbeit ist keine Sache für Einzelkämpfer, wie nun ein spektakulärer Drogenfund in Breisach beweist. Denn: Der Zugriff erfolgte am Dienstagvormittag in einer Lagerhalle in Breisach durch das Mobile Einsatzkommando (MEK) Freiburg, die Ermittlungen liefen und laufen bei der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift (GER) von Zoll und Polizei in Karlsruhe, und auch Drogen-Spürhund „Cooper“ vom Hauptzollamt Lörrach und die „Bergungsgruppe II“ vom Technischen Hilfswerk (THW) in Breisach hatten eine Menge Arbeit mit dem Fall.

Festgenommen wurden ein 65 Jahre alter Deutscher als Hauptverdächtiger und ein 32 Jahre alter mutmaßlicher Mittäter mit türkischem Pass. Ihr Vergehen: Bewaffneter Handel mit Rauschgift in „nicht geringer Menge“, wie es im Behördendeutsch heißt. Und tatsächlich war die Menge des Sichergestellten Marihuanas mit 205 Kilo in 102 professionell verschweißten Paketen alles andere als gering. Richtig spektakulär indes ist jedoch die Methode, wie die Dealer den Stoff von Spanien über Frankreich nach Deutschland brachten: Dafür wurde ein eigens präparierter, zerlegter Baukran eingesetzt. „Mindestens zwei Mal“, so Zoll-Sprecherin Silke Jakobi in Freiburg, wurde die Tour gefahren. Beauftragt wurden unterschiedliche Speditionen, zuletzt ein Unternehmen aus der Slowakei, dessen 52 Jahre alter Fahrer beim Polizeizugriff ebenfalls kurzzeitig festgenommen wurde. „Er wusste aber definitiv nichts von den Drogen und ist wieder auf freiem Fuß“, so Jakobi am Freitag beim Vororttermin auf dem Gelände des THW in Breisach, wo der zerlegte Kran nun als Beweisstück aufbewahrt wird.
Zu den Details der Ermittlungen halten sich die Behörden noch zurück. Man habe aber, so Silke Jakobi, viele Möglichkeiten der Fahndung ausgenutzt. Auf die Spur des mutmaßlichen Hauptverdächtigen sei man im Zuge eines anderen Verfahrens gekommen. Wie genau dies passierte, ist derzeit noch Geheimnis der Ermittler, die noch vieles ermitteln müssen, zum Beispiel zum Verbleib des Drogengelds und der Herkunft der Pistole „Walther P99“ und der 80 Patronen Munition, die man bei der Festnahme der mutmaßlichen Dealer sicherstellen konnte.

Kein Geheimnis ist indes, dass der Fall einige Brisanz birgt: Der 65 Jahre alte Hauptverdächtige ist, anders als sein mutmaßlicher Komplize, alles andere als ein unbeschriebenes Blatt: Die kriminelle Karriere des Mannes lässt sich bis in seine Jugend zurückverfolgen, er hat unter anderem wegen mehrerer Morde und Sexualdelikte lange Jahre im Gefängnis verbracht. Und war dort offenbar auch gut aufgehoben: Aufgrund seiner Gefährlichkeit wurde während seiner Haft rückwirkend von der deutschen Justiz eine Sicherheitsverwahrung gegen ihn verhängt. Ein Vorgehen, dass 2010 allerding vom europäischen Gerichtshof (EuGH) als Verstoß gegen die Menschenrechte bewertet wurde, was damals zu einer heiß diskutierten Welle von Haftentlassungen von Schwerverbrechern führte, die in der Folge von der Polizei rund um die Uhr beobachtet wurden. Der Fall wirft somit Fragen auf, die aber vom Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart am Freitag nicht mehr beantwortet werden konnten: Wurde der Mann immer noch observiert? Hatte er Meldeauflagen? Wie konnte es dazu kommen, dass er in Breisach und Emmendingen zwei Lagerhallen eigens für seine groß angelegten Drogengeschäfte mieten konnte?

Denn groß angelegt war dieses Geschäft allemal. Laut Silke Jakobi hat das gefundene Rauschgift, das so gut verpackt war, dass Spürhund „Cooper“ es kaum riechen konnte, einen „Großhandelswert“ von 750.000 Euro. „Auf der Straße liegt der Endpreis mindestens dreimal so hoch“, so Jakobi weiter. Der THC-Gehalt der entdeckten Drogen dürfte bei insgesamt 20 bis 40 Kilo liegen und hätte für eine halbe Million Joints gereicht. Die Stahlträgern des Krans, in denen die Drogen versteckt wurden, waren so perfekt präpariert, dass das THW zunächst einen der Träger an der Stirnseite aufschweißen, untersuchen und räumen musste, bevor man in der Mitte der Kranbauteile gut getarnte, eigens eingepasste Ladeklappen zur Entnahme des Rauschgifts entdecken konnte. Einen vergleichbaren Einsatz habe man in Breisach noch nicht erlebt, so Einsatzleiter Sven Konstanzer: „Bis alles geöffnet, ausgeräumt und gesichert war, ist ein kompletter Arbeitstag vergangen. Wir waren mit schwerem Gerät und sechs Mitarbeitern im Einsatz!“