Frühere Mitarbeiter der Firma Coats-MEZ trafen sich in "Hofackers Tenne" in Bräunlingen. Foto: Rademacher Foto: Schwarzwälder-Bote

Wirtschaftsgeschichte: Coats-MEZ-Ehemalige treffen sich / Niedergang der Textilindustrie miterlebt

Einst waren sie eine große Familie. Danach durchlebten sie gemeinsam schwere Zeiten. Heute treffen sie sich wieder, um die schönen Tage wieder aufleben zu lassen.

Bräunlingen. Sie sind ehemalige Mitarbeiter der Firma Coats-MEZ, die exemplarisch für den Niedergang der Textilindustrie in Deutschland steht. Zum dritten Mal war der Treffpunkt "Hofackers Tenne", und die Resonanz wird von Mal zu Mal größer.

Erstmals ins Leben gerufen hatten dieses Treffen Emil Tritscher aus Hubertshofen und Gerhard Bucher aus Bräunlingen. Sie fanden es schade, dass man sich aus den Augen verloren hat, obwohl man ja oft nicht weit auseinander wohnt. Immerhin arbeiteten zu Glanzzeiten 600 Mitarbeiter in der Coats-MEZ. Das Treffen ist für alle ehemaligen Mitarbeiter der Firma. Nicht nur Rentner, sondern auch jüngere Kollegen, die nach dem letzten Aderlass 2013 bei anderen Firmen untergekommen sind, sind angesprochen.

Beim ersten Treffen im Oktober 2015 fing es ganz gut an. Die Resonanz war überraschend hoch, und die Initiatoren waren sehr zufrieden, erachteten die Anmeldungen aber als steigerungsfähig. Das Treffen fand viel Nachhall, zahlreiche Ehemalige bedauerten, es verpasst zu haben. 2016 kamen schon deutlich mehr, und dieses Mal erschienen sogar 23 Leute.

Es gab ein großes Hallo, und schnell war man in Gespräche vertieft. Wie es doch früher war, kleine Anekdoten aus der Arbeit und was man jetzt so tut. Die Stunden flossen nur so vorbei, und man war sich einig, dass man sich im kommenden Jahr wieder treffen will.

Emil Tritschler betonte erneut, dass das Treffen nicht nur für Rentner, sondern für alle Ehemaligen gedacht sei, die sich in einer ungezwungenen Runde austauschen und die jüngere Geschichte von Coats-MEZ wieder beleben wollen.

Die Geschichte eines der traditionsreichsten und größten Betriebe in der Zähringerstadt reicht bis ins Jahr 1872 zurück, als der Freiburger Unternehmer Carl Mez neben Villingen, Elzach und Münstertal eine Fabrik in Bräunlingen errichtete. 1930 wurden die Mez-Unternehmen vom schottischen Geschäftspartner J. & P. Coats übernommen. 1940 stellten die Nazis die Firma unter Treuhandverwaltung.

In den Nachkriegsjahren erlebte der Betrieb eine regelrechte Blütezeit mit bis zu 600 Mitarbeitern. Danach ging es mit dem Produktions-Standort bergab. Nach massivem Personalabbau in den 90er- Jahren hatte man dort Anfang 2013 noch 130 Mitarbeiter. Danach wurden 90 Arbeitsplätze in Färberei, Fertigung, Lager und Versand nach Budapest verlagert.

Ein großer Teil der Flächen wurde an die Firma Straub Verpackungen vermietet. Heute ist die Zentrale der Coats Thread Germany GmbH mit nur noch wenigen Mitarbeitern hier beheimatet. Der Coats-Konzern ist weltweit Marktführer in der Nähfadenindustrie und zweitgrößter Reißverschlusslieferant. 20 000 Mitarbeiter sind in mehr als 70 Ländern in sechs Kontinenten beschäftigt.

Die Textilindustrie gehört zu den ältesten Industriezweigen in Deutschland. Seit Beginn der 1960er-Jahre gingen durch die Konkurrenz in Fernost und durch Produktionslauslagerungen Arbeitsplätze verloren. Nur noch rund fünf Prozent aller in Deutschland verkauften Textilien werden auch hier hergestellt. Von dieser Entwicklung war auch die Traditionsfirma Coats-MEZ in Bräunlingen betroffen.