Sonja Kech, Mitarbeiterin im Bürgerservice im Rathaus in Bonndorf, mit einem sogenannten Bürgerkoffer. Darin ist neben Notebook, Drucker und Scanner auch eine Lesegerät für den digitalen Ausweis enthalten. Foto: Seeger

"Bürgerkoffer" voller Technik macht’s möglich. "Menschen sind dankbar".

Bonndorf - Für die Bürger in Bonndorf werden Beamte zu Kofferträgern. Sie machen Hausbesuche, statt in ihrer Amtsstube zu sitzen. Die Kleinstadt im Schwarzwald hat einen sogenannten Bürgerkoffer im Einsatz.

Weil Senioren und Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen der Gang zum Rathaus schwerfällt, wird der kommunale Bürgerservice mobil. Alles, was für die Dienstleistung nötig ist, wurde in den Koffer gepackt. Bonndorf (Kreis Waldshut) dient damit Kommunen vor allem in ländlichen Gebieten als Beispiel.

Raus aus der Amtsstube

"Wir machen sehr gute Erfahrungen mit dem Bürgerkoffer", sagt Sonja Kech. Die 29-Jährige ist im Rathaus der 6900 Einwohner zählenden Gemeinde gemeinsam mit ihren Kolleginnen Daniela Ganter und Madeleine Probst für den Bürgerservice zuständig. Statt Amtsstube heißt es für sie nun Aktenkoffer. Mit ihm geht das Rathaus auf Tour und kommt zu den Menschen nach Hause. Personalausweis oder Reisepass beantragen oder verlängern lassen, Adresse ändern, Meldeschein ausfüllen, Führungszeugnis beantragen, Ausweis umschreiben – das alles funktioniert nun auch aus dem Koffer heraus. "Der Koffer ist voller Technik. Das, was wir im Rathaus erledigen, können wir auch mit dem Koffer meistern", sagt Kech.

Das unscheinbare schwarze Gepäckstück in der Größe eines normalen Aktenkoffers ist vollgepackt mit Technik. Dazu gehören ein Laptop, eine Kamera für biometrische Fotos, ein Scanner für Fingerabdrücke, ein Drucker für amtliche Dokumente sowie weitere Ausrüstung. Auch ein Wahlschein kann vor Ort erstellt werden.

"Wir sitzen mit dem Koffer bei den Leuten am Küchentisch oder im Wohnzimmer", sagt Kech. "Die Menschen sind dankbar, dass wir zu ihnen kommen." Mit dem Koffer gehen Kech und Kolleginnen zu älteren Menschen, in Seniorenheime oder in Behinderteneinrichtungen. Denn das historische Rathaus im Ortskern mit seiner steilen Treppe am Eingang ist nur mühsam zu erreichen – im Rollstuhl oder mit Rollator ist die Treppe kaum zu meistern. Zudem sind in dem ländlichen Gebiet Wege lang, und der öffentliche Personennahverkehr ist dünn. "Wir spüren, wie alle Gemeinden, die älter werdende Gesellschaft", sagt der Leiter des Bonndorfer Hauptamtes, Harald Heini. Hinzu kommt die sinkende Einwohnerzahl in ländlichen Gebieten. "Wir sind daher gefordert, umzudenken."

Einsparungen möglich

Bürgerservice vor Ort läuft bislang meist über Verwaltungen in den Ortsteilen. Doch das ist aufwendig und kostenintensiv. Zudem sind die Büros wegen des vergleichsweise geringen Besucherstroms nur zeitlich eingeschränkt offen. Der Koffer wird nun als Alternative getestet. Rund 6000 Euro hat die Gemeinde in den Kauf investiert. Entwickelt und geliefert hat ihn die Bundesdruckerei in Berlin. Andere Kommunen schauen, ob das Experiment funktioniert, heißt es beim deutschen Städtetag.

"Die Idee ist, den Kommunalverwaltungen eine Lösung an die Hand zu geben, die einen bürgerfreundlichen Service ermöglichen", sagt Alexandra Haberstroh, Sprecherin der Bundesdruckerei: "Zusätzlich können Einspareffekte erzielt werden, wenn durch mobile, standortunabhängige Bürgerdienste Unterhaltungskosten für Liegenschaften eingespart werden." Das heißt: Ortsverwaltungen, für die Räume gekauft oder angemietet werden müssen, könnten durch den Koffer ersetzt werden. Der Service ist flexibler einsetzbar – und richtet sich zeitlich und örtlich an den Wünschen der Bürger. "Der Vorteil für uns ist, dass wir mit Bürgern in einer für sie vertrauten Atmosphäre ins Gespräch kommen", sagt die Bonndorfer Bürgermitarbeiterin Kech.

Ohne Internet geht nichts

Der Nachteil: Ohne einen Zugang ins Internet funktioniert nichts. In ländlichen Regionen ohne gute Netzverbindung kann das zum Problem werden. Die Bundesdruckerei setzt daher auf weitere Neuerungen, zum Beispiel auf Selbstbedienungsterminals in den Rathäusern. "Über die Erfassung von Foto, Unterschrift und Fingerabdrücken durch den Bürger selbst können Antragsprozesse in den Bürgerämtern deutlich verkürzt werden", sagt Sprecherin Haberstroh. Hinzu kommen Online-Dienstleistungen, mit den Bürger zu Hause selbst aktiv werden können.