Das Aroma duftet vielversprechend: "Brennmeister" Jürgen Kutzner (rechts) und Reinhold Ohnmacht schnuppern am Ergebnis des ersten Brandes. Foto: Pfannes

Bösinger erzeugt mit Zoll-Genehmigung Schnaps. Verfeinerung steht auf der Tagesordnung.

Bösingen - Heiß ist es in Kutzners kleiner Kabine. In der Luft liegt ein feines Aroma nach Obst in flüssiger Form. Die Brennanlage arbeitet fleißig. Vorne kommen Holzscheite hinein, hinten tröpfelt eine hochprozentige Flüssigkeit heraus. Schnaps.Jürgen Kutzner lässt in Bösingen eine Tradition aufleben, nach seinen Kenntnissen seit 1947 ausgestorben, die früher fast ausschließlich Wirtschaften erlaubt war. Er brennt Schnaps. Legal. Mit Unterstützung von Reinhold Ohnmacht und unter den wachsamen Augen des Zolls, in Person von Edgar Kossel von der Dienststelle Singen, Büro Deißlingen.

Gereizt hat den umtriebigen Pensionär das Brennen schon lange. "Seit ich in Bösingen bin, habe ich immer die eigenen Zwetschgen brennen lassen, durfte beim Brennen dabei sein und war fasziniert, wie sich die Früchte in hochprozentigen Alkohol umwandeln lassen." Dabei hat er nach eigenen Worten ein ambivalentes Verhältnis zum Alkohol. "Einerseits schmeckt er mir, andererseits steckt auch ein gefährliches Potential in ihm."

Als sich jedoch die Gelegenheit ergab, in Niedereschach eine fast 20 Jahre alte Brennanlage zu kaufen, schritt der Pädagoge zur Tat. Es musste ein besonderer Raum auf seinem Grundstück geschaffen werden, der nur von einer Seite aus zugänglich sein durfte. Darin steht jetzt das Wunderwerk der Technik. Dann ging Jürgen Kutzner daran, die entsprechenden Formalitäten mit dem Zoll abzuklären. Mit dem Ergebnis, dass er ein 50-Liter-Brennrecht (für 50 Liter pro Jahr im Durchschnitt innerhalb eines Jahrzehnts) in Händen hält.

Eine weitere Voraussetzung ist der Nachweis von ausreichend Obstbäumen. Er hat eine Streuobstwiese, 17 Bäume mit Wildpflaumen, angelegt. Außerdem besitzt er im Garten und auf einem weiteren Grundstück der Verwandtschaft Äpfel, Birnen und Zwetschgen.

Was noch fehlt, ist die Erfahrung beim Brennen. Jürgen Kutzner brennt – vor Tatendrang. Er nimmt die Herausforderung an. Die Premiere in dieser Woche gelingt. "Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden", schwärmt der Mann der Tat nach seiner Tat. Neben eigenen Studien will er im März einen Brennerkurs an der Universität in Stuttgart-Hohenheim und einen an der österreichischen Bundeslehranstalt für Obst- und Weinbau belegen.

Er weiß, dass in erster Linie gutes Obst für einen guten Brand eingesetzt werden muss. Doch dies wächst auch nicht jedes Jahr. 100 Liter Birnenmaische ergeben etwa 3,6 bis 4,5 Liter reinen Alkohol, nennt er einen Richtwert. Die richtige Dosierung beim Heizen der Anlage kommt mit der Erfahrung. Die vom Zoll vorgegebene Zeitspanne muss eingehalten werden. Und die Kunst, so langsam wie möglich zu brennen, um intensives Aroma und ideale Menge zu erhalten, lernt man ebenfalls nicht von heute auf morgen. Basis ist, erklärt Kutzner, den sogenannten Mittellauf vom Vor- und Nachlauf sorgfältig zu trennen. Der Vorlauf überrascht mit einem "Uhu-Geruch", der Nachlauf, auch Fusel genannt, riecht unangenehm. Beide Produkte verderben den Schnaps.

Jürgen Kutzner freut sich auf sein neues Hobby. Er hat nicht vor, zum Trinker zu werden. Er will einen großen Teil der Brände an gute Bekannte weitergeben. Und er kann auch für andere Stoffbesitzer brennen. Gemütliche Stunden mit Freunden bei der Arbeit locken: Die Brennanlage arbeitet, "Brennmeister" und "Brennknechte" spielen Karten, ein feines Aroma liegt in der Luft.