Mit einem so genannten Schockanruf hatte ein Mann eine Seniorin in Blumberg zunächst um 80.000 Euro gebracht. Er wurde gefasst und steht jetzt vor Gericht. Foto: Pleul

Mann aus Litauen soll bei fünf älteren Frauen tausende Euro abkassiert haben. Bundesweit tischen Kriminelle Lügen über Unfälle auf.

Blumberg/Konstanz - Die Mittäterschaft an fünf Fällen des schweren Betrugs durch so genannte Schockanrufe wirft die Staatsanwaltschaft Konstanz einem 27-jährigen Mann aus Litauen vor. Seit Dienstag muss er sich vor dem Landgericht Konstanz verantworten.

Der im grauen Anzug und mit Fußfesseln aus der Untersuchungshaft vorgeführte Angeklagte, legte vor Gericht seine dunkle Sonnenbrille erst nach mehrmaliger Aufforderung nur unwillig ab. Er missachtete das Gericht, indem er ihm den Rücken zuwandte und nur zu seinem Dolmetscher sprach. Zu den Tatvorwürfen äußerte er sich nicht, auch nicht zu seiner Person. Das Gericht hat eine dreitätige Beweisaufnahme geplant. Ein Urteil soll erst nach Ostern verkündet werden.

Ende Oktober vorigen Jahres erhielten fünf Frauen aus Offenburg, Müllheim, Schopfheim und Blumberg Anrufe von einem Unbekannten, der sich Anwalt aus Litauen ausgab. Den russisch-stämmigen Frauen wurde auf russisch erklärt, ein Familienmitglied, Vater, Sohn oder Enkel, habe einen schweren Unfall verursacht, bei dem ein Kind verletzt oder gar getötet worden sei. Um die Unfallverursacher vor langen Gefängnisstrafen zu bewahren, sollten die Betroffenen Geldsummen bis zu 30.000 Euro bezahlen. Bekommen hat der Angeklagte laut Anklageschrift in den einzelnen Fällen zwischen 700 und 15.000 Euro. Damit, so wurde ihnen erklärt, könne man eine Strafverfolgung vereiteln. Oft hieß es auch, die Unfallverursacher selbst seien verletzt, was die meist älteren Frauen zusätzlich in Panik versetzte.

Eine 84-jährige Seniorin schilderte bei der Polizei, wie sie von dem Anrufer unter Druck gesetzt worden war und 15.000 Euro übergab, obwohl sie die Geschichte nicht glaubte. Vor Gericht konnte sie gestern nicht erscheinen, weil sich ihr Gesundheitszustand nach diesem Vorfall erheblich verschlechtert hat. Ihre 62-jährige Tochter berichtete, dass die Seniorin noch heute so große Angst habe, dass sie trotz geänderter Nummer nicht mehr ans Telefon gehe.

Die Zeugin hatte den Geldabholer, vermutlich der Angeklagte, noch weglaufen sehen, als sie an jenem Vormittag zu ihrer Mutter kam. Er sei ich ein schwarzes Taxi mit Lörracher Kennzeichen eingestiegen, erklärte sie. Die Mutter habe das Geld jahrelang für eine Gebiss-Sanierung angespart. Sie habe ihr erzählt, man habe ihr vorgegaukelt, es spreche ihr Enkel am Telefon. Er habe die Angaben des Anrufers bestätigt und gesagt, er könne nicht sprechen, weil er selbst am Mund verletzt sei und genäht werden müsse. Sie habe aber bemerkt, dass dies nicht die Stimme ihres Enkels gewesen sei.

Wie sehr die Täter ihre Opfer am Telefon unter Druck setzten, wurde auch aus der Schilderung einer 73-jährigen Geschädigten deutlich. Man habe ihr nachdrücklich verboten, die Telefonverbindung zu unterbrechen, berichtete sie aufgeregt. Als sie versehentlich auf den falschen Knopf gekommen sei, habe der Mann noch einmal angerufen und ihr fast gedroht. Er mache alles, um den Sohn aus seiner misslichen Lage zu helfen, sie müsse gefälligst dabei mithelfen, habe er geschimpft. Laut Anklage sind alle Gespräche in russischer Sprache geführt worden. In Offenburg habe der "Abholer" sogar eine ganze Geldkassette mitgenommen, weil die Eigentümerin laut Anklageschrift den Schlüssel dazu nicht fand.