Von einer Bräunlinger Firma gestiftet: Ein Sandkasten, den die älteren Kinder aber nur für ein Foto belegen. Foto: Niederberger Foto: Schwarzwälder-Bote

Asylsuchende: Flüchtlinge sind in Zollhaus angekommen / Große Hilfsbereitschaft von Ehrenamtlichen

Landrat Sven Hinterseh und Blumbergs Bürgermeister Markus Keller setzten vor dem Einzug von Flüchtlingen in Zollhaus ein extra Quartiergespräch an, um diffusen Ängsten entgegenzutreten.

Blumberg (hon). Muss es sein, dass so viele Zufliuchtsuchende hier untergebracht werden? Und müssen sich Eltern Sorgen um ihre Kinder machen, die auf dem Weg zur Bushaltestelle am "Schweizer Hof" vorbei kommen? Als bekannt wurde, dass das Landratsamt das Hotel für Asylbewerber angemietet hat, wurden diese Fragen an den Stammtischen auch vor den Übergriffen in der Silvesternacht gestellt.

Rund drei Monate ist das jetzt her, Zeit, ein erstes Fazit zu ziehen. Ist es zu irgendwelchen Vorfällen gekommen? Heimleiter Michael Hurst und die für die Sozialbetreuung zuständige Anne Köhl vom Roten Kreuz überlegen lange. Nein, es habe sich nichts ereignet. Wirklich? Doch, einmal sei es schon zu einem Zwischenfall gekommen. Da hätten die älteren Jungs auf dem Bolzplatz beim Gemeindehaus gekickt, und der Fußball sei in den Garten eines Nachbarn geflogen – was für eine Geschichte. Auch im Blumberger Rathaus weiß man auf Nachfrage nichts von irgendwelchen Vorkommnissen im Zusammenhang mit den Flüchtlingen.

52 Menschen haben im "Schweizer Hof" ein Zuhause auf Zeit gefunden, darunter auch zahlreiche Kinder. Alle besuchen mittlerweile den Sophie-Scholl-Kindergarten beziehungsweise die Scheffel- und Eichbergschule. Der Kindergarten stiftete einen kleinen Bollerwagen, zwei Väter ziehen ihn abwechselnd nach Blumberg. Als zunächst nur ein Kind in den Kindergarten durfte, da hätten die anderen Kinder geweint, erzählt Anne Köhl, die von einer hervorragenden Zusammenarbeit mit den Blumberger Bildungseinrichtungen und dem Rathaus spricht.

Auch das Engagement der Lehrer überrascht sie positiv. So kümmere sich eine Lehrerin an der Scheffelschule jeden Vormittag eine Stunde allein um die älteren Flüchtlingskinder, ehe diese anschließend am Regelunterricht teilnehmen. Die Bereitschaft, Deutsch zu lernen, sei bei allen Bewohnern sehr groß. Die Schulkinder würden sich nahezu jeden Nachmittag an einem großen Tisch zusammensetzen, um dann gemeinsam neue Vokabeln zu pauken.

Auch die Erwachsenen zeigten großen Einsatz. Eifrig besuchten sie die Deutschkurse von "Frau Gudrun", "Frau Annette" oder "Herrn Peter", berichtet Anne Köhl. Dabei handelt es sich um Blumberger, die sich im Flüchtlings-Freundeskreis zusammengeschlossen haben. Außerdem kommt die VHS für Deutschunterricht ins Haus. Dann gebe es den "Herrn Hansjürgen", der dann einspringt, wenn Anne Köhl nicht selbst einen Flüchtling bei einem Arztbesuch oder Behördengang begleiten kann. Kleidung sei reichlich gespendet worden. Besonders gefreut hat sich Anne Köhl über die vielen Babysachen für zwei schwangere Frauen.

Gerne erinnert sich die Sozialbetreuerin an das erste Begegnungs-Café im "Schweizer Hof". Davor trafen sich Blumberger und Flüchtlinge in der Alten Schule, und es waren Einheimische, die zu Kuchen und Kaffee eingeladen hatten. Es sei wahnsinnig gewesen, wie sich die Flüchtlinge als Gastgeber revanchiert hätten: mit einer riesigen Tafel voller Kuchen und arabischer Spezialitäten. Nach dem Essen habe man zusammen Musik gemacht und getanzt – gelebte Willkommenskultur.

Unter den Asylbewerbern befindet sich mit Mohammad Akbar Khurasani auch ein Künstler, der laut Anne Köhl bereits in Kiew und London ausgestellt hat und auch beim Blumberger Street-Art-Festival am 9. und 10. Juli dabei sein wird. Die Sozialbetreuerin streckt gerade ihre Fühler in die regionale Kunstszene mit der Hoffnung aus, dem jungen Afghanen eine künstlerische Perspektive geben zu können. Die Flüchtlingshelfer haben sich zusammengeschlossen. Kontakt und Information im Interet unter: www.fluechtlingshilfe-blumberg.de

Mit 52 Personen ist die Kapazität des Schweizer Hofs zu 50 Prozent ausgelastet. Die Menschen, die dort wohnen, kommen vor allem aus Syrien und Afghanistan, daneben aus dem Iran, dem Irak und dem früheren Jugoslawien. Einige Kurden leben dort ebenfalls. Zwei Frauen sind gerade in glücklichen Umständen, der älteste Bewohner ist 74 Jahre alt.