Bei der Eröffnung des neuen EZB-Gebäudes sind die Demonstrationen der Blockupy-Bewegung ausgeartet. Dabei entstand ein Schaden in Millionenhöhe. Foto: Getty Images Europe

Die Schäden, die die Blockupy-Bewegung mit ihren Ausschreitungen verursacht hat, gehen in die Millionenhöhe. Unser stellvertretender Chefredakteur Wolfgang Molitor meint: Die Chaoten wussten, was sie machen.

Stuttgart - Der Schaden durch die Krawalle bei den Frankfurter Blockupy-Protesten geht in die Millionen. 150 Polizisten wurden verletzt, 400 Randalierer festgenommen. Das Blockupy-Bündnis findet, das sei ein schöner Erfolg. Er distanziere sich nicht von der Gewalt, verkündet Frederic Wester vom Ums-Ganze-Bündnis am Tag danach. Im Gegenteil: Er freue sich, dass der politische Widerstand in Deutschland angekommen sei. Kapitalismuskritik mit Brandsätzen und Pflastersteinen.

Zivilen Ungehorsam, so nennen es die Initiatoren frech verharmlosend. Und selbst die, die sich dazu durchringen, halbherzig Sätze des Bedauerns zu verbreiten, versäumen nicht, darauf hinzuweisen, dass das alles nichts sei gegen jene Länder verwüstende Gewalt, die von den Regierungen ausgehe. Oder wie es „Spiegel“-Kolumnist Jakob Augstein verniedlichend verständnisvoll in die Frage kleidet, was eigentlich mehr wert sei: Das Leben eines griechischen Rentners oder ein deutscher Streifenwagen. In diesem bigotten Verständnis für die „Wut und Empörung der Menschen“ finden sich die kapitalismuskritischen Krawall-Moralisten richtig gut – und im Recht.

Laut Grundgesetzartikel 8, Absatz 1, gibt es in Deutschland für alle das grundsätzliche Recht, sich „ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln“. Für Versammlungen und Demonstrationen unter freiem Himmel gilt nach dem Versammlungsgesetz zusätzlich: Sie müssen bei der Ordnungsbehörde angemeldet werden. Die Teilnehmer dürfen sich zudem weder uniformieren noch vermummen.

Die Demonstrationsfreiheit ist ein hohes, unantastbares Gut der Demokratie. Selbst Krawalle wie die in Frankfurt sind kein Grund, sie infrage zu stellen oder einzuschränken. Aber zum verantwortlichen Umgang mit dem Grundgesetz gehört der Satz von Bundesinnenminister Thomas de Maizière: „Es gibt in unserer Demokratie, aus welchem sozialen Protest, aus welchem Grund auch immer, irgendeinen Grund, Gewalt anzuwenden.“ Da mögen sich die Blockupy-Helden winden und wenden – und abstreiten, dass sie ihrer Sache durch blindwütige Gewalt großen Schaden zufügen.

Wird die Gewalt eine Fortsetzung finden?

War Frankfurt nur der Krawall-Auftakt? Wird die Gewalt – wieder professionell geplant und organisiert – im Juni eine Fortsetzung finden, wenn auf Schloss Elmau in Bayern der G-7-Gipfel stattfindet? Mit internationalem Chaoten-Aufmarsch und fragwürdigem Demokratieverständnis?

Niemand kann das in Zeiten ausschließen, in denen in Griechenland das Elend breiter Bevölkerungsschichten vor allem durch die fachliche Inkompetenz und politische Borniertheit der linksradikal-rechtsauskeilenden Regierung schier ausweglos weiter zugenommen haben könnte. In denen es für diesen Fall noch schwerer fallen dürfte, nüchtern zwischen Ursache und Wirkung zu unterscheiden. In denen es nicht richtiger, aber noch einfacher sein könnte, die hausgemachte griechische Katastrophe zu einer Systemfrage hochzujazzen.

Die Polizei jedenfalls weiß seit Frankfurt: Sie wird unter den friedfertigen Demonstranten nicht sehr viele finden, die den Brandsatz-Chaoten in ihren Reihen in den Arm fallen. Die Überlegung, für ein begrenzte Zeit wieder Grenzkontrollen einzuführen, ist da – wenngleich spektakulär – nur eine von vielen Maßnahmen. Solange der Krawall wähnt, sich ideologisch im Umfeld des friedlichen Protests billigend bewegen zu können, wird sich die Lage nicht entspannen. Deshalb: Wer mit diesen Typen auf die Straße geht, kann nicht so tun, als wisse er nicht, worauf er sich dabei einlässt.