Links: Das 1945 zerstörte Elternhaus von Irmgard Koch zu besseren Zeiten im Jahre 1927/28; rechts: die zerstörte Klingenbach - Brücke mit dem dahinter liegenden zerstörten Gehöft im Winter 1945/46 Fotos: Archiv Heimatverein Foto: Schwarzwälder-Bote

Ortsgeschichte: Irmgard Koch erzählt, wie sie als Kind wegen einer Brückensprengung ihr Zuhause verlor

Der Krieg war längst verloren. Dennoch wurde von der Wehrmacht in einer sinnlosen Aktion 1945 in Thanheim eine Brücke gesprengt. Irmgard Koch kann sich noch gut daran erinnern.

Bisingen-Thanheim. Der Heimatverein Thanheim hat einige Senioren besucht, um sich ihre Erfahrungen der Kriegszeit schildern zu lassen. Die alte Brücke über das Klingenbachtal am Thanheimer Ortsende in Richtung Ostmettingen war 1929 durch eine Eisenbetonbalkenbrücke ersetzt worden. Nur 16 Jahre später wurde sie von einem Sprengkommando der deutschen Wehrmacht zerstört.

Die französischen Besatzungstruppen bauten aber nach der Eroberung des Gebiets schnell eine Behelfsbrücke aus Holz, die 1951 dann wieder durch eine Eisenbetonbrücke ersetzt wurde. Die hielt dann immerhin bis 1982, als sie wiederum durch die heutige Brücke ersetzt wurde.

Im Gespräch mit der Gruppe des Heimatvereins zeigte sich Irmgard Koch immer noch tief bewegt von den Ereignissen am Kriegsende. Sie war damals 13 Jahre alt, und ihre Familie wurde drei Tage vor der Sprengung aufgefordert, ihr landwirtschaftliches Gebäudeteile zu verlassen, da es neben der Brücke stand. Gesprengt wurde mit einer Zehn-Zentner-Bombe, deren Zerstörungskraft kaum berechenbar war.

Aber Rücksicht auf Zivilisten wurde von der Wehrmacht nicht genommen. So musste eine neue Unterkunft für Vieh und Bewohner gefunden werden. Das Heu in der Scheune wurde ebenfalls abtransportiert. Möbel und sonstigen Habseligkeiten wurden zu Onkel Josef Kanz gebracht. Dies alles sei in einer Stimmung von Hektik und Verzweiflung geschehen.

Am Freitag, 20. April, sollte die Ladung gezündet werden. Die Familie hatte die Nacht bei einem Vetter verbracht, und Irmgard Koch machte sich am Folgetag ganz in der Frühe auf, um von einem Platz in Richtung Helle, wo ein Kreuz mit Sitzbänkle stand, das Ereignis zu verfolgen. Sie traf einige Einwohner, die aus Angst vor den Franzosen in den Wald flüchteten. Auf dem Bänkle hätten sich zu ihr die Post-Gertrud, Anna Dehner, deren Bruder Franz Ott und seine Frau Emilie gesellt.

Genau fünf Minuten vor 6 Uhr morgens habe es gekracht, dann sei eine Staubwolke aufgestiegen, die den ganz Ort überdeckt habe. Die Leute um sie herum hätten sie in den Arm genommen und hätten versucht sie zu trösten, denn es sei sofort erkennbar gewesen, dass auch das Haus, in dem sie gewohnt habe und auch die Scheune restlos zerstört gewesen seien. Nur noch ein Schutthaufen sei davon geblieben.

Zwei Jahre auf engstem Raum in der Notunterkunft

Die Familie fand Zuflucht in der nahegelegen Ziegelhütte, wo sie mit der Wohnhauseigentümerin, Kreszentia Dehner, auf engstem Raum lebte. Sie selbst lebte mit einer Verwandten aus Stuttgart, die wegen der Bombenangriffe Stuttgart verlassen musste, in einem Zimmer. Auch ihre Schwestern Maria und Rosa sowie ihre Mutter Anna Sickinger wohnten in dem Haus. Der Vater war im Krieg. Für zwei Jahre lebten sie in dieser Notunterkunft.

Für die Zerstörung des Gehöfts erhielt die Familie 21 Reichsmark als Entschädigung, und die Gemeinde Thanheim gab die Genehmigung, dass mit Steinen des ehemaligen Schützenhauses die Stallmauer wieder aufgebaut werden konnte. Die Trümmer des Wohnhauses wurden zerkleinert und zu neuen Steinen geformt.

Irmgard Koch ist überzeugt, dass die Sprengung, die ihr das Zuhause nahm, völlig sinnlos war. Die Franzosen hätten einfach den Feldweg über das Brühlgässle genommen, ihr Vormarsch sei kaum aufgehalten worden. Der Schmerz über die Zerstörung des Hauses habe die Familie aber lange beschäftigt. Eigentlich sei dieses Gefühl bis heute nicht völlig gewichen.

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