Bisingen - Sie thront da oben auf dem Burgberg, und alle Welt kennt sie. Politiker aller Parteien machen sich das gerne zunutze – im aktuellen Landtagswahlkampf auch die rechtskonservative Alternative für Deutschland (AfD). Speziell deren Nutzung eines Motivs der Burg Hohenzollern in Bisingen in Verbindung mit einem Slogan passt Georg Friedrich Prinz von Preußen, dem Chef des Hauses Hohenzollern und Ur-Ur-Enkel von Kaiser Wilhelm II., aber gar nicht. Er wollte das Plakat gerichtlich verbieten lassen – ist damit aber vorerst gescheitert.

Der Streit ist damit aber wohl noch nicht zu Ende

Die AfD darf, so hat es die 11. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart unter Vorsitz von Richter Christoph Stefani gestern entschieden, weiter mit der Burg Hohenzollern auf Stimmenfang gehen. Der Antrag des Preußenprinzen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde zurückgewiesen. Der Plakatestreit ist damit aber wohl noch nicht zu Ende. Er werde seinem Mandanten die Berufung zum Oberlandesgericht empfehlen, sagte Markus Hennig, Anwalt von Georg Friedrich Prinz von Preußen, unserer Zeitung. Die Klärung der Frage, inwieweit die Burg Hohenzollern für parteipolitische Zwecke genutzt werden darf, sei auch mit Blick auf künftige Wahlkämpfe von Bedeutung.

Dagegen ist die AfD Baden-Württemberg "froh und erleichtert" über die Entscheidung, sagte Pressesprecher Lars Patrick Berg. Diese zeige, dass die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland einen hohen Stellenwert habe. Laut triumphieren will die Partei trotz ihres vorläufigen Siegs nicht. Eher ist sie bemüht, die Wogen zu glätten: Mit dem Haus Hohenzollern wolle man "keinen Streit", sagte Sprecher Lothar Maier bereits vor der Bekanntgabe der Gerichtsentscheidung. Die Plakate mit dem Burg-Motiv werde man nicht nachdrucken. Auf der AfD-Homepage habe man das Motiv "sicherheitshalber" bereits entfernt.

Die Materie, mit der sich die Richter in Stuttgart befasst haben, ist juristisch komplex. Im Kern ging es um die Frage, was höher zu bewerten ist: die Grundrechte des Prinzen – oder das sich aus der Verfassung ergebende Recht der AfD, als Partei Werbung für ihre Ziele zu betreiben. Das Landgericht kommt zum Ergebnis, dass zwar ein leichter Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Preußenprinzen vorliege, dieser allerdings aufgrund überwiegender Interessen der Partei gerechtfertigt sei. Die Wahlwerbung von Parteien stehe unter dem Schutz der Meinungsfreiheit, diese überwiege im vorliegenden Fall das Persönlichkeitsrecht von Georg Friedrich Prinz von Preußen. In ihrer Urteilsbegründung stellte die Kammer fest, dass die Burg Hohenzollern ein Kulturgut Baden-Württembergs von "übergeordneter, überpersonaler und überragender Bedeutung" sei, bei dem der personale Bezug zum Eigentümer oder Nutzer der Burg nahezu vollständig zurücktrete.

Der Chef des Hauses Hohenzollern sah seine Rechte insbesondere dadurch verletzt, dass auf dem AfD-Plakat das Motiv von der Burg neben dem Slogan "Für unsere Werte" zu sehen ist. Für Betrachter des Plakats entstehe dadurch der Eindruck, so die Argumentation des Prinzen, dass er hinter den Zielen der AfD stehe. Und genau das sei nicht der Fall, erklärt dessen Anwalt Hennig: Das Haus Hohenzollern äußere sich grundsätzlich nicht in politischen Angelegenheiten. Die "Vereinnahmung des Hauses Hohenzollern durch die konkrete Verbindung mit dem Slogan" und damit die "Inanspruchnahme des Hauses Hohenzollern durch die AfD" könne nicht hingenommen werden, so Hennig.

Dagegen ist das Stuttgarter Landgericht der Meinung, dass das Wahlplakat nicht den Eindruck erwecke, dass der Preußenprinz hinter den Zielen der AfD stehe, sondern allein Bezug auf die mit der Burg Hohenzollern verbundenen Begriffe wie Heimat, Beständigkeit und Tradition nehme. Genau dies machten sie auch andere Parteien zunutze.

Auch andere Parteien greifen aufs Motiv zurück

Grundsätzlich können und dürfen Fotos der Burg Hohenzollern aufgrund der Panoramafreiheit von jedermann zu vielerlei, auch kommerziellen Zwecken verwendet werden – vorausgesetzt, das Foto wurde von öffentlichem Grund und Boden aus aufgenommen. So nutzen neben der AfD fast alle anderen Parteien im Zollernalbkreis Aufnahmen der Burg – in Wahlbroschüren, auf Internetseiten. Dort dienen sie indes der reinen Illustrierung. Eine direkte Verbindung zwischen Burg, dem Haus Hohenzollern und politischen Inhalten oder Botschaften gibt es nirgends.

Info 1: AfD und die Preußen

Anders als andere Parteien hat die AfD die Burg Hohenzollern außer wegen deren Bekanntheitsgrad wohl auch aus einem anderen Grund als Motiv für ihre Wahlplakate ausgewählt: Immer wieder spielt die Partei, in Baden-Württemberg und bundesweit, mit Bezügen zur Geschichte der Hohenzollern und des preußischen Königshauses, dessen Stammsitz die Burg ist.

Tugenden

So ist im Programm der AfD Sachsen festgehalten, dass in Schulen "die klassisch preußischen Tugenden" vermittelt werden sollten, dafür bedürfe es auch einer Autorität, weshalb die Stellung des Lehrers gestärkt werden müsse – ähnlich ist es im baden-württembergischen Landtagswahlprogramm der Partei nachzulesen.

Blut und Eisen-Doktrin

Zudem zitiert der hiesige Landesverband in seinem Wahlprogramm den berühmten Ausspruch Friedrichs des Großen, König von Preußen und Vorfahr von Prinz Georg Friedrich: "Jeder soll nach seiner Façon selig werden." Alexander Gauland, stellvertretender Sprecher der Bundes-AfD, erklärte im Jahr 2012, die Deutschen hätten ein "gestörtes Verhältnis zur militärischen Gewalt" und plädierte für eine Rückkehr zur preußischen Kriegsdoktrin: Die großen Fragen würden eben, wie es bereits Otto von Bismarck formuliert habe, nicht durch "Reden und Majoritätsbeschlüsse", sondern durch "Eisen und Blut" entschieden.

Info 2: Wiege der deutschen Kaiser

Die Preußenkönige und deutschen Kaiser sind eigentlich Schwaben. Ihr Stammsitz ist die Burg Hohenzollern.

1214 erfolgt die Trennung

Die Wege des Fürstengeschlechts trennten sich um 1214, als die Brüder Konrad und Friedrich das Erbe aufteilten. Friedrich begründete die schwäbische Linie, die seit Jahrhunderten im Schloss Sigmaringen ansässig ist. Konrad gründete die fränkische Linie in Nürnberg. Seine Nachfahren dehnten ihre Macht im Laufe der Jahrhunderte bis nach Brandenburg aus, wurden Kurfürsten und schließlich 1701 Könige von Preußen – und Kaiser. Die Burg ist im Besitz beider Linien des Fürstengeschlechts.