Die U7-Mitglieder haben wieder gut lachen, denn die Zukunft der Kunstakademie ist gesichert. Noch arbeiten sie im Privathaus von Karl-Heinz Rietz in Wessingen, doch vielleicht schon bald in neuen Räumen in Hechingen. Foto: Midinet

U7 wird von Behörden als Beschäftigungsstätte anerkannt. Rietz sucht neue Räume in Hechinger Oberstadt.

Bisingen - Die Zukunft der Kunstakademie U7 ist gesichert. Sie wird nun gleichwertig mit den großen Werkstätten für Menschen mit Behinderung anerkannt und bekommt finanzielle Unterstützung. Förderer Karl-Heinz Rietz denkt über einen Umzug nach Hechingen nach.

Ein junger Mann mit Down-Syndrom sitzt an einem Schreibtisch in Karl-Heinz Rietz’ Haus an der Bismarckhöhe in Wessingen und malt an einem seiner Aufträge: einem bunt gestalteten Kalender. Neben ihm wird ebenfalls gebastelt und gewerkelt. Es ist eng geworden in Rietz’ Zuhause. »Die Insolvenz hat viel kaputt gemacht«, erzählt der Geschäftsführer der Kunstakademie U7. Die Räume im Hinteren Stöck in Bisingen mussten aufgegeben werden, alles wurde nach Wessingen verlagert, wo die Arbeit zwar beengt aber doch ganz normal weiter geht.

Jetzt soll es Vergangenheit sein, dass die für Menschen mit Behinderung zuständigen Leistungsträger – Landkreis, Arbeitsamt, Rentenversicherung – keine Eingliederungshilfen für die U7-Mitglieder zahlen (wir berichteten). Unterstützung bekamen Rietz und Marion Linder, Leiterin der Kunstakademie, direkt aus Berlin vom Bundestagsabgeordneten Martin Rosemann (SPD) sowie im Landkreis von Landrat Günther-Martin Pauli und Sozialdezernent Eberhard Wiget. Die Kunstakademie, die nur in kleinen Gruppen arbeitet, ist nun gleichwertig mit den großen Werkstätten, die oft über 100 Menschen mit Behinderung beschäftigen, und bekommt finanzielle Unterstützung. Die U7-Mitglieder haben nun das »Persönliche Budget«, das die Leistungsträger zahlen. Mit diesem können sie frei wählen, welche sozialen Dienste und Einrichtungen sie in Anspruch nehmen und diese davon bezahlen. Diese Selbstbestimmung ist der wesentliche Unterschied zur Eingliederungshilfe, die von den Behörden direkt an Behinderteneinrichtungen gezahlt werden.

»Die Hilfeleistung wird eingekauft, aber nach Gefallen und Interesse des Menschen. Wenn es ihm nicht gefällt, kann er wieder gehen«, erklärt Rietz. Dass Menschen mit Behinderung Entscheidungsfreiheit haben, ist ihm besonders wichtig: »Bei uns sind die Menschen leistungsstark, weil sie sich bei ihrer Arbeit gut fühlen.« Deshalb wollen er und Marion Linder sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass Menschen mit Behinderung Arbeitsplätze auf dem Erster Arbeitsmarkt bekommen, dass sie in den gewöhnlichen Lebensalltag integriert werden, dass Inklusion praktiziert wird. »Rein gesetzlich ist das möglich«, sagt Marion Linder, die auch Vorsitzende des Beirats der Angehörigen und gesetzlichen Betreuer im BeB (Bundesverband der evangelischen Behindertenhilfe) ist. Die Arbeitgeber würden die Eingliederungshilfe als Ausgleich für die Minderleistung der Person bekommen, die sie beschäftigen. Allerdings müsse noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. »Viele Firmen wissen nicht, wie die Arbeit mit Menschen mit Behinderung funktionieren soll und zahlen lieber die Behindertenabgabe«, weiß Linder. Genau da möchte die U7 vermitteln und für Toleranz – beispielsweise bei den anderen Mitarbeitern – werben. »Was wir produzieren ist Verständnis in der Gesellschaft«, sagt Rietz über die Philosophie der U7, die nun auch eine Zukunft hat. In den nächsten Monaten möchten Rietz und Linder sich nach neuen Räumlichkeiten umschauen. Ein Haus in der Hechinger Oberstadt wäre ihnen am liebsten, denn »wir möchten im Mittelpunkt mit den Menschen sein.«