Vor dem Mahnmal des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Monowitz stehen Ines Mayer, Verena Lohr, Franziska Blum und Verena Grünhoff (von links) vom Verein Gedenkstätten KZ Bisingen. Foto: Verein Foto: Schwarzwälder-Bote

Was darf eine Gedenkstätte zeigen und was nicht? / Verein Gedenkstätten KZ Bisingen auf Exkursion

Von Ines Mayer

Bisingen. Es war keine einfache Reise, die vier Mitglieder des Vereins Gedenkstätten KZ Bisingen – darunter zwei Jugendguides – gleich zu Beginn der Sommerferien antraten. Auf Einladung der Landeszentrale für politische Bildung ging es nach Polen.

Zusammen mit Vertretern anderer Gedenkstätteninitiativen reisten die vier Bisinger für fünf Tage nach Auschwitz (Oswiecim) und Krakau. Obwohl sie oftmals mit erschütternden Fakten konfrontiert wurden, lernten die Teilnehmer der begleiteten Exkursion viel Neues und intensivierten die Kontakte zu den Kollegen aus den anderen südwestdeutschen Gedenkstätten. Mehr noch: In der Begegnung mit polnischen Gedenkstättenpädagogen und Freiwilligen von "Aktion Sühnezeichen" konnten andere Ansätze kennen gelernt und die eigene Arbeit reflektiert werden.

Ein Höhepunkt war hier zweifellos der Gesprächsabend mit Krystyna Oleksy, der langjährigen Direktorin der Gedenkstätte Auschwitz, die den Exkursionsteilnehmern fast drei Stunden lang Rede und Antwort stand. Dabei wurde zum einen die politische Dimension der Gedenkstätte deutlich, aber auch die Problematik einer angemessenen Erinnerung, bis hin zu der Frage, was eine Ausstellung über ein Konzentrations- und Vernichtungslager zeigen darf und was nicht.

Dass sich die Erinnerungskultur mit der Zeit wandelt, weiß man auch in den baden-württembergischen Gedenkstätten mit ihren unterschiedlichen und wechselvollen Geschichten. In Auschwitz bedeutete vor allem der Zusammenbruch des Ostblocks eine tiefe Zäsur, da Opferzahlen und ideologische Deutungen korrigiert werden mussten. Über die damit verbundenen Kontroversen berichtete Krystyna Oleksy offen und mitreißend.

Nur Mahnmal erinnert an Lagerkomplex

Natürlich standen die Führungen im ehemaligen Stammlager Auschwitz I sowie in Auschwitz II/Birkenau im Zentrum des Aufenthalts in Auschwitz. Ein kurzer Abstecher führte auch zum Standort des ehemaligen Lagers Auschwitz III/Monowitz, das extra für die Buna-Werke der IG Farben AG errichtet wurde und in dem unter anderem der später ins KZ Bisingen deportierte ungarische Jude Otto Gunsberger Zwangsarbeit leisten musste. Heute erinnert nur noch ein Mahnmal an den früheren Lagerkomplex.

In Krakau konnten die Reiseteilnehmer zum Abschluss noch zwei Tage lang das moderne Polen kennenlernen. Daneben gab es aber auch eine ausgedehnte Führung durch das ehemalige jüdische Stadtviertel Kazimierz sowie durch den Stadtteil Podgórze, wo sich ab 1941 das hermetisch abgeriegelte jüdische Ghetto befand.

Dabei wurde auch das Gebäude der Emaillefabrik von Oskar Schindler besichtigt, dem der Regisseur Steven Spielberg 1993 mit dem Film "Schindlers Liste" ein Denkmal gesetzt hat. Heute befindet sich dort ein Museum, in dessen Eingangsbereich die Fotos der rund 1200 von Schindler geretteten Juden ausgestellt sind. Im Flieger zurück nach Stuttgart sollten die Teilnehmer eine schriftliche Bilanz der Exkursion verfassen. Die vier Bisinger waren sich dabei einig: Die in Polen gesammelten Eindrücke und Ideen werden die eigene Erinnerungsarbeit noch lange beeinflussen.