Die Bisingerin Ines Mayer ist Mitherausgeberin des Buches "Menschen, die uns bewegten". Foto: Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder-Bote

Die Bisingerin Ines Mayer als Herausgeberin auf den Spuren der bemerkenswerten Politikkultur im Südwesten

Von Erika Rapthel-Kieser

Bisingen. Ines Mayer beschäftigt sich seit Jahren mit der politischen Kultur im Südwesten Deutschlands. Nun ist sie Mitherausgeberin des Buches "Menschen, die uns bewegten. 20 deutsche Biografien im 20. Jahrhundert".

"Bei den Protesten gegen Stuttgart 21 haben sich in den anderen Bundesländern alle gefragt: ›Was ist bloß mit den braven Schwaben los?‹ Mich hat das nicht gewundert. Diese Aufmüpfigkeit steht in einer langen Tradition", sagt die 51-jährige Ines Mayer, die sich seit vielen Jahren mit der politischen Kultur im Südwesten Deutschlands beschäftigt.

Erst jüngst war sie wieder Mitherausgeberin eines Buches mit dem Titel "Menschen, die uns bewegten. 20 deutsche Biografien im 20. Jahrhundert." Erzählt wird da die Lebensgeschichte von Persönlichkeiten wie Theodor Heuss, Kurt Georg Kiesinger, Carlo Schmid, Claus Schenk Graf von Stauffenberg oder Clara Zetkin, die fast 30 Jahre lang in Stuttgart lebte. Allesamt hatten sie einen Bezug zum deutschen Südwesten. "Wichtige Stationen ihres politischen Lebens waren hier", sagt Ines Mayer.

Sie selbst ist an der Balinger Philipp-Matthäus-Hahn-Schule Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Gemeinschaftskunde sowie Landeskundebeauftragte beim Kultusministerium Baden-Württemberg. Sie kann gut begründen warum Südwestdeutschland, wenn es um politisches Engagement und Widerstand geht, so viele große Persönlichkeiten hervorgebracht hat. Der Südwesten war in früheren Jahrhunderten territorial stark zersplittert. Ein ganz besonderer Flickenteppich aus Fürstentümern, Reichsstädten oder Gebieten, die Eigentum der Kirche waren. "Herrschaft war hier immer sehr nah", zitiert Mayer den Politikwissenschaftler Hans-Georg Wehling. Wem die Regierung nicht passte, der konnte ein paar Kilometer weiter über die Grenze gehen und war in einem anderen Land.

Pietismus und Realteilung, das legendäre badische Freiheitsstreben sowie das sprichwörtlich ausgleichende Wesen der Schwaben prägten die Menschen. Ob Bauernkriege, Tübinger Vertrag, der Vormärz und die Revolution von 1848/49, Mutlangen und die Friedensbewegung: Der Südwesten spielte immer eine besondere Rolle.

Wenn Ines Mayer lebhaft erklärt und berichtet, wird schnell deutlich, dass auch sie selbst ein politischer Kopf ist – informiert, engagiert und durchaus mit einer interessanten Biografie. Erst nach einer Schreinerlehre hat sie studiert und im Fach Geschichte mit einer Arbeit über die Französische und die 48er-Revolution promoviert. Ihr Engagement wurde bereits in der Jugendzeit deutlich. Sie erarbeitete als Schülerin mit der Juso-AG, deren Mitglied sie war, eine Dokumentation über das Konzentrationslager Bisingen und übersetzte das Buch eines der Überlebenden, Otto Gunsberger, aus dem Englischen ins Deutsche. Bis heute ist sie im Verein KZ-Gedenkstätten Bisingen aktiv.

Vor zehn Jahren gaben sie und ihr Studienkollege Reinhold Weber von der Landeszentrale für politische Bildung bereits ein Buch über die "Politischen Köpfe aus Südwestdeutschland" heraus. Der Vorläufer des jetzigen Bild- und Biografienbands. Sie selbst war für das neue Buch auch als Autorin aktiv, hat den Beitrag über Clara Zetkin geschrieben.

Lina Haag ist eine weitere Frau aus dem Buch, deren Biografie Ines Mayer beeindruckte. Sie schaffte es, bei Heinrich Himmler die Freilassung ihres Mannes aus dem KZ zu erwirken. "Die Auswahl war schwierig, es galt aus vielen wichtigen Leuten nur 20 herauszusuchen", gibt Ines Mayer zu. Sie bedauert heute, dass der Stuttgarter Fritz Bauer, jener Generalstaatsanwalt, der eine maßgebliche Rolle beim Zustandekommen des Frankfurter Auschwitzprozesses 1963 spielte, übersehen wurde und ist froh, dass der Film "Im Labyrinth des Schweigens" ihm jetzt ein Denkmal setzt.

Das Buch erschien vor der Herbstmesse im August dieses Jahres. Dass zwei ihrer Schüler zur Buchpräsentation nach Stuttgart kamen, freute die Mutter dreier erwachsener Kinder ganz besonders. Ines Mayer ist überzeugt, dass die Porträts auch für junge Menschen interessant sind und die beschriebenen Persönlichkeiten Orientierung geben können, wenn es um Demokratie und politische Verantwortung geht.

das buch: Ines Mayer, Reinhold Weber, "Menschen, die uns bewegten", Verlag emons, 2014, 184 Seiten, 24,95 Euro