Das Erzählcafé wurde zum vollen Erfolg. Foto: Wahl Foto: Schwarzwälder-Bote

Soziales: Viel Applaus gab es für die Geschichten aus der alten Zeit beim Bisinger Seniorennachmittag

Bisingen. Einen richtigen Volltreffer hat das Altenwerk St. Nikolaus mit dem "Erzählcafe" am Seniorennachmittag gelandet.

Angelehnt an die Themenwoche der Erzdiözese Freiburg "Graue Haare – buntes Leben" hatte das Organisationsteam zum Erzählcafé ins Gemeindezentrum eingeladen. "Es ist Zeit, Ältere selbst zu Wort kommen zu lassen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen", betonte Gemma Benintende. Noch nie sei Älterwerden so vielfältig wie heute gewesen. Wer den 60. Geburtstag feiere, habe statistisch gesehen als Frau noch 24 und als Mann noch 20 Lebensjahre vor sich, eine Zeitspanne so lange wie Kinder- und Jugendzeit zusammen.

Menschen sind länger fit

Menschen besäßen bis ins hohe Alter viele Kompetenzen und dürften sich meistens lange einer zufriedenstellenden Gesundheit erfreuen. Die Möglichkeiten im Alter seien groß, da stelle sich die Frage: Wie gestalte ich diese Zeit? Wie entwickle ich meinen persönlichen Stil des Älterwerdens?

Die erste Erzählerin des Erzählcafés war Hildegard Schell. Als Tochter des einstigen Rosenwirts Karl Schell ist sie gemeinsam mit ihren Geschwistern Franz Schoy und Maria Lacher im Gasthaus Rose aufgewachsen. Sie berichtete, wie die Ortskernsanierung in den 70er-Jahren ablief.

Heimatdichterin Emmi Hodler sprach zum Thema "Der doppelte Zoller – Heimat finden in Bisingen". Als "Reingschmeckte" informierte sie über ihre eigene Familiengeschichte, eine Hommage an Hohenzollern. Diese Geschichte begann mit der Vertreibung der Tschechen aus Nordböhmen (Sudetenland) im Jahr 1946. Lebhaft schilderte sie den weiten. beschwerlichen Weg der Eltern mit vier Kindern durch verschiedene Auffanglager in Bayern bis in den Altkreis Hechingen. Bei der Zugfahrt sei die Burg Hohenzollern einmal von vorne und einmal von hinten aufgetaucht und die Kinder dachten es stünden zwei Burgen auf dem bewaldeten Berg. Im Barackenlager Hechingen gab es sodann vor 65 Jahren das Angebot, in die Siedlung Bisingens zu ziehen, wo drei Familienhäuschen standen. Nach sechs Jahren war das für die Familie endlich eine feste Unterkunft, die mit Kreditaufnahme notdürftig eingerichtet wurde. Handwerkliches Geschick war gefragt und vorhanden. Die Familien Holloch, Olbort, Spörl, Prohaska, Heinrich und Seidenberger seien die ersten Bewohner in der entstandenen Sudetenstraße gewesen. Arbeit gab es in der Fabrik und im Radfahrerverein fühlte man sich wohl, und Emmi lernte ihren Mann Gerhard Hodler kennen.

Aus der Nachkriegszeit

Von der Nachkriegszeit wusste anschließend auch Thekla Schellinger einiges zum Besten zu geben. Immerhin betrieb sie über 18 Jahre hinweg die Molke in der Klingenbachstraße. Dort gab es Butter, Quark, Magermilch, Sahne und verschiedene Käsesorten. 52 Pfennige mussten damals für einen Liter Milch bezahlt werden. Sonntags stellten die Leute vor der Frühkirche ihre Kannen ab und nach dem Gottesdienst konnten sie gefüllt wieder abholen.

"Aus dem Leben Teil 1" und in Reimen gefasst gab Resle Fecker aus Zimmern Aufschluss über "die gute alte Zeit" und rief damit viele Erinnerungen wach. Jede Menge Bauernhäuser und großen Misthaufen, die Straßen noch nicht asphaltiert, Jauche lief durch die Gassen, keine Wasserleitung, Schweine und Kühe im Stall, Häuschen mit ausgesägtem Herz dienten als WC, die Buben trugen Röcke, Flöhe gab’s überall, ebenso viele Hiebe auf den Hintern, Rotznasen liefen über den Mund.

Ihre Schwester "Post-Ida" (Ida Seibold) spannte den Bogen weiter unter "Aus dem Leben Teil 2", und berichtete wie ihre Oma lebte. Luckeleskäs, Most, kein Radio geschweige den TV, vor Leidenschaft wurde schon mal das Nachthemd zerrissen und viele Kinder gab es eh. Viel Applaus gab es für die Geschichten der Seniorinnen.

Seniorenkino beworben

Informativ wurde es dann auch noch: zum Verein "Bürger helfen Bürgern" gab dessen Vorsitzender Rudolf Buckenmaier Auskunft und Caritas-Pflegeberater Erwin Schäfer informierte über das Seniorenkino in Hechingen.

Weitere Informationen: Die Kino-Aufführungen sind jeweils am zweiten Mittwoch im Monat im Schwanenkino. Der Eintritt kostet sechs Euro, ein barrierefreier Zugang ist vorhanden.