Die Historikerin Doris Astrid Muth referierte im Bisinger Heimatmusem über Claus Schenk Graf von Stauffenberg

Von Andrea Maute

Bisingen. Wer war der Mann, der am 20. Juli 1944 zur Schlüsselfigur des Widerstands wurde und was waren seine Beweggründe? Einen Einblick in das Leben des 1907 in Jettingen geborenen Offiziers Claus Schenk Graf von Stauffenberg gab am Freitag die Historikerin Doris Astrid Muth, die auch die Stauffenberg-Ausstellung im Lautlinger Schloss konzipiert hat. Auf Einladung des Vereins Gedenkstätten KZ entwarf sie im Bisinger Heimatmuseum ein lebendiges Bild des Widerstandskämpfers, mit dessen Tod auch seine Vision vom "geheimen Deutschland" erlosch.

Von Stauffenberg: Eng mit diesem Namen verbunden ist in der Region das Schloss in Lautlingen, wo der junge Claus gemeinsam mit seinen beiden Brüdern glückliche und unbeschwerte Ferientage erlebte. Seine Kindheit verbrachte er vor allem in Stuttgart. Beide Elternteile standen im Dienste des Württembergischen Königshauses und ließen ihren Söhnen eine klassisch-humanistische Bildung angedeihen.

Ein bedeutsames Jahr im Leben des jungen Grafen war 1923, in dem er in den Kreis des Dichters Stefan George aufgenommen wurde. "Dieser Kreis verstand sich als Elite", erläuterte die Referentin; als Zirkel, der unter dem Leitbild "Geheimes Deutschland" die Idee der Erneuerung des Landes hegte. Georges Ideal – es könnte auch Stauffenberg beeinflusst haben, der sich früh für eine Militärlaufbahn entschied und "eine glänzende Karriere" vor sich hatte.

Als Verfechter einer "soldatischen Staatsauffassung" seien Recht, Gesetz und Ehre seine dominierenden Wertekategorien gewesen, betonte Doris Astrid Muth. Die Lösung der Krisen der Zwanzigerjahre habe er in einer Gesellschaftsordnung mit einem geistigen Führer der Eliten an der Spitze gesehen. Dies sei Hitler zwar nicht gewesen, dennoch habe der junge Graf dessen Ernennung zum Reichskanzler begrüßt. "Auf die Pogromnacht 1938 reagierte er zwar mit einiger Empörung und der Befürchtung, das Ansehen Deutschlands könnte Schaden nehmen, aber von einer prinzipiellen Gegnerschaft zum Regime war zu diesem Zeitpunkt noch keine Rede", sagte die Historikerin.

Der Begeisterung über die Erfolge der Wehrmacht folgte jedoch die Ernüchterung. Immer deutlicher seien Stauffenberg "die Fehlentwicklungen in der Kriegsführung" bewusst geworden. "Hinzu kam der systematische Völkermord in den besetzten Gebieten." Dies alles habe sein soldatisches Ethos außer Kraft gesetzt, erläuterte die Referentin, die die Jahre 1942/43 als Phase der Wende beschrieb.

Um "zu retten, was noch zu retten war" setzte er am 20. Juli 1944 die Pläne der "Operation Walküre" in die Tat um. Doch der Anschlag auf Hitler misslang, Stauffenberg wurde hingerichtet. Sein Weg vom Anhänger zum Gegner sei lang und widersprüchlich gewesen und nach Kriegsende habe man sich mit der Beurteilung seines Verhaltens schwer getan. Doch dass er für Deutschland sein Leben und das seiner Familie in die Waagschale geworfen habe – dafür gebühre im Respekt und Anerkennung.