Diese Ansichtskarte "Gruß aus Bisingen" zeigt die Gemeinde, wie sie vor Jahrzehnten aussah. Einige abgebildete Gebäude sind längst abgerissen und nur noch ältere Bisinger erinnern sich, wo sie einst standen. Foto: Wahl Foto: Schwarzwälder-Bote

Von vielen Bisinger Gebäuden gibt es nur noch sehr wenig Abbildungen

Von Jörg Wahl

Bisingen. Trotz SMS und WhatsApp sind Postkarten auch heute noch ein beliebtes Mittel, aus dem Urlaub Grüße zu verschicken. Früher waren sie sogar das einzige Kommunikationsmittel, und so geben Postkartensammlungen auch Aufschlüsse über vergangene Zeiten.

Geblieben ist bis heute, dass die Karten an Freunde oder Verwandte möglichst reich bebildert sind, um einen guten Eindruck vom Urlaubsziel zu geben. Die Bedeutung für die Tourismuswerbung wurde schnell erkannt, schon früher hatte jede Gemeinde eigene Ansichtskarten, meist allerdings in Schwarz-Weiß, denn farbige Abbildungen waren teuer.

Verkauft wurden die Karten in Wirtshäusern. Neben Keksen und Schokoladentafeln stand meist auch ein Kartenständer auf dem Schanktisch neben dem Bierhahn. Heute werden die Karten im Schreibwarengeschäft verkauft, und die meisten sind natürlich farbig.

Was gar nicht jedem bewusst ist: Die Karten haben dokumentarischen Charakter, sie zeigen einen Ort zur Zeit ihrer Entstehung. Wer wissen will, wie ein Ort früher aussah, hat oft Postkarten als einzige überlieferte Bildquelle. Sie zeigen markante Gebäude, Straßenzüge oder ganze Ortslagen, die im Lauf der Zeit vollständig verändert wurden.

Eine Ansichtskarte "Gruß aus Bisingen" zeigt etwa einen Anblick aus den 70er-Jahren, den höchstens noch ältere Einwohner kennen. Wo heute der Marktplatz ist, links die Volksbank Hohenzollern-Balingen steht und rechts die Hohenzollernhalle, befanden sich früher das alte Schulhaus, das Kaufhaus Emil Mayer und die damalige Raiffeisenbank. Der Klingenbachs lag noch offen und konnte über Holzbrücken passiert werden.

Kleiner Kirchturm der Nikolauskirche hatte noch keine Zwiebel

Erstaunlich auch, dass der kleine Kirchturm der Nikolauskirche noch keine Zwiebel hatte. Die Straßen waren noch nicht befestigt, die Bisinger Friedhofskapelle (Wendelinuskapelle) ist zu sehen, die 1842 erstellt wurde. Die Burg Hohenzollern war natürlich auch ein beliebtes Kartenmotiv. Gerne wurden auch Gasthäuser als Kartenmotiv gewählt. Ein Blick auf die Hauptstraße zeigt das Gasthaus Löwen und das Gasthaus Hohenzollern, das Anfang der 80er-Jahre abgerissen wurde, um Platz für das neue Gasthaus Hohenzollern und die Hohenzollernhalle zu schaffen. Dass über dem Bild fälschlicherweise "Gasthof Kaiserhof" steht, dürfte Gästen kaum aufgefallen sein.

Im Hintergrund sind erkennbar das bis 1988 noch bestehende Einzelhandels-Lebensmittelgeschäft von Emma Schilling. Sie führte es in der dritten Generation. Sie verkaufte Kolonialwaren, aber das Haus verfügte auch über ein Brennrecht, so dass hier auch Schnaps im Verkaufsregal stand.

Dahinter das querstehende Haus gehörte einst Benedikt Hodler. Heute stehen dort der KIK-Markt und das Parkdeck. Rechts davon die Frontansicht des Kaufhauses Mayer, das ebenfalls über viele Jahrzehnte und Generationen Bestand hatte.

Viele solcher Ansichtskarten ruhen heute noch in Kartons, Alben oder Schuhkartons auf der Bühne oder im Keller. Sollte jemand einen solchen Fund machen, dann ist der Heimatverein Bisingen auf jeden Fall daran interessiert. Diese Schätze dürfen nicht im Altpapier landen.