Bisingens Heimatdichterin Emmi Hodler erinnert sich gerne an frühere Zeiten

Von Jörg Wahl

Bisingen. Das Ortsbild von Bisingen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten gewaltig geändert. Heimatdichterin Emmi Hodler erinnert sich gern an diese Zeiten zurück.

"Vor über 60 Jahren sah es noch anders aus", erzählt sie. Über viele Jahre habe die Landwirtschaft die Bisinger vor der größten Not bewahrt.

Dann sei der Fortschritt gekommen, erinnert sich Hodler. "Man brauchte nicht mehr zu sparen." Es gab zahlreiche Fabriken, hunderte Heimarbeiterinnen fanden Beschäftigung. "Ich sehe noch die vielen Lädle ehe man den Ortskern saniert hat", plaudert Emmi Hodler. Hier und da habe man ein Schwätzle gehalten. "Es hat noch nicht so pressiert wie heute", sagt sie.

Bescheiden und klein seien die Läden gewesen. Zum "Schilling", später "beim Emmale" genannt, seien die Kinder nach der Christenlehr’ mit ihrem Sonntagsgeld hingerannt. "Ein wenig Bärendreck oder Brocken gab es dafür und wenn vorne zu war, ging man auch durch die Hintertür", erzählt die Bisinger Heimatdichterin weiter.

Auch zwei Hutmacherinnen gab es im Flecken. Und zwei Sattler. In der Molke konnte man frische Milch kaufen und abends habe man viele Leute mit ihren Milchkannen laufen sehen. Drei Metzger gab es damals in Bisingen. Hausschlachtungen waren der Brauch. Schuhmacher durften ebenfalls nicht fehlen, denn kaputte Schuhe wurden noch repariert. Natürlich habe es auch Friseure gegeben, aber: "Kindern schnitt man die Haare selbst, dies war billiger."

Die Hebamme habe Erfahrung und Energie gehabt und die Ärzte waren sehr geschätzt. Eine Apotheke habe es noch nicht gegeben, dafür eine kleine Drogerie und genügend Wirtshäuser. Selten hätten die Menschen dort zu Mittag gegessen, aber es gab den Stammtisch und man sei beim Karten spielen oder nach der Kirche zusammen gesessen. Für Veranstaltungen gab es noch keine Hohenzollernhalle. Im Saal der Gasthäuser wurde getanzt. "Man rückte zusammen, kannte des anderen Freud und Leid, wo der Schuh drückte."

Durch das so genannte Ausschellen wurde bekannt gemacht, was im Flecken wichtig war. In der Mühle am Klingenbach wurde das Korn gebrochen. Es gab Mostereien, der Löwenwirt habe sogar Schnaps gebrannt.

Josef Vogt habe damals mit seinem Fotogeschäft begonnen. Emmi Hodler erinnert sich: "Ganz früher gab es den Hoffotograf Severin Schoy, er war in den 1950er Jahren schon ein alter Mann."

Eine Wäscherei gab es in der Kirchgasse. Beim Birkle konnte Geld eingezahlt und auch geborgt werden. Drei Nonnen führten einen Kindergarten, das Lernen fürs Leben habe für die Kinder in der Fröbelstraße begonnen. In der Siedlung Hohenlaien fanden Flüchtlinge und Vertriebe nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Heimat. Deren Kinder durften die ersten Jahre in die Gutenbergschule, denn die alte Klingenbachschule wurde geräumt.

Emmi Hodler fasst ihre Erinnerungen zusammen: "So rege und betriebsam war damals der Ort. Er ist es noch heute, halt anders." Der Zahn der Zeit habe an vielem genagt, aber sie wolle dennoch nicht fort aus Bisingen. "Aber", gibt sie zu bedenken, "die vielen kleinen Lädle und Fabriken von damals waren für den heutigen Wohlstand die gehaltvolle Grundessenz."