Rolf Vogt hat im Hohenzollerischen Landesmuseum über die Geschichte des Bisinger Fliegerhorstes gesprochen. Foto: Wais Foto: Schwarzwälder-Bote

Geschichte: Rolf Vogt erzählt im Hohenzollerischen Landesmuseum von geheimen Planungen im zweiten Weltkrieg

Historiker Rolf Vogt hat die Geschichte des Bisinger Fliegerhorstes aufgearbeitet. Er zeigte in seinem Vortrag am Dienstag im Hohenzollerischen Landesmuseum auf, wie das Deutsche Reich über Jahre den Zweiten Weltkrieg minutiös "vorbereitete".

Von Eberhard Wais

Hechingen/Bisingen. Dort, wo sich heute teilweise das Gewerbegebiet Bisingen-Nord erstreckt und auf den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen war in den 30er- und 40er-Jahren ein Rollfeld für einen Fliegerhorst. Dessen Geschichte hat der Historiker Rolf Vogt in einem Vortrag des Hohenzollerischen Geschichtsvereins den rund 100 Zuhörern dargelegt.

Die geheimen Vorplanungen waren bereits Mitte der 1930er-Jahre angelaufen, als das Deutsche Reich ganz im Geheimen den großen Angriffskrieg vorbereitete. Hierzu zählte auch dieses Rollfeld mit der dort stationierten Jagdgeschwadergruppe. Als der Plan 1936 publik wurde, hatten die betroffenen Landbesitzer, zumeist Bauern, keine andere Wahl als der "freiwilligen" Verpachtung der 75 Hektar großen Fläche auf zehn Jahre zuzustimmen. In diesem Zeitraum wurde wohl die nationalsozialistische Expansion kalkuliert.

Zudem traf das Projekt die nationale Euphorie, die in den Vorkriegsjahren im Deutschen Reich herrschte. Anhand von Luftbildern demonstrierte Rolf Vogt eindrucksvoll die damaligen Planungen. Ein Vergleich mit heute zeigt, dass einzelne Bauteile wie ein Bunker erhalten sind. Im damaligen Kommandanturgebäude ist heute der Bisinger Bauhof untergebracht. Die Bauarbeiten standen unter der Leitung des Bauführers Julius Wachendorfer, der nach dem Krieg Kreisbaumeister war.

Fliegerhorst fungierte als Vorwand zur Verschleppung

Der Fliegerhorst hatte die Eingemeindung Steinhofens nach Bisingen zur Folge und musste zudem als Vorwand für die Vertreibung und spätere Verschleppung der "asozialen Elemente", der "Zigeuner", herhalten. Ihnen und ihrem Fürsprecher, dem Gastwirt der "Sonne", Julius Kling, widmete Vogt einen ausführlichen Exkurs. Als das Flugfeld und der Fliegerhorst 1938 fertig waren und in Wartestellung standen, wurde er zur großen Attraktion der lokalen und regionalen Bevölkerung. Ganze "Völkerwanderungen" sollen sich dorthin bewegt haben, so dass die Verantwortlichen und der Bürgermeister sogar zu drastischen Regelungen und Verboten greifen mussten.

Das galt natürlich nicht für die Stippvisite von Hermann Göring im August 1939, der auf Einladung eines Burladinger Industriellen zur Jagd nach Hermannsdorf kam. Hier waren jubelnde Zuschauer sehr wohl gefragt. Eine Woche vor Kriegsbeginn wurde der Fliegerhorst aktiviert. Kommandant war Hauptmann Hans Schmoller.

Neben den knapp 40 Jagdflugzeugen zogen Nachrichteneinheiten und Flugabwehrkanonen auf. Der Grosselfinger Geschwaderteil nahm an verschiedenen Luftkämpfen teil, rückte dann aber der schnell vorrückenden Front im Frankreichfeldzug nach, bis er schließlich am Luftkrieg gegen England beteiligt war.

Bis dahin hatte die Luftwaffe auch in Hechingen immer mehr Personal konzentriert, beispielsweise im Gymnasiumsgebäude, kommandiert von Robert Ritter von Greim, zuletzt Generalfeldmarschall und zum Kriegsende kurzfristig zum Nachfolger Hermann Görings ernannt.

Dann war der Fliegerhorst über Jahre nicht mehr wichtig, wurde zum Ausbildungszentrum für Landesschützen. Erst als sich die Front nach der Invasion wieder zurück in Richtung Deutschland verlagerte, wurde für kurze Zeit auch der Fliegerhorst wieder aktiviert. Wenngleich mit wenig Auswirkungen, denn nun fehlten einsatzfähige Maschinen. Dennoch gab es rund um den Horst und im ganzen Landkreis immer wieder Luftangriffe und Bombenabwürfe, meist auf dem Rückflug der alliierten Bombergeschwader von anderen großen Einsätzen in Süddeutschland.

Zollernalb wurde ab 1944 selbst zum Kriegsgebiet

Ab 1944 wurde auch die Zollernalb selbst zum Kriegsgebiet. Vogt listete die Ziele minutiös auf. Nicht nur in Ebingen gingen Bomben nieder, sondern auch Grosselfingen, Bisingen, Steinhofen, Hechingen wurden Angriffsziele, vor allem der Jagdbomber, die vorwiegend Personenziele angriffen.

In Hechingen und vor allem auf dem Lindich wurden größere Einheiten stationiert. Der Fliegerhorst nahm auch an einem der letzten unsinnigen Kraftakte der deutschen Luftwaffe, der "Aktion Bodenplatte", teil, bei der alliierte Flugplätze in Frankreich, Belgien und den Niederlanden angegriffen wurden. Doch der Angriff endete in einem verheerenden Fiasko.

Die Alliierten planten eine Aktion, bei welcher Luftlandetruppen auf dem Grosselfinger Rollfeld landen sollten, aber die ungestüm vorpreschenden französischen Bodentruppen nahmen Hechingen und Sigmaringen sowie die Ortschaften vorzeitig. Dadurch kam unter anderem die "Alsos-Mission" auf dem Landwege nach Hechingen und Haigerloch. Sie war auf der Suche nach den deutschen "Kernphysikern".

Die Franzosen beschlagnahmten den Fliegerhorst, Teile wurden zerstört, anderes von der deutschen Bevölkerung nach Kriegsende vollständig geplündert. 1949 wurden die Flächen wieder ihren Besitzern zurückgegeben. In die Mannschaftsbaracken zogen erst internierte Deutsche, dann Flüchtlinge ein.

Vogt übt in Schlusswort Kritik an Krieg führenden Nationen

Hatte sich Vogt während des eigentlichen Vortrages mit Wertungen weitgehend zurückgehalten, nutzte er sein Schlusswort doch für eine deutliche Kritik an allen Krieg führenden Nationen, bis in die jüngste Gegenwart. Leider seien Lufteinsätze bis heute ein zentrales Mittel der Kriegsführung geblieben.