Fleisch ist nach dem Ernährungsreport 2017 die Leibspeise der Bundesbürger: 53 Prozent der Verbraucher hierzulande essen am liebsten Fleischgerichte. Foto: dpa-tmn

Billiges Grillfleisch vom Discounter steht aktuell in der Kritik. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Billigfleisch vom Discounter zusammengestellt – und geben Tipps, worauf Verbraucher beim Einkauf achten sollten.

Berlin - Der Schweinenacken ist für 1,99 Euro zu haben. 600 Gramm schwer und fertig mariniert. Das Billig-Angebot in der Fleischtheke von Aldi Süd ist nur eines von vielen, mit denen Discounter um die Einkaufskraft der Kunden buhlen. Doch für einen ihrer Einkäufer ist das Unternehmen einen Schritt zu weit gegangen: Er hat das Angebot in einem Facebook-Post als „einfach nur krank“ bezeichnet. Mittlerweile reagierten über 46 000 Menschen darauf – und fragen sich, wie ein solcher Preis möglich ist.

Wie können es sich Unternehmen leisten, Fleisch für so wenig Geld anzubieten?
Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Die Produktion und Verarbeitung von Schweinefleisch ist ein Prozess, in dem um jeden Cent gerungen wird. Wie viel Euro pro Schwein Bauern, Schlachthöfe oder der Einzelhandel am Ende verdienen, ist nur schwer abzuschätzen. „Aber bei 1,99 Euro pro 600 Gramm kann der Gewinn nicht sonderlich groß sein“, sagt Mechthild Cloppenburg von der wirtschaftsnahen Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). Die Expertin schätzt, dass der Händler mit solchen Lockangeboten darauf spekuliert, dass die Kunden auch weitere Produkte bei ihm kaufen, so dass unterm Strich doch ein Plus herausspringt.
Was sind die Folgen für die Erzeuger?
Für die Erzeuger sind solche Billigpreise nicht zu halten. „Der Preiskampf des Handels über Billigangebote im Fleischbereich führt auf Dauer zu Qualitätseinbußen“, heißt es beim Bund der Verbraucherzentralen. Kleine Betriebe, die nur wenige Tiere halten, können nicht so kosteneffizient arbeiten wie die großen und gehen zugrunde. Zudem gehen die Niedrigpreise zulasten des Tierwohls: „Alle Tierschutzmaßnahmen, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen, kosten Geld“, so die Verbraucherschützer. „Je geringer die Erlöse sind, umso geringer ist der finanzielle Spielraum für freiwillige Maßnahmen.“
Wie setzt sich der Fleischpreis normalerweise zusammen?
Derzeit liegt der Schweineschlachtpreis relativ konstant bei rund 1,80 Euro pro Kilo. Wie sich der Verkaufspreis im Laden entwickle, hänge von mehreren Faktoren ab, sagt der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands (DBV), Bernhard Krüsken. Zum einen man aus dem Schlachtkörperpreis noch Knochen und andere schwer verwertbare Teile herausrechnen.Dafür die Schlacht-, Zerlege-, Verpackungs- und die Logistikkosten hinzurechnen. Das übrige Fleisch wird in Einzelteile wie Schinken, Nacken oder Lende zerlegt, die ebenfalls unterschiedliche Preise erzielen. Hinzu kommt die schwankende saisonale Nachfrage nach einzelnen Teilstücken. Vor Weihnachten seien Filet und Schinken gefragter, sagt Krüsken. Jetzt, zur Grillsaison, greifen viele Kunden zum Schweinenacken. Regional und je nach Größe der Betriebe können die Preise ebenfalls stark abweichen. „Grundsätzlich kann man aber sagen, dass die 1,99 Euro unterhalb des Einkaufspreises für diese Teilstücke liegen“, sagt Krüsken.
Was kann gegen solche Dumpingpreise unternommen werden?
Eigentlich darf der Handel ein Produkt nicht unter dem Einstandspreis, also dem Einkaufspreis, verkaufen. Wenn aber der Schweinepreis unter Druck gerät, seien auch die Einstandspreise niedrig, so der Bauernverband. Hinzu kommt, dass Aldi das Grillfleisch im Rahmen einer zeitlich begrenzten Aktion für 1,99 Euro anbietet. Eigentlich, so heißt es bei dem Discounter, liege der Standardpreis bei 2,79 Euro. Das ergibt umgerechnet einen Kilopreis von 4,65 Euro – was laut DBV-Generalsekretär Krüsken ebenfalls noch viel zu billig ist. Er hofft auf die Vernunft der Verbraucher: „Solche Preise zeigen einem doch, dass es offensichtlich an der Wertschätzung für hochwertige Lebensmittel mangelt.“
Worauf können Verbraucher bei der Qualität des Fleisches achten?
Zum einen gibt es verschiedene Qualitätssiegel, die an die Betriebe vergeben werden. Diese prüfen Merkmale wie Sicherheit, regionale Herkunft oder artgerechte Tierhaltung – allerdings mit unterschiedlichen Standards. Auch bei Biofleisch kann man als Verbraucher nicht in jedem Fall davon ausgehen, dass es aus artgerechter Tierhaltung stammt. Denn es gibt Unterschiede: Das allgemeine EU-Siegel ist weniger streng als die speziellen Siegel von deutschen Bioanbauverbänden wie Demeter oder Bioland. „Wichtiger, als darauf zu achten, ob das Fleisch bio ist oder nicht, ist eine gute Tiergesundheit und ein gutes Management im Betrieb“, sagt Krüsken. Denn es gibt Betriebe, die zwar zig Siegel vorweisen könnten, doch wenn die Rinder oder Schweine dort ständig krank würden, sei das für die Qualität des Fleisches auch nicht gut.