Andre Baumann und Markus Ellinger posieren mit einem Uhu: Beim "Uhu-Verhör" sind die Teilnehmer unterwegs gewesen, um den nachtaktiven Vögeln zu lauschen. Fotos: Grimm Foto: Schwarzwälder-Bote

Uhuverhör: Vom Naturschutzzentrum Obere Donau aus machen sich Menschen auf, dem Vogel zu lauschen

Auf schmalen Pfaden waren die Teilnehmer beim "Uhu-Verhör" unterwegs, um den nachtaktiven Vögeln zu lauschen: ein seltenes Erlebnis.

Beuron. Lauschend hat Ute Raddatz vom Naturschutzzentrum Obere Donau eine Hand hinter die Ohrmuschel gelegt, Naturpark-Ranger Markus Ellinger richtet mit ruhigen Bewegungen sein Spektiv in Richtung Felsen aus. Von dort ist ein sanftes "Buh" zu hören gewesen. Andre Baumann, Staatssekretär im Umweltministerium, justiert sein Fernglas, als ein zweiter, hellerer Ruf zu hören ist. "Das ist ein Pärchen", sagt er leise. Der gelernte Biologe, Ornithologe und tätige Politiker strahlt, wie ebenso der Ranger, übers ganze Gesicht, denn das Orten von gleich zwei der Großeulen ist ein echter Glücksfall.

Hoch oben vom einem Donaufelsen erhebt sich ein großer Vogel und gleitet lautlos in der Dämmerung auf die andere Seite der Donau. "Massiger Körper, verhältnismäßig kurze Flügel, das ist ein Uhu", befindet Ellinger. Die Menschen-Gruppe, die am frühen Abend vom Haus der Natur auf schmalen Pfaden entlang der Donau unterwegs ist, nimmt aktiv am "Uhu-Verhör" teil. "Verhör deshalb, weil man den nachtaktiven Uhu selten sieht, aber in der Regel gut hört", erläutert Ute Raddatz. "Von diesem Verhör erhoffen wir uns aktuelle Daten zum Uhubestand im Donautal."

Rund 60 Personen aus unterschiedlichen Organisationen wie Forstamt, Naturschutzbehörden, AG Wanderfalkenschutz, Naturschutzbund, Schwäbischer Albverein, Bergwacht, Kletterver-bände und private Forstver-waltungen sind an diesem Donnerstagabend im Einsatz. Bernhard Obert, Leiter des Umweltamts im Landratsamt Sigmaringen, ist mit dabei. Eingeteilt in Bezirke gehen die Teilnehmer auf die Pirsch, um an verschiedenen Stellen Horchposten zu beziehen. Ellinger hat neben dem Spektiv – ein Beobachtungsfernrohr – auch Stift und Block dabei, um den genauen Standort der auditiven Wahrnehmung zu registrieren. Mehrfach ist während der Exkursion der für einen so großen Vogel erstaunlich leise Ruf des Uhus zu hören.

Immer wieder bleibt die Gruppe minutenlang stehen, um auf die Geräusche der Natur zu lauschen. Leise plätschert die Donau, eine Stockente quakt energisch, als wolle sie die Eindringlinge verscheuchen, und hoch droben am sich langsam verdunkelnden Himmel brummt ein Flugzeug. Da: wieder ein verhaltenes "Buhu". Mit dem Spektiv sucht Ellinger die Felsen ab, doch das Fernrohr, für Tageslicht gemacht, versagt wegen Lichtmangels langsam den Dienst.

Auf dem Rückweg entlang des jenseitigen Donauufers erklingt entfernt der Ruf eines Waldkauzes, dessen schauriger Tom gerne in Filmen eingesetzt wird, um gruselige Stimmung zu erzeugen. "Den kann man anlocken", erklärt Baumann. Auf Drängen einiger Gruppenmitglieder formt er die Handflächen zu einem Hohlraum und lässt das bekannte "Hu-huuu" ertönen. Und tatsächlich: Kurze Zeit später kommt der Antwortruf aus der Nähe. "Das lassen wir aber jetzt", meint der begeisterte Vogelkundler. Da sich die Vögel in der Balz befänden und der Ruf die Reviermarkierung des männlichen Kauzes sei, "sollten wir nicht weiter stören".

Rund 20 Vögel sind im Donautal verzeichnet

Zurück im Haus der Natur macht sich der Naturparkranger daran, die zusammengetragenen Daten auszuwerten. Zwischenzeitlich ist auch Landrätin Stefanie Bürkle eingetroffen, die das überaus erfolgreiche Wirken des Naturschutzzentrums hervorhebt. Staatssekretär Baumann zeigt sich hochinteressiert an der Arbeit und fragt nach Schwerpunkten und Bedürfnissen des Naturschutzzentrums. Er teilt mit, dass die Mittel für den Naturschutz noch einmal gesteigert werden sollen, vor allem "sehr viel stärker in der Fläche", und bezeichnet es als Aufgabe und Pflicht, die Schöpfung zu bewahren und die Natur in einen guten Zustand zu bringen. Rund 20 Uhus soll es laut Auswertung im Donautal geben.

Baumann informiert, dass aufgrund jahrelangen Pestizideinsatzes die "Biomasse an Insekten" um bis zu 80 Prozent zurückgegangen sei, was zu einem massiven Rückgang der Vögel geführt habe. "Das ist alles andere als trivial – es ist eine Katastrophe." Nur zusammen mit engagierten Menschen vor Ort und Naturschutzzentren, die er "Netzwerk des Lebens" nennt, sei der Trend zu stoppen.

 Das Uhuverhör erbrachte, dass das Donautal durchgängig mit Uhus besiedelt ist. Zwei neue Standorte sind durch die Aktion gefunden worden. So ist eine "Königin der Nacht" am Schlossfelsen in Sigmaringen geortet worden. Eine andere hat sich bei Sigmaringendorf angesiedelt.