Ein Aushang mit Symbolwirkung: Wohin es in der und für die Kirchengemeinde Balingen-Ost jetzt geht, steht bislang nur theoretisch und in Form von Paragrafen der Kirchengemeindeordnung fest. Foto: Maier

Ortskirchliche Verwaltung für Kirchengemeinde Balingen-Ost notwendig. Hruby vertritt Seisser.

Balingen - Wie geht es in der evangelischen Kirchengemeinde Balingen-Ost organisatorisch nun weiter? Das ist die große Frage, nachdem der Kirchengemeinderat am Sonntag geschlossen zurückgetreten ist.

Die evangelische Kirchengemeinde Balingen-Ost ist seit Sonntag faktisch führungslos. Denn: "Kirchengemeinderat und Pfarrer leiten gemeinsam die Gemeinde." So steht es in der württenbergischen Kirchengemeindeordnung.

Das bedeutet, dass der hauptamtliche Seelsorger und das Gremium "die Kirchengemeinde nach wirtschaftlichen Kriterien und in theologischer beziehungsweise geistlicher Hinsicht leiten", wie es das aktuelle Handbuch für Kirchengemeinderäte formuliert. Doch in Balingen-Ost ist nach den Rücktritten und Pfarrerin Angelika Schoblochers Weggang niemand mehr da, der Entscheidungen fällen darf.

Das wird sich erst kommende Woche am Mittwoch, 6. September, ändern, wenn Pfarrer Christof Seisser aus dem Urlaub zurückkehrt und seine neue 50-Prozent-Stelle antritt sowie die vakanten 50 Prozent vertritt. Ab dann hat der Heselwanger Pfarrer die Geschäftsführung für beide Gemeinden inne.

Ganz ohne Pfarrer müssen die evangelischen Christen in Balingen-Ost zwischen 1. und 5. September indes nicht auskommen: Für diese Tage übernimmt der Ostdorfer Pfarrer Johannes Hruby die sogenannte Kasualvertretung; das heißt, bei Todesfällen, Taufen und dringlicher Seelsorge ist er für die Gläubigen da.

Dass ein Kirchengemeinderat geschlossen zurücktritt, "mag es schon gegeben haben", sei in den vergangenen Jahren aber nicht vorgekommen, berichtet Andreas Föhl, Medienbeauftragter in der Prälatur Reutlingen und im Kirchenbezirk Tübingen.

Für solche und andere Fälle, in denen Gremien starke personelle Veränderungen erleben, gibt es eine Regelung, damit die Kirchengemeinde handlungsfähig bleibt: Der Oberkirchenrat löst den Rat formell auf und setzt eine "ortskirchliche Verwaltung" ein. Das komme relativ selten vor, erläuert Föhl: "In den rund 1300 Kirchengemeinden der Evangelischen Landeskirche in Württemberg gibt es derzeit höchstens eine Handvoll."

Lösung bis zur KGR-Wahl

Für Balingen-Ost bedeutet das, dass Pfarrer und Kirchenbezirk nach Gemeindemitgliedern schauen müssen, die bereit sind, für die verbleibenden zwei Jahre bis zur Wahl 2019 die Leitung der Gemeinde mit zu übernehmen.

"Die Rücktritte bedauere ich sehr", sagt Dekan Beatus Widmann. Allerdings seien diese teilweise bereits seit 2013 absehbar gewesen: Ein Teil der Gremiumsmitglieder hätte schon damals deutlich gemacht, nicht bis zum Ende der Wahlperiode zur Verfügung zu stehen, falls der umstrittene Pfarrplan 2018 umgesetzt werde; beides ist mit der Aufspaltung der Pfarrstelle Balingen-Ost und dem Abschied Pfarrerin Schoblochers nun eingetreten. Man müsse nun Menschen gewinnen, die bis 2019 in der ortskirchlichen Verwaltung mitarbeiten, sagt Widmann. Außerdem könne die angedachte Fusion mit der Kirchengemeinde Heselwangen womöglich schneller kommen als gedacht.

Seite 2: Vorgehen gemäß Kirchengemeindeordnung

Paragraf 35 der Kirchengemeindeordnung (KGO) sagt über die ortskirchliche Verwaltung in Absatz 1 folgendes: »Der Oberkirchenrat bestellt eine ortskirchliche Verwaltung, (...) wenn innerhalb von zwei Jahren mehr als die Hälfte der gewählten Mitglieder nachgewählt werden müssten«. Diese Regelung greift in Balingen-Ost, da dort alle Mitglieder des Kirchengemeinderats zurückgetreten sind.

Die ortskirchliche Verwaltung ist ein Gremium, das aus Gemeindegliedern der Kirchengemeinde besteht und die Aufgaben des Kirchengemeinderats bis zu einer Neuwahl übernimmt.

Über die Dauer dieser provisorischen Lösung steht in Absatz 2: »Die ortskirchliche Verwaltung nimmt die Aufgaben des Kirchengemeinderats so lange wahr, bis ein Kirchengemeinderat gewählt worden ist. Die Wahl soll spätestens zwei Jahre nach Bestellung der ortskirchlichen Verwaltung erfolgen.« Da die nächsten regulären Kirchenwahlen im Herbst 2019 stattfinden, wird die ortskirchliche Verwaltung in Balingen-Ost voraussichtlich bis dahin im Amt sein.