Wer vom Rettungsdienst über die Liegendeinfahrt in die ZNA gebracht wird, kommt zunächst in den Schockraum. Davor stehen (von links) Oberarzt Arnulf Breuer, der pflegerische Leiter Michael Oberle, Koordinatorin Sandra Lutz, Oberarzt Oliver Kinder und ZNA-Chefin Katharina Schmid. Foto: Ungureanu

Balinger Krankenhaus unter die Lupe genommen. Abteilung für gut befunden.

Balingen - Über das Balinger Krankenhaus erzählt man sich schmunzelnd, dass die Patienten wohl hinein-, aber nie wieder hinausfinden würden. Spaß beiseite: Bereits nach einem kurzen Besuch in der Zentralen Notaufnahme (ZNA) ist klar: Zumindest für diese Abteilung trifft das nicht zu. Sie gehört zu den ersten fünf Einrichtungen, die in Deutschland von DIOcert zertifiziert worden sind – mit sehr gutem Ergebnis.

Wer zu Fuß durch den Haupteingang kommt und den Schildern folgt, gelangt an die Leitstelle, wo die Versichertenkarte schon mal erfasst wird. Die Daten werden an den Koordinator in der ZNA weitergeleitet, wo sie nach dem MTS, dem "Manchester Triage System", vorsortiert werden. Mit dem Ergebnis, dass die, die weniger schwer erkrankt oder lädiert sind, länger warten müssen als echte Notfälle. Kurz: Die Weiterbehandlung wird organisiert.

Aber was ist ein echter Notfall, was nicht? Ist es ein Stechen in der Brust, ein Schwindelanfall, ein verstauchtes oder gebrochenes Bein? Oder hohes Fieber, Schmerzen im Oberbauch, ein ansteckender Magen-Darm-Keim? Oder hat der Patient am Wochenende einen über den Durst getrunken und braucht eine Ausnüchterung? "Jeder, der zu uns kommt, fühlt sich als medizinischer Notfall", weiß Oberarzt Thorsten Doneith. Aber auch Patienten, die keine echten Notfälle sind, würden "aus der Not heraus" kommen, weiß der Notfallmediziner, der sich um die internistischen Fälle kümmert. Auch sie werden nicht nach Hause geschickt: Sie werden diagnostiziert, behandelt, einer bestimmten Abteilung zugewiesen, stationär aufgenommen oder entlassen. Nicht zu vergessen die Liegendpatienten, die vom Rettungsdienst durch den Hintereingang gebracht werden.

Was man aus Serien wie "Emergency Room" kenne und in den Nachbarländern gang und gäbe sei, stecke in Deutschland noch in den Kinderschuhen, sagt die leitende Ärztin der Notaufnahme am Zollernalb-Klinikum, Katharina Schmid. Es gebe Anlaufschwierigkeiten, weil deutschlandweit nur wenig Personal für Notaufnahmen spezialisiert sei: "Wir brauchen Generalisten, die alles machen – von EKG, Ultraschall und Röntgen bis hin zum Gipsverband und zur Wundversorgung." Anders gesagt, den "Facharzt für Notfallmedizin". Die zweijährige Zusatzausbildung – 160 Unterrichtsstunden plus Prüfung – gebe es in Deutschland kaum. Parallel dazu brauche auch das Pflegepersonal eine zweijährige Weiterbildung.

Am Monitor im Wartebereich ist es auf einen Blick zu erkennen: Strichmännlein zeigen an, wie viele Patienten sich in lebensbedrohlicher Situation befinden, wie viele im Bettenbereich aufgenommen sind und wie viele auf einen Termin im Sprechzimmer warten. Daneben steht die voraussichtliche Aufenthaltsdauer: 115 Minuten, 90 Minuten. Manche Patienten würden sich über lange Wartezeiten beklagen, räumt Thorsten Doneith ein. Aber die angegebenen Minuten seien gar keine Wartezeiten, sondern die Zeit vom "ersten Kontakt" bis zum Arztbrief: "Blutabnahme, Ultraschall, Röntgen, in der Zeit wird der Patient oft von mehreren Ärzten gesehen."

Im Einsatz ist ausgeklügelte Software wie "Pillpath" oder "Clinpath", die beispielsweise die Medikation mit der Hausliste des Klinikums abgleicht, die Interaktion verschiedener Medikamente aufzeigt oder die Patienten statistisch erfasst: Etwa 40 000 Patientenkontakte werden es bis zum Jahresende sein, schätzt Katharina Schmid. Durchschnittliche Wartezeit bei den schweren Fällen: 3,52 Minuten. Durchschnittliche Wartezeit bei leichteren Fällen: 21,52 Minuten. Sprechstundenpatienten haben im Durchschnitt 39,09 Minuten gewartet. Auf einem Monitor ist abzulesen, in welchem Behandlungszimmer ein Patient liegt, welcher Arzt ihn behandelt, welche Diagnose es gibt, ob jemand den Patienten begleitet. Und anhand der Software kann im Fall einer Beschwerde auch rasch nachgewiesen werden, was wann gemacht worden ist. Auf einem speziellen Monitor wird der Wartebereich auf dem Korridor in Echtzeit gezeigt. Um, wie die Ärzte erklären, sofort einschreiten zu können, falls jemand zusammenklappt.

Die Leitende Ärztin, die drei Oberärzte, vier Assistenzärzte und rund 30 Pfleger und Pflegerinnen der ZNA sind ein eingespieltes Team. Jeder hat seine Zuständigkeiten, jeder der Ärzte auch Erfahrungen als Notarzt: So ist Katharina Schmid Gefäß- und Viszeralchirurgin, Thorsten Doneith kümmert sich als Oberarzt und Allgemeinmediziner um die internistischen Patienten, Oberarzt Oliver Kinder ist Unfallchirurg; hinzu kommen die Oberärzte Arnulf Breuer (Innere Medizin) und Daniel Baltisberger (Chirurgie) als "Bindeglieder" zwischen ZNA und Fachabteilungen des Klinikums. Michael Oberle, seit 30 Jahren am Balinger Krankenhaus, ist als pflegerischer Leiter für die Tagesklinik und das Patientenservice-Center zuständig, Sandra Vucovic als pflegerische Leiterin für den zentralen Bereich der ZNA.

Hilfreich ist die enge Verzahnung mit den Fachabteilungen des Klinikums. Im Zweifelsfall können weitere Fachärzte hinzugezogen werden. "Wir sind eine einzige Anlaufstelle für alles", sagt Katharina Schmid. "Früher hat nicht immer Fachpersonal entschieden, welcher Patient wohin kommt." Und der Patient habe häufig mehrere Stationen durchlaufen müssen.

Am Ende stellt sich heraus: Zum Ausgang sind es nur wenige Schritte. Von wegen nicht wieder hinausfinden...