Amy (vorne. Mitte) mit ihren Freunden und Betreuerinnen. Foto: Arche Foto: Schwarzwälder-Bote

Gelungene Inklusion: Kind mit Charge-Syndrom besucht die "Arche" in Streichen / Heute ist Amys Einschulung

Balingen-Streichen. Für Amy geht eine wertvolle Zeit zuende: Das Mädchen mit Charge-Syndrom verlässt den Regelkindergarten "Arche" in Streichen und wird heute eingeschult.

Krabbelnd auf allen Vieren betrat sie zum ersten Mal den Kindergarten. Die Vorzeichen für eine Aufnahme im Regelkindergarten standen laut dessen Leiterin Helga Scheffler schlecht: Die maßgeblichen Ärzte hatten starke Bedenken – nicht nur wegen Amy, sondern wegen der anderen Kinder. Die Prognosen, dass Amy jemals laufen, essen, trinken und verstehen würde, waren nach den ärztlichen Berichten äußerst schlecht.

Das Mädchen hat das Charge-Syndrom. Als Folge eines Gendefekts leidet es unter anderem unter starken Beeinträchtigungen der Sinnesorgane. Amy benötigt zwei Hörgeräte und hatte starke Probleme beim Verstehen- und Sprechenlernen. Ihre Augen sind beeinträchtigt, der Gleichgewichtssinn fehlt – Laufen würde nur schlecht möglich sein, so die Prognose. Der Schluckreflex ist nicht vorhanden, sodass sie ihre Nahrung durch die Magensonde bekommt. Sie kann den Mund nicht schließen, was ihr das Trinken und deutliches Sprechen sehr erschwert.

Doch Amy habe einen enormen Willen, berichtet die Kindergartenleiterin, und wollte gesunde Freunde, von denen sie lernen konnte. "Deshalb haben wir sie gerne in unserem Kindergarten aufgenommen und die letzten Jahre mit ihr zusammen gelernt."

Am heutigen Samstag wird Amy an ihrem Wohnort eingeschult, gemeinsam mit ihren Freunden. Helga Scheffler beschreibt begeistert: "Sie kann inzwischen essen wie ein Weltmeister, versteht alles, hat einen wachen Verstand und spricht Missstände grundsätzlich an. Sie hat ein großes Herz für andere, ist bei allen Wanderungen dabei und sie schafft beim Dauerlauf 18 Minuten."

Aber nicht nur für Amy war die Zeit im Regelkindergarten gewinnbringend. Auch die Kinder und Erzieherinnen haben viel gelernt: Jeder Mensch habe – egal wie viele Handicaps er hat – seine Stärken, die er zum Wohl anderer einbringen könne. "Amy ist für uns kein behindertes Kind, sondern ein ganz ›normaler besonderer‹, geschätzter und geliebter Mensch", findet die Kindergartenleiterin. Sie hofft, dass alle behinderten oder andersartigen Menschen die Chance bekommen, an ihrem Wohnort Regelkindergarten und -schule zu besuchen.