Kinderärztlicher Notdienst im Zollernalbkreis? Ab Februar Fehlanzeige. Der nächste ist dann in Reutlingen oder Tübingen. Foto: Wüstneck

Neuregelung für kinderärztlichen Notdienst tritt ab 1. Februar in Kraft. Eltern protestieren.

Zollernalbkreis - "Alles Gute", steht über dem Logo der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW). Der Albstädter Kinderarzt Markus Czempiel bezweifelt allerdings, dass wirklich alles gut ist: Ab 1. Februar sollen die Kinderärzte Notdienst in den Portalpraxen der Reutlinger und Tübinger Kinderklinik machen.

Im Einzelnen bedeutet das, dass die bisherige Notdienstregelung Ende Januar ausläuft und die Kinderärzte aus dem Zollernalbkreis und dem Landkreis Sigmaringen dann in Portalpraxen der Kinderkliniken Dienst machen. Der Gegenvorschlag, eine gemeinsame Portalpraxis für die beiden Landkreise im Albstädter Krankenhaus einzurichten (wir berichteten), stieß bei der KVBW auf wenig Gegenliebe.

Erstmals sei von der Neuregelung der kinderärztlichen Notdienste bei einer Informationsveranstaltung im Oktober die Rede gewesen, sagt Czempiel. "Da hat man uns mitgeteilt, dass das so laufen wird. Sollte es triftige Argumente für eine andere Regelung geben, sei man aufgeschlossen." Das war dann aber nicht der Fall: "Unser Vorschlag sei zwar sehr heroisch, aber langfristig nicht zu halten, hieß es." Umfragen hätten ergeben, die längeren Anfahrtszeiten würden keine Rolle spielen, und auch die Wartezeiten seien kein Problem, heißt es in dem Schreiben, das vom stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der KVBW, Johannes Fechner, unterzeichnet ist.

Gleichzeitig wird die "final getroffene und überarbeitete Lösung" vorgestellt. Sie beinhaltet unter anderem, dass nicht nur an den Wochenenden und Feiertagen, sondern auch freitags von 18 bis 22 Uhr Notdienst zu leisten ist. Die Kinderäzte aus Albstadt, Winterlingen, Bitz, Burladingen, Jungingen und Straßberg müssen nach Reutlingen, ihre Kollegen aus Balingen, Hechingen, Burladingen und dem restlichen Landkreis nach Tübingen.

Für Markus Czempiel, dessen Praxis in Tailfingen freitags bis 18 Uhr geöffnet ist, bedeutet das, dass er zwei Stunden früher schließen muss. Und für die kleinen Patienten? Deren Eltern könnten freilich wählen, wo sie hinfahren, heißt es in der Mitteilung der KVBW.

So locker sehen das die Eltern, die mit ihren Unterschriften auf den Listen in den Kinderarztpraxen den Erhalt des Notdienstes im Kreisfordern, freilich nicht: "Es kann doch nicht wahr sein, dass man nach Tübingen fahren muss, wenn von jetzt auf gleich hohes Fieber auftritt und das Kind nicht mehr schlucken kann", schreibt eine Mutter auf der Facebook-Seite des Schwarzwälder Boten Balingen. "Unglaublich, das man die medizinische Versorgung der Kinder erzwingen muss", meint eine andere. "Ich musste auch schon nachts nach Reutlingen fahren, total übermüdet, mit dem Kind im Auto." Ein Leser schlussfolgert: "Da bleibt den Eltern nur übrig, sofort die 112 anzurufen und das Kind mit dem Krankenwagen holen zu lassen." Ein anderer fügt hinzu: "Haben wahrscheinlich ein paar ganz schlaue Sesselfurzer durchgerechnet, dass es so billiger ist. Für mich ist das keine humane Medizin mehr, wenn jegliche Sozialethik den Bach runter geht. Soll ich im Winter auf der Alb bei verscheiten Straßen nachts eine Stunde durch die Gegend fahren?"

"Pfui, schämt euch", schreibt eine Mutter, "wieder mal bei den Kleinsten und Schwächsten gespart." Und eine werdende Mutter: "Mein kleiner Schatz kommt voraussichtlich 2017. Tut mir das nicht an!" "Armselig", heißt es in einem weiteren Kommentar, "Kinder sind unsere Zukunft. Warum kapiert ihr das nicht? Traurig und erschreckend!" In anderen Kommentaren ist zu lesen, dass manche Eltern gar kein Auto haben.

"Wir gehen davon aus, dass wir sehr nahe an Ihrer Wunschlösung liegen", heißt es in der Mitteilung der KVBW an die Kinderärzte. Gleichzeitig wird zugesagt, "eventuell auftretende Unzulänglichkeiten nach Ablauf der Modellphase nachzujustieren". Sprich: Muss erst etwas passieren, ehe justiert wird?