Ganz Balingen ab April eine grüne Umweltzone? Dafür spricht derzeit vieles, insbesondere die Stickstoffdioxid-Werte, die aktuell erneut gemessen wurden und die zum Teil deutlich über dem gesetzlich zulässigen Grenzwert liegen. Foto: Wilkens/  thomas222 / Fotolia.com

Bisherige Nachmessungen bestätigen überhöhte Stickstoffdioxid-Werte in Balingen.

Balingen - Eine Umweltzone für das ganze Balinger Stadtgebiet wird immer wahrscheinlicher. Die bisherigen Ergebnisse der Nachmessungen durch die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) bestätigen, dass deutlich zu viel Stickstoffdioxid in der Luft ist.

Die aktuellen durch die LUBW erfassten Messwerte gab Tiefbauamtsleiter Eduard Köhler am Dienstag im Gemeinderat bekannt. An drei Messpunkten – an der Schömberger Straße in Endingen sowie an der Wilhelm- und der Bahnhofstraße in der Balinger City – wurde seit Ende Dezember in zwei Zyklen von jeweils 14 Tagen Dauer der Stickstoffdioxid-Gehalt erfasst. Fünf der sechs Messergebnisse liegen zum Teil deutlich über dem gesetzlich zugelassenen Grenzwert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft; nur ein Messergebnis der Wilhelmstraße liegt knapp darunter (38). Auffällig ist, dass die in Endingen gemessenen Werte sogar über jenen liegen, die im Januar 2013 registriert worden waren – aktuell waren es 45 und 55 Mikrogramm, vor vier Jahren waren es 42 und 49 Mikrogramm.

Wird der Grenzwert überschritten, ist das Regierungspräsidium Tübingen (RP) gesetzlich dazu verpflichtet, einen Luftreinhalteplan aufzustellen. Ein solcher ist seit Anfang des Jahres auch für Balingen in Kraft: Umgesetzt wurde bisher das ganztägige Tempolimit von 30 Stundenkilometern in der Endinger Ortsdurchfahrt. Eigentlich hätte auch die Umweltzone und damit die Pflicht zur grünen Plakette für Autos zum 1. Januar eingeführt werden sollen, allerdings hatten die Balinger Stadtverwaltung und der Gemeinderat energisch dagegen protestiert und die jetzt erfolgten Nachmessungen gefordert, weil die bisherigen Daten, die als Grundlage für den Luftreinhalteplan dienten, aus dem Jahr 2013 stammten und damit, so die Vermutung, veraltet seien. Anhand von drei Messzyklen soll entschieden werden, ob die Umweltzone erforderlich ist und zum 1. April umgesetzt wird – oder nicht.

Die nun erfassten Daten zeigen, dass sich an der Belastung durch Stickstoffdioxid kaum etwas geändert hat. Oberbürgermeister Helmut Reitemann sagte am Dienstag im Gemeinderat, dass der Trend hin zur Umweltzone klar ersichtlich sei. Die seit 2013 erfolgte Flottenerneuerung – das heißt der seitdem vollzogene Austausch zahlreicher Fahrzeuge durch neuere, vermeintlich schadstoffärmere Modelle – sowie das seit Jahresbeginn geltende Tempolimit in Endingen sowie jenes in der Wilhelmstraße in der Balinger Kernstadt hätten wohl nicht den gewünschten Effekt gehabt.

Mit Blick auf die aktuellen Messwerte sagte Reitemann außerdem, dass diese wohl auch wegen der sehr kalten Temperaturen im Januar und der ausgedehnten Inversionswetterlagen im vergangenen Monat zustande gekommen seien. Rückschlüsse auf die Jahreswerte könnten daraus noch nicht gezogen werden. Nun müsse man, so Reitemann, die Ergebnisse des noch ausstehenden dritten Messzyklus’ abwarten.

Derweil hatte ein Sprecher des Regierungspräsidiums im Gespräch mit unserer Zeitung bereits in der vergangenen Woche angedeutet, dass an einer Umweltzone für ganz Balingen wohl kein Weg vorbei führt. Anhand der Werte der beiden bisher erfassten Messreihen wolle das RP noch keine Entscheidung treffen, allerdings müssten die Ergebnisse des dritten Zyklus schon "sensationell" anders sein als die bisherigen, um auf eine Umweltzone verzichten zu können.

So gesehen kann man nun Wetten darauf abschließen, ob die Pflicht zur grünen Plakette zum 1. April 2017 in ganz Balingen – samt der mitten im Grünen liegenden Ortsteile wie Streichen und inklusive der Bundesstraßen 27 und 463 und damit auch für alle, die hier durchfahren – die grüne Plakettenpflicht kommt oder nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass nicht, ist derzeit verschwindend gering.