Einige Stromkästen sind schon besprüht worden – allerdings unerlaubterweise. Das soll sich jetzt ändern. Foto: Hauser Foto: Schwarzwälder-Bote

Ein soziales Kunstwerk beginnt / 30 Stromkästen in der Balinger Innenstadt werden farbig gestaltet

Von Steffen Maier

Balingen. Sie sind grau, sie sind trist, es gibt sie viele dutzend Mal in der Balinger Innenstadt, sie stehen oft in einer 1A-Lage, aber eigentlich beachtet sie niemand so richtig: Stromkästen. Die unscheinbaren Dinger sollen nun aber, wenn man so will, groß rauskommen.

"Freundliches Balingen – ein soziales Kunstwerk" nennt sich das Projekt, das die Stadtwerke Balingen, die Herren der Stromkästen, sowie die Künstler Michl Brenner und Matze Bartl gemeinsam angehen wollen. Beim Podiumsabend der Kreativgruppe "Freiraum" in der Stadthalle stellten Brenner und Bartl die Idee gestern Abend vor.

30 Stromkästen in der Balinger Innenstadt sollen demnach in diesem Frühsommer zu Kunstobjekten werden. Statt langweilig, grau und trist sollen sie bunt, vielfältig und vor allem freundlich gestaltet werden. Die Stadtwerke waren von dem Vorhaben von Beginn an überzeugt, Zustimmung hat die Aktion auch in den Reihen des Gemeinderats gefunden. "Das steht uns und der Stadt gut zu Gesicht", sagt Harald Schäfer, kaufmännischer Leiter der Stadtwerke. Diese stellen die Stromkästen zur Verfügung, und sie unterstützen die Aktion auch finanziell.

Ganz wichtig: Nicht jeder aber darf einfach künstlerisch loslegen. Michl Brenner und Matze Bartl, in Balingen bekannt als VHS-Dozent und Streetart-Künstler, wählen aus, wer sich vermutlich im Mai und Juni ganz legal an den Stromkästen zu schaffen machen darf (siehe auch Info). Sie bewerten die Entwürfe und schauen auf deren Umsetzung. Grundsätzlich könne sich jeder mit einem Entwurf bewerben, so Bartl – egal, ob mit einem Ölgemälde, einem Comic oder einem Graffito. Wichtig sei allein die Botschaft: "Bitte recht freundlich".

Die Grundidee zu der Aktion stammt von Michl Brenner, Künstler aus Balingen und Dozent unter anderem an der hiesigen Volkshochschule. Als Künstler, so Brenner, versuche er ständig, Ideen in Lebenswirklichkeiten umzuwandeln; er frage sich, ob es möglich sein könnte, so viele Menschen von einer Idee zu begeistern, dass es gelingt, Veränderungen im wirklichen Leben herbeizuführen. Aus diesen Überlegungen heraus entstand das Projekt "Freundliches Balingen".

Die freundliche Gestaltung der Stromkästen sei, so Brenner, dafür der optische Start. Stromkästen, ansonsten gerne Ziel illegaler Graffiti, böten sich dafür prima an. Dass gerade die grauen Dinger künstlerisch aufgewertet werden, sorge nicht nur für eine optische Belebung und Verschönerung der Innenstadt, sondern sei auch ein Zeichen und Schutz gegen Vandalismus. Vor allem aber, so Brenner, dienten die freundlich gestalteten Stromkästen an vielen Stellen als immer wiederkehrende Erinnerung für die "positive Kraft" der Freundlichkeit.

Angelegt ist die Aktion mit den Stromkästen nicht nur auf dieses Jahr, sondern möglicherweise auf Dauer. In den Folgejahren könnten weitere Stromkästen dazu kommen, sodass sich auch immer mehr Balinger daran beteiligen können – wie sich auch generell jeder mit seinen Ideen an dem Gesamtprojekt beteiligen kann. Ziel sei es, so Brenner, "Balingen zur freundlichsten Stadt in Baden-Württemberg zu machen".