Kunst im Rücken (der "Conferencier" von Otmar Alt), Kultur im Kopf – und den Ruhestand vor Augen: Ulrich Klingler zieht sich als Geschäftsführer der Stadthalle Balingen zurück. Foto: Maier

Geschäftsführer der Stadthalle und Macher der Kulturstadt Balingen geht 2015 in den Ruhestand. Mit Kommentar.

Balingen - Er ist der Mann, der Balingen zur Kulturstadt gemacht hat – nun kündigt er seinen Rückzug an: Ulrich Klingler, erster und seit deren Bau einziger Geschäftsführer der Stadthalle, will 2015 in den Ruhestand gehen. Für ihn sei es ein Abschied nach einer tollen, spannenden und aufregenden Zeit, sagte Klingler am Mittwoch.

Überraschend kommt Klinglers Rückzug einerseits nicht, andererseits schon. 2015 wird er 64 Jahre alt, mit 65 hätte er in den Ruhestand gehen müssen. Nun entscheidet er selbst und nicht der Kalender.

Der Entschluss, nach mehr als drei Jahrzehnten vor der Zeit zu gehen, könnte indes mit Entwicklungen in jüngerer Zeit zu tun haben. Mit den Vorgängen rund um die volksbankmesse beispielsweise, an deren Ende er allein als Buhmann dastand. Oder mit dem, wie Klingler gestern selbst sagte, "enttäuschenden Ergebnis" der Heckel-Ausstellung im vergangenen Jahr.

Dass er sein berufliches Engagement als Geschäftsführer der Stadthalle beenden möchte, darüber informierte Klingler am Dienstagabend den Gemeinderat bereits in der nichtöffentlichen Sitzung. Das Gremium, die Stadtverwaltung muss nun einen Nachfolger finden. "Das wird sicher schwer", sagte Oberbürgermeister Helmut Reitemann gestern (siehe Info). Klingler selbst sagte dazu gestern lapidar und bescheiden: "Jeder ist ersetzbar. Auch der Klingler."

Reitemann sagte gestern, dass Ulrich Klingler durch seinen unermüdlichen Einsatz die "traumhafte Entwicklung" der Stadthalle ermöglicht habe. Deren guter Ruf gehe weit über die Grenzen Balingens hinaus. Dazu kämen die Marktplatzkonzerte, das Kulturfestival, das Engagement auf dem Messegelände. Klingler habe durch seine Arbeit die Stadt kulturell reicher und insgesamt "weltoffener" gemacht, so Reitemann.

Dass es einmal so weit kommen würde, das hatte Klingler, wie er gestern sagte, zu Beginn seiner Zeit in Balingen nicht zu träumen gewagt. 1976 war er aus Tübingen der Liebe wegen in die Stadt gekommen, als Referent des damaligen Oberbürgermeisters Eugen Fleischmann. Hier bleiben wollte er eigentlich nicht allzu lange, aber es kam anders: Fleischmann übertrug ihm die Leitung der Stadthalle, die 1981 eröffnet wurde. Klingler baute den Betrieb auf, er managte die Halle klug, kreativ, "unkonventionell", wie OB Reitemann sagt – und erfolgreich.

Durch "glückliche Fügungen" (Klingler) und "Gestaltungskraft" (Reitemann) kam es zu dem, was der baden-württembergische Landtagspräsident Guido Wolf im vergangenen Jahr als "Wunder von Balingen" bezeichnet hatte: den Kunstausstellungen, die zum Alleinstellungsmerkmal wurden. Gemeinsam mit Kurator Roland Doschka stellte Klingler in der Stadthalle Kunstausstellungen auf die Beine, die für eine Stadt der Größe Balingens geradezu fantastisch waren und hunderttausende Besucher anzogen: Monet, Picasso, Chagall.

Die Erfolge weckten Begehrlichkeiten, wie Klingler gestern erklärte. Es habe Angebote gegeben, ähnliche Aufgaben wie in Balingen anderswo wahrzunehmen – beispielsweise in Reutlingen. "Gott sei Dank habe ich das nicht gemacht", sagte Klingler rückblickend. Seine Familie habe ihm desöfteren deutlich gemacht, dass es mehr im Leben gebe als eine Karriere. Heute sei er froh, hier geblieben zu sein – und außerdem ein "stolzer Balinger". Befürchtungen, er könne seinen Aufgabe nun bis zum Eintritt in den Ruhestand ruhiger angehen, wies Klingler klar zurück: "Ich gebe Vollgas – bis zum letzten Tag."

Info: Nachfolger-Suche

Die Stelle des Stadthallengeschäftsführers der Stadt Balingen soll in den nächsten Wochen ausgeschrieben werden. Der genaue Zeitpunkt, wann Ulrich Klingler in den Ruhestand geht, steht noch nicht fest – dieser ist abhängig davon, wann ein Nachfolger gefunden ist, der nach einer Phase der Einarbeitung übernehmen soll. Laut OB Reitemann soll der oder die "Neue" wie bisher Ulrich Klingler auch der Generalmanager in Sachen Kunst und Kultur der Stadt sein. Das sei sinnvoll, weil dadurch der Überblick und die Steuerung aller kulturellen Aktivitäten in einer Hand liegen.

Kommentar: Ohne Klingler?

Steffen Maier

Ohne Ulrich Klingler? Das kann man sich zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht vorstellen. Seit der Eröffnung der Stadthalle war er deren Gesicht. Als jungem Mann von 28 Jahren wurde ihm die Leitung der Stadthalle übertragen, seit dem Jahr 1981 ließ Klingler es als immer ratternder Motor mächtig knattern. Balingen hat nicht nur den Ruf, Balingen ist eine auf kulturellem Gebiet engagierte und interessante Stadt. Das ist zuallererst das Verdienst von Ulrich Klingler. Und dieses wird auch nicht dadurch geschmälert, dass es zuletzt mit den Kunstausstellungen nicht mehr ganz so gut lief. Lediglich kleine Kratzer sind das in einer Bilanz, die sich Ulrich Klingler als junger Mann wohl selbst nicht zu erträumen gewagt hätte. Er mag gehen – er kann es tun in der Gewissheit, ein wichtiges, ein bleibendes Kapitel der Balinger Stadtgeschichte gestaltet zu haben.