Bitte lachen: Dazu muss unser Karikaturist Klaus Stopper nicht wirklich auffordern. Seine Zeichnungen, die seit mittlerweile zehn Jahren immer samstags auf dieser Seite erscheinen, sind witzig genug. Eine Auswahl der Werke ist nun im Friseursalon "Jung!Frey" in Balingen zu sehen. Karikatur: Stopper Foto: Schwarzwälder-Bote

Ausstellung: Karikaturist aus Hechingen zeigt Auswahl seiner Werke über Balingen im Salon "Jung!Frey"

Balingen. Helmut Reitemann ist leicht zu zeichnen, könnte man meinen. Ist er gar nicht, sagt Klaus Stopper: "Männer mit Glatzkopf sind immer schwer." Zudem sei der Kopf des Balinger Oberbürgermeisters bei genauem Hinsehen viel weniger rund, als es auf den ersten Blick scheine. Stopper muss es wissen: Er hat Reitemann schon oft zu Papier gebracht. Seit mittlerweile zehn Jahren erscheinen die Karikaturen des 54-Jährigen immer samstags im Balinger Lokalteil unserer Zeitung.

Nun ist eine Auswahl seiner Werke erstmals in einer Ausstellung zu sehen. Seit dieser Woche und bis Ende Juli kann man sich im Friseusalon "Jung!Frey" in der Kameralamtstraße die Zeichnungen anschauen, die einen ganz anderen, witzigen, oft überzeichneten Blick auf das Geschehen in der Stadt werfen.

"Bildende Künste sollten noch viel mehr gefördert werden"

Die Zeichnungen hat Stopper auf dickes Papier drucken lassen. Passepartout drumherum, in einen Rahmen, an die Wände. Das Thema, der Witz, erschließt sich meist auf den ersten Blick; wenn nicht, helfen kurze Texte zu jeder Karikatur weiter. Stopper und Salon-Inhaber Bernhard Jung hatten, als sie die Werke aufhängten, viel zu lachen.

Für Jung, zugleich einer der Köpfe der Initiative "Freiraum", geht es indes um mehr als Humor: Er wolle, sagt Jung, mit der Ausstellung einen weiteren Ausschnitt der großen Bandbreite künstlerisch-kreativen Schaffens in der Region zeigen – deren Basis-Förderung sich "Freiraum" auf die Fahnen geschrieben habe. Auch deswegen ist das Thema "Kunst" in der Schau gleich mit mehreren Karikaturen vertreten, etwa mit jener, in der die großen Ausstellungen in der Stadthalle als totgerittener Gaul dargestellt werden, dem der Gnadenschuss verpasst wird. Oder mit jener zu der Stromkasten-Aktion, mit der die Freundlichkeit der Balinger befördert werden soll: Ein Ehepaar ist darauf zu sehen, vor einem der Kästen, die Frau fragt den Mann: "Und, wirkt’s?" – die Antwort knorrig-schwäbisch: "I merk no nix."

"Zeichnen zu können ist toll", sagt Stopper. Ihn freue es, dadurch etwas zu erschaffen, was das Leben anderer bereichere. Er wünsche sich, sagt Stopper weiter, dass die Bildenden Künste noch mehr Aufmerksamkeit, vor allem aber – auch in der Region – mehr Förderung erfahren. In fast jeder Stadt gebe es eine Musikschule. Eine Zeichnen- oder Malschule sei eine Seltenheit. Das sei fast schon unverständlich angesichts des Umstands, dass Bildende Künste und der dafür notwendige Akt der Kreativität in vielen Berufen Anwendung finden – sei es beim Gestalten von Schaufenstern oder beim Technischen Zeichnen.

Stopper selbst, der in Friedrichshafen geboren wurde und in Tettnang aufgewachsen ist, kam zum Zeichnen bereits in jungen Jahren. Erste Karikaturen erstellte er für das Abschlussheft seines Abiturienten-Jahrgangs. Anschließend begann er ein Studium der Kunstgeschichte, das er indes nach wenigen Monaten "höchst frustriert" wieder abbrach. Es folgten eine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten, die Arbeit für die AOK Friedrichshafen und ein Studium der Verwaltungswissenschaft.

1990 wird Stopper freier Mitarbeiter des Südkuriers in Konstanz, zum Jahreswechsel 1990/91 erscheint dort seine erste Zeitungskarikatur: Die nackten Männlein der "Imperia", die sich mit Sektgläsern zuprosten. Über die Kreisnachrichten in Calw kommt Stopper zum Schwarzwälder Boten, seit dem Jahr 2000 ist er Redakteur in Hechingen, wo die Karikaturen fortan wöchentlich erscheinen.

Dass er vor zehn Jahren erstmals auf diese Weise das Balinger Geschehen aufs Korn nahm, sei ein "Experiment" gewesen, sagt Stopper. Davor habe er geglaubt, er könne nicht über Themen zeichnen, die nicht unmittelbar vor seiner Haustür liegen, und über Personen, mit denen er nicht unmittelbar zu tun habe. Falsch gedacht. Wie kein Zweiter schafft er es, Balinger Vorgänge darzustellen. Ein großer Vorteil dabei sei, sagt Stopper, dass er als Lokalredakteur ein gewisses Verständnis und Gespür für Themen mitbringe, ebenso dass er wisse, wo die Grenzen einer Karikatur im Lokalen seien. Überspitzt darstellen – das geht. Zu hart zuschlagen aber geht gar nicht.

Mit seinen Karikaturen scheint Stopper diesen schmalen Grat nie zu verlassen. Er bringt zum Lachen, ohne jemanden lächerlich zu machen. Ärger habe er noch nie bekommen deswegen, sagt er – auch nicht mit jenem Hechinger Geschäftsmann, den er, wie er dachte, sehr, vielleicht zu kräftig aufs Korn nahm. Der Mann kam hinterher in die Hechinger Redaktion und wollte einen Ausdruck. Der frühere Hechinger Bürgermeister Jürgen Weber erhielt zum Abschied Stoppers gesammelte Karikaturen über ihn, in einem Buch versammelt – und freute sich.

Kreativer Prozess ist Routine – und erfordert "Spießigkeit"

Das Zeichnen selbst, der kreative Prozess, ist für Stopper fast schon Routine geworden. "Das erfordert eine gewisse Spießigkeit", sagt er. Talent reiche wie bei so vielem nicht aus, Übung bringe voran, Handwerk sei wichtig.

Bei ihm sieht das so aus: Immer donnerstagabends fläzt er sich zuhause aufs Sofa, greift sich sein Tablet und blättert durchs ePaper unserer Zeitung. Stopper hat keinerlei Vorgaben, er hat freie Hand. Eine halbe Stunde etwa dauere es, bis das Thema der Karikatur feststehe und sie grob skizziert sei – Stopper nennt das die "Idee". Oft müsse er selbst darüber lachen. Nach rund einer weiteren halben Stunde ist die Zeichnung dann meist fertig – das sei auch für ihn immer ein "toller Moment", sagt der 54-Jährige.

Tolle Momente, das wünscht er auch den Besuchern der Ausstellung bei "Jung!Frey". Am liebsten, sagt Stopper, würde er eine versteckte Kamera im Salon installieren, um die Reaktionen auf seine Zeichnungen verfolgen zu können. Ob gelacht wird? Ganz sicher.