Im Gespräch mit Schülern und Lehrern des Balinger Gymnasiums: Kultusminister Andreas Stoch (SPD). Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder-Bote

Schulen: Kultusminister Andreas Stoch (SPD) besucht Landessportschule Albstadt und Gymnasium Balingen

Von Anne Retter und Gert Ungureanu

Sport braucht Begeisterung, und allgemeinbildende Gymnasien werden weiterhin die beliebteste Schulart im Land bleiben. Kultusminister Andreas Stoch (SPD) hat beim Besuch der Landessportschule in Albstadt und des Gymnasiums Balingen das Gespräch gesucht.

Albstadt/Balingen. Besuch an der Basis also? Der Minister winkt ab: Von Stuttgart sei er in den Zollernalbkreis nicht "runter", sondern "rauf" gekommen. Ausdrücklich betont er, dass er das Denken in den Kategorien "oben" und "unten" für falsch halte. Und noch ausdrücklicher, dass er nicht hier sei, um im Vorfeld der Landtagswahlen Wahlkampf zu machen.

Ulrich Bock, Schulleiter der Landessportschule Albstadt, führte nicht nur den baden-württembergischen Kultusminister herum, sondern auch Funktionäre aus Sport und Politik. Dabei und im Gespräch mit den Lehrenden und Lernenden wurde deutlich, dass die Einrichtung ihren guten Ruf zu Recht genießt. Unter anderem kamen die Besucher mit der Bundesliga-Mannschaft des TVB Stuttgart ins Gespräch. Danach gab es in einem Seminarraum einen Austausch mit angehenden Trainern. Stoch betonte, ihm sei die Vernetzung von Schule und Sport wichtig. Durch die Schaffung von 200 sportbezogenen FSJ-Stellen erhoffe er sich Verbesserungen.

Die Heranführung an den Sport ist bei den Kindern im Talentzentrallehrgang bereits gelungen. Davon konnten sich die Besucher überzeugen. Bei der Erwachsenenbildung in der benachbarten Halle erzählte Stoch, er habe in seinen Studententagen dort seine Trainerlizenz für Basketball erworben. Dass er auch mit dem Tischtennisschläger umgehen kann, stellte er prompt unter Beweis.

Er halte die Ergebnisse des letzten Solidarpakts für einen wichtigen Schritt, betonte Stoch. Landesregierung und Landessportverband hatten Ende des vergangenen Jahres vereinbart, für sportliche Zwecke von 2017 bis 2021 zusätzlich 112,5 Millionen Euro aufzuwenden und Sportschulen verstärkt zu fördern.

Nach einem Besuch bei angehenden Mehrkämpfern überreichte WLSB-Präsident Klaus Tappeser symbolisch einen Staffelstab an Minister Stoch. Letzterer sagte abschließend, Sport sei nicht nur Kopf, sondern auch Begeisterung. Es sei daher wichtig, Wissen und Leidenschaft weiterzugeben.

Anders der Tenor bei der Gesprächsrunde in der Mensa des Balinger Gymnasiums: 42,4 Prozent aller Schüler in Baden-Württemberg würden derzeit das Abitur anstreben, sagt Stoch und verteidigt die Abschaffung der Grundschulempfehlung. Seither habe es nicht mehr, sondern weniger Anmeldungen an Gymnasien gegeben. Die Grundschulempfehlung habe in der Vergangenheit oft nicht dem tatsächlichen Leistungsniveau entsprochen – vor allem bei Kindern mit Migrationshintergrund aus "bildungsfernen" Familien. Ziel sei es aber, jedem Kind unabhängig von Herkunft und wirtschaftlicher Lage einen Abschluss nach seinen Fähigkeiten zu ermöglichen. Das viel kritisierte Zwei-Säulen-System, das in anderen Bundesländern gang und gäbe sei? Notwendig, vor allem angesichts des demografischen Wandels. Ziel sei es gewesen, möglichst viele Schulen wohnortnah zu erhalten. Das sei eben nur durch Einführung von Gemeinschaftsschulen möglich.

Einheitsschulen? Sozialismus? Keineswegs. Übrigens, in Kanada funktioniere das hervorragend. Gymnasien wolle man dadurch keineswegs in Frage stellen. Und schließlich gebe es auch den Übergang von der Gemeinschaftsschule zum G8. Einzige Voraussetzung: ein bestimmter Notenschnitt und eine zweite Fremdsprache. Aber dafür seien die beruflichen Gymnasien da, wo man auch ohne zweite Fremdsprache einsteigen könne in neun Jahren zum Abitur gelange. Klammer auf: Jeder zweite Abiturient in Baden-Württemberg habe kein allgemeinbildendes Gymnasium besucht.

Inklusion? Die sei gesetzlich vorgegeben. Das bedeute, auch jemanden zu unterrichten, bei dem man von vornherein wisse, dass er das Klassenziel nicht erreichen werde. Geistige Fähigkeiten seien bei der Schulanmeldung kein Ausschlusskriterium, "sonst ist die Inklusion nicht erreicht". Ethikunterricht ab Klasse eins? Er sehe die Notwendigkeit. Sollte er für eine zweite Wahlperiode im Amt bleiben, wolle er das vorantreiben. Aber er wolle ja keinen Wahlkampf, geschweige denn Wahlversprechungen machen.

Transparenz bei Entscheidungen? Früher habe es die nicht gegeben, da sei "im stillen Kämmerlein" entschieden worden. Jetzt seien Vertreter von Schulen, Elternbeirat, Kirchen und Institutionen gefragt worden, und man könne auch online Anregungen einbringen. Zugegeben: Bei so vielen Beteiligten sei man nicht immer der gleichen Meinung. Aber Transparenz sei gegeben, und die Veränderungen seien nicht politisch, sondern von Fachleuten erarbeitet. Man spüre Wertschätzung für Schulen, Schüler und Lehrer, resümierte Rektor Thomas Jerg: "Man spürt viel Menschlichkeit."