Juandalynn Abernathy und Wolfgang Ehni bestritten das letzte "Orgel plus"-Konzert. Foto: Meinert Foto: Schwarzwälder-Bote

Letztes Konzert "Orgel plus" in der Balinger Stadtkirche / Selten gehörte, englischsprachige Sakrallieder

Von Thomas Meinert

Balingen. Dass ein optischer Eindruck täuschen kann, erlebten die zahlreichen Zuhörer beim letzten Konzert der "Orgel Plus"-Reihe in der Balinger Stadtkirche: Die in Balingen und Umgebung wohlbekannte Sopranistin und Chorleiterin Juandalynn Abernathy präsentierte zusammen mit Bezirkskantor Wolfgang Ehni an der Orgel Werke, die den typischen "American Way of Life" verkörperten und überraschte mit großem Stimmvolumen.

Die Orgel eröffnete sas Konzert mit dem "Marche Héroique" von Herbert Brewer (1865 bis 1928). Auf einen unvermittelten Forte-Einsatz mit figural umspielten Marching-Notes im Pedal folgte ein ruhiger Mittelteil, in dem scheinbar Episoden aus dem Leben des unbenannten Helden geschildert werden, ehe das Anfangsthema wieder aufgegriffen und der Zuhörer zurück in die Gegenwart geführt wird. Wolfgang Ehni beeindruckte mit einer abwechslungsreichen Registrierung, die eine große dynamische Bandbreite und kontrastierende Klangfarben vereinte und dadurch der Komposition eine große Transparenz verlieh.

Es folgte Juandalynn Abernathy mit zwei Stücken von Ennio Morricone: "Nella Fantasia" und "Cinema Paradiso" boten der Sopranistin Gelegenheit, mit Tonhöhe und Lautstärke zu brillieren, während die Orgel gefühlvoll und mit einer nahezu zärtlichen Klanggebung begleitete.

Beim anschließenden "Little David play on yo harp" von David Mannes schien der kräftige Sopran nicht so ganz zum Bild des kleinen Hirtenjungen zu passen. Hier zeigten sich offenbar die Folgen einer Erkältung der Sängerin, die sie bei den anderen Stücken professionell und gekonnt überspielte.

Das zweite Orgelsolo, Variationen über "I got rhythm" von George Gershwin, komponiert von Harold Britton, forderte das ganze Können des Organisten. Wolfgang Ehni überzeugte mit großer Virtuosität, präsentierte das anspruchsvolle Werk mit verblüffender Leichtigkeit in einem atemberaubenden Tempo.

Auch hier wurde die Struktur der Komposition durch die durchdachte Registrierung zusätzlich verdeutlicht, indem die in Arpeggien und rhythmischen Variationen verborgenen Fragmente des Melodiethemas klanglich betont und wie Puzzleteile zum Gesamtbild zusammengesetzt wurden.

Im darauffolgenden Vokalblock mit den Titeln "The Holy City" von Stephen Adams, dem Sprechgesang "Ain’t Got Time to Die" und dem Hymnus "Ride on, King Jesus" von Hall Johnson sowie dem bekannten Titel "You Raise me up" brachte Juandalynn Abernathy eine Gattung von Kirchenliedern zu Gehör, die hierzulande eher selten zu hören sind, aber in ihrem Ursprungsland typisch und eindrucksvoll das kraftvolle Gotteslob verkörpern. Wer dachte, dass die Grenzen des Machbaren an Tonhöhe und Lautstärke erreicht seien, wurde spätestens in der zweiten Strophe eines Besseren belehrt. Sopran und Orgel schienen sich gegenseitig aufzuschaukeln, und es war gut, dass das als Zugabe vorgetragene "Nobody knows the Trouble I’ve seen" als lyrisches Stück das Konzert mit leiseren Tönen enden ließ.