Ein Lautstärkemessgerät bestätigt Renate Bitzer einen Geräuschpegel rund um ihr Wohnhaus. Foto: Müller

Engstlatter Bürgerinitative wartet auf Ergebnisse der Verkehrszählung. 55 Dezibel gemessen.

Balingen-Engstlatt - Still ist es geworden um die Bürgerinitiative "Lärmschutz für Engstlatt". Das soll sich wieder ändern. Doch bevor weitere Maßnahmen in Richtung Lärmschutzwand entlang der B 27 unternommen werden können, müssen die Ergebnisse der Verkehrszählung vorliegen.

"Bei schönem Wetter und bei Wind ist es besonders laut", erzählt Renate Bitzer, die seit 1986 in der Meisterstraße in Engstlatt wohnt. Zwar befindet sich ihr Haus, das mit Lärmschutzfenstern ausgestattet ist, geschätzt 500 Meter Luftlinie von der Bundesstraße entfernt, doch das Schallpegelmessgerät bestätigt ihr Klagen. Selbst vor dem Schlafengehen habe sie auf ihrem Balkon eine Lautstärke von 55 Dezibel gemessen – Gesprächslautstärke.

Im vergangenen Sommer hat Bitzer beschlossen, die Zügel selbst in die Hand zu nehmen und hat im August 2016 eine Bürgerinitiative gegen den Verkehrslärm gegründet. 16 Gleichgesinnte hatten sich damals der Bürgerinitiative "Lärmschutz für Engstlatt" angeschlossen. Gemeinsam setzen sie sich dafür ein, dass entlang der B  27 eine weitere Lärmschutzwand gebaut wird beziehungsweise die Bestehende um etwa 800 Meter verlängert wird. Seit der BI-Gründung hat man von den lärmempfindlichen Bürgern nicht mehr viel gehört. Bewusst, meint Renate Bitzer. "Es bringt nichts, wenn man ständig mosert. Erst muss man Fakten sammeln und schauen, was man tun kann."

Im Herbst zogen Bitzer und ihre Mitstreiter durch die Ortschaft, um Unterschriften zu sammeln. Mittlerweile sind 273 Stimmen von Engstlattern zusammen gekommen, die sich vom Verkehrslärm gestört fühlen. Vergangene Woche definierten die Mitglieder ihre Ziele neu, besprachen das weitere Vorgehen.

Obwohl die Bürgerinitiative in der Öffentlichkeit bisher wenig von sich hören ließ, ist Bitzer nicht untätig gewesen. Mit dem Regierungspräsidium in Tübingen, der Stadt Balingen sowie dem Ortschaftsrat ist sie in Kontakt und war persönlich mit ihrem Anliegen vorstellig. In einem Ordner sammelt sie alle Schreiben von verschiedenen Behörden, sowie Informationen zum Lärmproblem. Ihre Sammlung zeigt: Das Thema Lärm ist seit dem Ausbau der B  27 in den 1980er-Jahren in Engstlatt präsent. "Doch die Fahrzeugzahlen haben sich seither verdoppelt. Deswegen möchte ich nicht aufgeben."

Vor dem obersten Ziel einer Lärmschutzwand stehen zunächst einige Teiletappen. Im Juli veröffentlicht das Bundesamt für Straßenwesen die Ergebnisse einer Verkehrszählung an der Ausfahrt der B  27 zwischen Engstlatt und Steinhofen. Die Zahlen sind für Bitzer, aber auch für das Regierungspräsidium Grundlage für weitere Schritte.

Fortschreibungen, basierend auf Zählungen aus dem Jahr 2010, bescheinigen durchschnittlich 34 .000 Fahrzeuge am Tag, die an Engstlatt auf der B 27 vorbeirauschen. Sind die neuen Zahlen veröffentlicht, möchte Bitzer beim Regierungspräsidium Emissionsmessungen beantragen. Offizielle Zahlen und Berechnungen sollen die Brisanz der Notwendigkeit einer Lärmschutzmauer untermauern – doch eine solche ist teuer. Bitzer schätzt die Kosten auf eine halbe Million.

Das Tempo 120, das seit zwei Jahren für Autofahrer auf der B  27 gilt, macht sich für Bitzer positiv bemerkbar. Eine weitere Reduzierung der Geschwindigkeit würde eine zusätzlich Lärmreduzierung bewirken, "aber da würden die Autofahrer nicht mitmachen", stellt die Engstlatterin fest.

Die Bürgerinitiative, allen voran Gründerin Renate Bitzer, wollen in Sachen Lärmschutz langsam und besonnen. "Wir wollen unsere Forderungen auf ein solides Fundament stellen und erst Fakten sammeln, bevor wir etwas beantragen." Auf Krawall gebürstet sei keiner, vielmehr soll durch einen langen Atem und vernünftige Gespräche das Ziel erreicht werden. "Wenn die Zahlen der Verkehrszählung erst mal draußen sind, können wir die Sache ins Rollen bringen."