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Gründe für umstrittenen Luftreinhalteplan. Tempo-30-Beschränkung in Endingen kommt.

Balingen - Einwände? Alle sauber geprüft und abgewogen. Und es bleibt dabei: Die Umweltzone für ganz Balingen soll ebenso kommen wie die Tempo-30-Beschränkung in Endingen. Das Regierungspräsidum Tübingen (RP) hat am Montag die Gründe für den umstrittenen Luftreinhalteplan vorgelegt.

Wie berichtet, wartet insbesondere die Balinger Stadtverwaltung gespannt auf diese Begründung. Geprüft werden soll, ob gegen den Luftreinhalteplan rechtliche Schritte eingeleitet werden.

19 Stellungnahmen zum Entwurf des Luftreinhalteplans sind beim RP eingegangen, etwa zur Art und Weise der Messungen, zur Größe und Wirksamkeit der Umweltzone für ganz Balingen und zur Geschwindigkeitsbegrenzung in Endingen. Ebenso wurden Anregungen gegeben, wie die Belastung durch Stickstoffdioxid anders reduziert werden könnte. Das RP hat diese Anregungen und Kritikpunkte allesamt argumentativ beseitigt – und gleichzeitig die, überspitzt gesagt, derzeit alleinige Wirksamkeit der Maßnahmen des Luftreinhalteplans bekräftigt.

So sei die in Balingen besonders heiß diskutierte Umweltzone laut Gutachten geeignet, um die Belastung durch Stickstoffdioxid zu reduzieren. Die Wirksamkeit von Umweltzonen sei von mehreren Gerichten bestätigt worden. Um die Luftqualität in Balingen zu verbessern, reiche es nicht aus, die Umweltzone nur auf Endingen zu beschränken. Dadurch werde die Luftqualität auch abseits der vielbefahrenen Straßen verbessert. Dass mit den Bundesstraße 27 und 463 wichtige Verkehrsachsen davon umfasst sind, ist laut RP kein Problem – das zeigten die Erfahrungen aus Tübingen und Reutlingen.

Mit Blick auf die Einwände, die die Wirksamkeit des Tempolimits in Endingen bezweifeln, meint das RP, dass Tempo 30 dort laut Gutachten zu einer Reduktion des Stickstoffdioxids führe. Das hätten Messfahrten sowie Modellrechnungen ergeben.

Zur Kritik der Messstandorte meint das RP, dass diese im Jahr 2013 in Abstimmung mit der Balinger Stadtverwaltung und aufgrund gesetzlicher Bestimmungen ausgewählt worden seien: Gemessen werden soll demnach dort, wo die höchsten Belastungswerte für die Bevölkerung erfasst werden können. Das RP geht davon aus, dass die 2013 gemessenen Grenzwertüberschreitungen bis heute andauern, ein Luftreinhalteplan also zwingend aufgestellt werden muss. Auf der Grundlage der Messungen sei es zulässig, wie nun im Falle Balingens geschehen, "Modellrechnungen" für das restliche Stadtgebiet zu erstellen. Um der Kritik an der fehlenden Prognose für das Jahr 2017 zu begegnen, sei ein zusätzliches Gutachten in Auftrag gegeben worden.

Dass der Luftreinhalteplan sich ausschließlich auf Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Verkehr beschränkt, begründet das RP damit, dass der Straßenverkehr nun einmal mit einem Anteil von 57 Prozent der Hauptverursacher von Stickstoffdioxid sei. Kaminöfen etwa (im Behördendeutsch: kleine und mittlere Feuerungsanlagen) oder die Industrie hätten einen vergleichsweise geringen Anteil an der Gesamtbelastung; der Grenzwert für Stickstoffdioxid könne selbst dann nicht eingehalten werden, wenn die Industrie von heute auf morgen kein Stickstoffdioxid mehr in die Luft blasen würde.

Zum Argument, wonach durch die Umweltzone noch fahrtüchtige Autos ohne grüne Plakette ersetzt werden müssen, meint das RP, dass der Kauf neuerer, schafstoffärmerer Fahrzeuge "erforderlich und verhältnismäßig" sei. Verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zeige, dass mögliche finanzielle Belastungen gegenüber dem überragenden Schutzgut der Gesundheit zurücktreten müssten. Auch den Einwand, dass die Umweltzone nun recht schnell komme – mit Wirkung zum 1. Januar – und dass Halter älterer Autos Vertrauensschutz genießen sollten, lässt das RP nicht gelten: Spätestens seit Mai 2016 sei bekannt gewesen, dass die Umweltzone beabsichtigt sei – Zeit genug also, sich einen neuen Wagen anzuschaffen.