Einkauf bei Rewe? Der Markt im CityCenter lief nicht wie gedacht. Foto: Berg

Rückzug aus CityCenter ist "wahrscheinlich". Damit würde sich die Nahversorgung in Balinger Innenstadt verschlechtern.

Balingen - Vor der Kasse des Rewe-Markts im Balinger CityCenter steht man nur selten in einer langen Schlange, und wenn, dann weil nur eine Kasse geöffnet ist. Die allermeisten Kunden benötigen für ihren Einkauf keinen Wagen, viele besorgen sich, was sie eben schnell noch brauchen. Eine Milch. Kaffee. Süßigkeiten. Etwas Obst oder Gemüse. Was man eben am selben Tag noch braucht. Den Großeinkauf erledigen viele woanders. Genau das, zusätzlich zu anderen Faktoren, bringt es nun mit sich, dass Rewe vor dem Rückzug aus dem CityCenter steht. Man prüfe alle Optionen, allerdings sei die Schließung des Markts Ende des Jahres 2018 "wahrscheinlich", teilt das Unternehmen auf Anfrage unserer Zeitung mit. Damit wird die ohnehin akute Frage nach der Zukunft der Nahversorgung mit Lebensmitteln in der Innenstadt noch brennender. Ganz abgesehen davon, dass die derzeitige Diskussion um den Lebensmittelhandel in Balingen – Stichwort: Zukunft des real-Markts auf Gehrn – eine zusätzliche Dimension erhält.

Dass sich Rewe aus dem CityCenter wohl verabschieden wird, pfiffen zuletzt viele Spatzen von den Balinger Dächern. In nichtöffentlichen Sitzungen des Balinger Gemeinderats war die Zukunft des Unternehmens bereits ein Thema. Demnach hat Rewe die Option, den seit Ende 2008 bestehenden und bis Ende 2018 laufenden Mietvertrag zu verlängern, nicht gezogen. Gerüchteweise spielt Rewe mit dem Gedanken, das CityCenter bereits vor dem regulären Ende der Mietlaufzeit zu verlassen. Die von Rewe belegte Fläche – mehr als 1500 Quadratmeter – wurde in Handelskreisen angeblich bereits anderen Interessenten angeboten. Rewe selbst erklärt, dass es seit einiger Zeit – insbesondere aufgrund der Großbaustelle mit dem Bau des Kreisverkehrs am Hinteren Kirchplatz im vergangenen Jahr – schwierig gewesen sei, den Markt an der Wilhelmstraße wirtschaftlich zu betreiben. Ein deutliches Zeichen dafür, dass der Markt schwächelte, war unlängst der Rückbau der Frischetheken für Fleisch, Wurst und Käse.

Damit wird deutlich, dass die Balinger den City-Rewe nicht in dem Maße angenommen haben, wie es notwendig gewesen wäre – obwohl auf den ersten Blick alle Voraussetzungen dafür da sind. Der Markt mit einem umfassenden Lebensmittelangebot liegt zentral, Parkplätze sind im darüberliegenden Parkhaus des CityCenters genügend vorhanden, mit Aufzügen kann man bequem zwischen den Etagen hin- und herfahren – und den Einkauf im CityCenter zudem mit einem Abstecher in die Fußgängerzone verbinden.

Auf den zweiten Blick werden indes auch Nachteile des Standorts deutlich: Der Rewe-Markt liegt vom Haupteingang des Centers aus gesehen ganz hinten in der Mall, der Nebeneingang von der Dammstraße her ist wenig attraktiv. Und für viele ist der Weg vom Parkhaus durch die Mall bis zum Markt offenbar schon zu weit.

Die Balinger haben damit, wie man so sagt, "mit den Füßen" über den Markt abgestimmt. Und sich in vielen Fällen dagegen ausgesprochen. Großeinkäufe erledigten viele woanders, bei Edeka, Real, Lidl oder Aldi.

Markt hat die ihm zugedachte Funktion eines Ankermieters nicht erfüllt

Rewe hatte den Betrieb im Dezember 2008 aufgenommen. Die damalige Neueröffnung des CityCenters nach der Schließung des Real-Markts hatte Oberbürgermeister Helmut Reitemann optimistisch als einen "glücklichen Tag für Balingen" bezeichnet. Mit Rewe als Lebensmittel-Vollsortimenter sowie dem Modepark Röther werde, so die Hoffnung, das Viertel rund um die Wilhelmstraße aufleben. Nun zeigt sich, dass der Rewe-Markt deutlich schlechter angenommen wurde als gedacht – und der Markt die ihm zugedachte Funktion eines "Ankermieters", der Kundschaft ins CityCenter lockt, nicht erfüllen konnte.

Für die Zukunft der Fläche, meinen Handelsexperten, bedeutet das nichts Gutes: Wenn nicht einmal Rewe, ein ausgewiesener Experte für Innenstadtlagen, es schafft, den Markt profitabel zu betreiben – wer dann? Die Suche nach einem Nachmieter, heißt es weiter, dürfte für die Betreiber, die Metro-Tochter MEC, schwierig werden. Negative Auswirkungen der drohenden Rewe-Schließung und eines ebenso drohenden Leerstands befürchten derweil auch die kleineren Shops in der Mall des CityCenters. Die Rewe-Mitarbeiter, teilt das Unternehmen mit, erhalten im Fall der Schließung Arbeitsplatzangebote in umliegenden Märkten.

Rein rechnerisch bedeutet die wahrscheinliche Schließung des Rewe-Markts, dass die statistisch ohnehin schon bestehende Unterversorgung mit Lebensmittelmärkten in Balingen sich weiter verschlechtert, insbesondere in der Innenstadt. Die anderen Märkte in der City – insbesondere Lidl sowie der Biomarkt B2 an der Bahnhofstraße sowie der Edeka-Markt und Aldi an der Albrechtstraße – werden damit wichtiger denn je.

Möglicherweise nehmen mit der absehbaren Rewe-Schließung auch die Überlegungen hinsichtlich der Ansiedlung eines Lebensmitteldiscounters aus dem Strasser- oder Burghard-Areal neue Fahrt auf. Vorgesehen waren dort auf dem im städtischen Eigentum befindlichen Strasser-Gelände die Eyach-Arkaden samt Drogeriemarkt und großem Textiler; auf dem benachbarten Grundstück am Roßnägele war ein Lebensmittelmarkt geplant. Dieses Vorhaben hat sich, wie berichtet, zerschlagen. Mit der Entwicklung des Strasser-Areals will sich die Stadtverwaltung nun Zeit lassen; das Grundstück soll im Jahr 2023 für die Gartenschau genutzt werden. Handlungsdruck hinsichtlich eines Lebensmittelmarkts und damit einer funktionierenden Nahversorgung dort entsteht schon dadurch, dass unweit davon an der Stingstraße im Gebiet Etzelbach in den nächsten Jahren neuer Wohnraum geplant ist.