Will ihre kommunalpolitischen Erfahrungen im Landtag einbringen: Angela Godawa. Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder-Bote

Landtagswahl: Die Stadt- und Kreisrätin Angela Godawa geht am 13. März im Wahlkreis Balingen für die SPD ins Rennen

Von Gert Ungureanu

"Als Ehrenamtliche in der Kommunalpolitik bin ich nicht wohlhabend geworden, das hätte ich gemerkt. Ich bin auch nicht mit Ehre überschüttet worden. Aber es macht Spaß", sagt Angela Godawa. Bei der Landtagswahl am 13. März geht sie im Wahlkreis Balingen für die SPD ins Rennen.

Balingen. Die 58-jährige Textilingenieurin und Versicherungsfachfrau ist seit 1999 in der Kommunalpolitik engagiert. "Meine ganze Familie war sozialdemokratisch orientiert", sagt sie. "Politik war immer ein Thema." Sie begeistert sich für die ehrenamtliche Arbeit in Ortschafts- und Gemeinderat sowie im Kreistag: "Politische Arbeit findet überall und jederzeit statt", sagt sie. "Vor allem in den kommunalen Gremien, in denen wichtige Entscheidungen getroffen werden."

Vereinbarkeit von Familie und Beruf bleibt für die vierfache Mutter und vierfache Großmutter ein höchst aktuelles Thema: Im Balinger Gemeinderat, dem sie seit 1999 angehört, im Kreistag und im Frommerner Ortschaftsrat macht sie sich dafür stark. "In Balingen sind wir auf einem guten Weg", meint sie. "Aber wir sind noch nicht dort, wo ich gerne sein möchte."

Als Politiker müsse man die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen. Der Rest liege bei den Bürgern: Wichtig sei der gesellschaftliche Diskurs, aber "wir schreiben den Menschen ihre Lebensbedingungen nicht vor." Wichtig seien "Menschen, die selbst denken können".

In der Kommunalpolitik hat Angela Godawa Kompetenz vor Ort erworben und auch gelernt, pragmatisch vorzugehen: "Zunächst muss das Ziel feststehen: Was wollen wir erreichen? Wo wollen wir hin? Dann erst müssen wir klären, wie wir das erreichen können und was wir und leisten können. Und nicht zuletzt braucht man jemanden, der das alles im Auge behält." Sie könne sich gut vorstellen, dieser Jemand zu sein, zu organisieren, zu koordinieren.

Im Ortschafts- und Gemeinderat, im Kreistag und im Regionalverband habe sie gelernt, über den Tellerrand zu gucken, "zu sehen, wie es anderswo gemacht wird, auch außerhalb von Deutschland". Und sie weiß auch, dass Kommunalpolitik ganz anders ist als Bundes- oder Landespolitik. Ihr Fazit: "Die Summe der Erfahrungen ist eine wichtige Grundlage für künftige Entscheidungen."

In den Landtag würde sie, sollte sie gewählt werden, etwas von ihren kommunalpolitischen und ihren Lebenserfahrungen mitbringen – und die Interessen ihres Wahlkreises vertreten.

Stichwort Gemeinschaftsschule: Es sei die einzige Form, bei der Lehren und Lernen sinnvoll verbunden würden, und im ländlichen Raum sei es oft auch die einzige Möglichkeit, eine weiterführende Schule vor Ort zu behalten. Es sei aber richtig, dass die Entscheidung den Kommunen überlassen werde: "Wer eine Gemeinschaftsschule haben will, muss sie auch beantragen."

Stichwort Flüchtlinge: In der Sichelschule engagiert sich Angela Godawa für die Kinder, die noch kein Deutsch sprechen. Dabei ist ihr klar geworden: "Der Flüchtlingszustrom macht uns auf unsere Versäumnisse aufmerksam, da müssen wir reagieren." Etwa im sozialen Wohnungsbau und in Sachen Deutschunterricht. Eine Obergrenze? Wie sollte man die festlegen? "Es gibt keinen realisierbaren Weg, der schnell umzusetzen wäre."

Klar sei, dass der Zollernalbkreis weitere Zuweisungen bekommen werde, sobald das Lea-Privileg auslaufe. Was den von der AfD geforderten Flüchtlingsstopp angeht, meint sie: "Das ist nicht das Deutschland, das ich kenne. Aber dass wir uns sicher fühlen wollen, hat auch mit sicheren Grenzen zu tun." Kritisch sieht sie, dass die Polizei nach der "schicken Maßnahme, im öffentlichen Dienst Personal einzusparen", gnadenlos überfordert sei. Eine 80-Stunden Woche sei auf Dauer nicht zumutbar.

Angesichts der Flüchtlingsdebatte dürfe man aber andere "Dauerbrenner" nicht vergessen, betont die Sozialdemokratin und erwähnt würdevolles Leben im Alter. Dezentrale, kleine Pflegeeinheiten seien besser als große Häuser. In Frommern seien leider "Fakten geschaffen worden, die den Schritt in Richtung Dezentralität erschweren".

Weitere Dauerbrenner: die Verbesserung der Infrastruktur, um den Landkreis für junge Familien attraktiv zu machen, eine bessere Verkehrsanbindung, Breitbandanschluss, Elektrifizierung der Zollernbahn. Erfolg und Wohlstand der Region seien direkt abhängig von einer guten Infrastruktur. Was den Verkehr angeht: "Wir müssen angebunden bleiben", sagt sie, "aber das bedeutet – man entschuldige den abgedroschenen Begriff – ganz dicke Bretter zu bohren."

Stichwort Zollernalb-Klinikum: Eine stationäre Gesundheitsversorgung müsse dauerhaft im Kreis bleiben, und zwar in kommunaler Trägerschaft.

Was die Zukunft des Klinikums angeht, müsse man medizinische, betriebliche, wirtschaftliche und politische Aspekte berücksichtigen – und stets im Interesse der Patienten entscheiden. Eine Stadt wie Albstadt sei für sie ohne Krankenhaus kaum vorstellbar. Aber über die Standortdebatten hinaus gebe es noch etliche "inhaltliche Baustellen". So gebe es keine kinderärztliche Station, "das ist für Eltern eine große Belastung". Und in Sachen Nephrologie, Palliativmedizin und Schmerztherapie müsse auch noch etwas unternommen werden.

Stichwort Politikverdrossenheit: Junge Menschen wüssten oft nicht, wie sehr die Kommunalpolitik auch ihre eigene Situation beeinflusst, vermutet Godawa. Auch bei den Erstwählern gelte es, verstärkt aufzuklären und zu informieren. Ihr Anliegen: Das Wahlalter auch bei Landtagswahlen auf 16 Jahre abzusenken.