Stephan Reuß Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Interview: Neuer Frommerner Ortsvorsteher zieht erste Bilanz

Balingen. Er ist mit 33 Jahren der jüngste der Balinger Ortsvorsteher, in das Amt musste er sich nach der Erkrankung seines Vorgängers Hans Uhl rasch einfinden. Im Gespräch mit unserer Zeitung blickt Stephan Reuß auf seinen Beginn im Frommerner Rathaus zurück und spricht über anstehende Projekte in dem Stadtteil.

Herr Reuß, Sie sind seit mittlerweile drei Monaten Ortsvorsteher von Frommern. Sind Sie im Amt angekommen?

Im Amt angekommen bin ich sehr schnell, eigentlich schon nach einigen Tagen. Die Orientierung, das Einarbeiten und das Kennenlernen der örtliche Verwaltung hat dann, auch durch die besonderen Umstände, schon mehr Zeit in Anspruch genommen. Nach und nach kann ich dieses Amt aber immer mehr mit Leben füllen und eigene Akzente und Schwerpunkte setzen.

Hand aufs Herz: Hatten Sie bei Ihrem Amtsantritt als Nachfolger von Hans Uhl, der länger als 50 Jahre die Geschicke Frommerns als Bürgermeister und Ortsvorsteher lenkte, ein mulmiges Gefühl?

Respekt trifft es viel besser. Aber nicht aufgrund der langen Amtszeit meines Vorgängers. Das lange und engagierte Wirken von Hans Uhl verdient größte Hochachtung. Sein Wirken für Frommern bleibt unerreicht, hier Vergleiche anzustellen oder von Fußspuren zu sprechen, halte ich nicht für geeignet. Vielmehr können jetzt neue Spuren neben den großen von Hans Uhl entstehen. In den vielen Gesprächen vor der Wahl habe ich erfahren, dass die Freude auf etwas Neues groß ist. Das großartige Votum des Gemeinderats hat das bestätigt. Insofern hatte und habe ich immer noch viel Respekt vor dem Umfang des Amts und hoffe und arbeite hart dafür, die hohen Erwartungen zu erfüllen.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit in der Ortschaftsverwaltung mit Sascha Laubengeiger, gegen den Sie die Ortsvorsteherwahl gewonnen haben? Und wie ist die Arbeit im Ortschaftsrat?

Wir arbeiten sehr gut und produktiv zusammen. Ich habe großen Respekt davor, dass sich Sascha Laubengeiger zur Wahl gestellt hat. Es ist doch toll, wenn zwei junge Menschen unsere Demokratie aktiv leben. Gerade in Zeiten, in denen Populismus vorherrscht und unsere Demokratie auf eine harte Probe gestellt wird. Ich lege auch Wert darauf, dass ich diese Wahl nicht gewonnen habe, sondern dass sich der Ortschafts- und Gemeinderat in einem demokratischen Prozess für mich entschieden haben.

Sie sind der jüngste Rathauschef aller Balinger Ortsteile. Wie begegnen Ihnen Ihre Ortsvorsteherkollegen? Haben Sie zum Einstand einen ausgegeben?

Den Einstand werde ich sicher bei passender Gelegenheit ausgeben, der steht noch aus. Die anderen Ortsvorsteher freuen sich sicher über ihre Erinnerungsstütze! Aber im Ernst: Die Kollegen aus den Ortsteilen sind mir freundschaftlich und sehr hilfsbereit begegnet. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihnen.

Welche großen Vorhaben stehen in Frommern auf der Agenda? Was ist der aktuelle Stand in der Diskussion um die Sanierung oder den Anbau am Schulzentrum?

In Sachen Schulzentrum haben die Schule und die Stadtverwaltung gute Gespräche geführt. Jetzt gilt es, diese Gespräche in einer Raumplanung zu fixieren und dem Regierungspräsidium vorzulegen. Sowohl ich als auch der Ortschaftsrat erwarten dann noch vor der Sommerpause eine konkrete Rückmeldung, wie es weitergehen kann. Daneben habe ich selbst einige Projekte angestoßen oder vom Ortschaftsrat aufgegriffen, mit denen es erste Akzente zu setzen gilt: Die Bürgerfragestunde und die festen Sprechzeiten, mit denen ich die Arbeit des Ortschaftsrats und des Ortsvorsteher transparent machen möchte. Der barrierefreie Zugang zum Dürrwanger Friedhof steht auf der Agenda, ebenso die Umgestaltung der Stadtteilbibliothek in der Ortsverwaltung. Zusammen mit der Firma Vötsch entwickeln wir Planungen, wie der Standort in Frommern ausgebaut und gesichert werden kann. Und, etwas Besonderes: der Bau einer Dirt-Bike-Strecke. Gemeinsam mit den Balinger Streetworkern Nadine Hempke und Mike Buck sollen Jugendliche die Strecke selbstständig planen und umsetzen. Ich und der Ortschaftsrat stehen hier nur beratend und begleitend zu Seite.

Wie für fast alle Ihre Ortsvorsteherkollegen ist für Sie die Arbeit im Rathaus ein Nebenjob, zusätzlich zum Hauptberuf. Frommern ist gleichwohl der größte Balinger Ortsteil. Ihre Erfahrung nach den ersten Monaten: Lässt sich Ihre Tätigkeit als Sachgebietsleiter bei der Hechinger Stadtverwaltung mit den Aufgaben des Ortsvorstehers vereinbaren?

Auf jeden Fall. Ganz besonders der Rückhalt meiner Frau macht dies möglich. Sie hält mir den Rücken frei und unterstützt und bestärkt mich. Die gesamte Familie hilft ungemein. Auch seitens der Stadt Hechingen erhalte ich große Unterstützung und kann auch mal kurzfristig oder während der Geschäftszeiten des Rathauses Termine in und für Frommern wahrnehmen. Mit meinem Hauptjob kollidiert das Ehrenamt äußerst selten. Inhaltlich profitieren beide Funktionen sogar voneinander, insofern ist das schon eine "Win-win-Situation". Die Aufgabe ist zwar groß, umfangreich und verantwortungsvoll. Aber dennoch schaffe ich es jeden Tag, meine beiden Kinder und meine Frau zu sehen und Zeit mit ihnen zu verbringen. Das kann nicht jeder von sich behaupten, selbst wenn er nur einer hauptberuflichen Tätigkeit nachgeht. Die Vereinbarung von Beruf, Familie und diesem Ehrenamt ist absolut möglich.   Die Fragen stellte Steffen Maier