Probesitzen auf dem Friseurstuhl: Jürgen Greß ist in die Rolle des Kunden geschlüpft, Harald Rothfuss hat Föhn und Bürste in den Händen. Foto: Ungureanu

Friseur-Obermeister Rothfuss ärgern Gerüchte über angeblichen Vier-Euro-Stundenlohn.

Balingen - Gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde? Für die Friseure im Zollernalbkreis kein Thema. "Bei uns gibt es den Mindestlohn schon lange", machen der Obermeister der Friseurinnung, Harald Rothfuss, und der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Jürgen Greß, deutlich. Schließlich habe das Friseurhandwerk im Zollernalbkreis einen guten Ruf.

Was Rothfuss ärgert, ist, dass Gerüchte über Stundenlöhne von vier Euro auch seinen Kunden zu Ohren gekommen seien: "Ich wurde schon wiederholt daraufhin angesprochen", sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Dabei sei in Baden-Württemberg im Friseurhandwerk bereits seit 2006 ein Stundenlohn von 8,02 Euro für Berufsanfänger und von 8,92 Euro ab dem dritten Berufsjahr festgelegt.

Das sei von der Gewerkschaft ver.di und dem Arbeitgeberverband vereinbart worden, es sei transparent, und es werde eingehalten, versichert Greß: "Es gilt für alle Betriebe, und es wird auch kontrolliert." Mehr noch: Seit 1. September vergangenen Jahres seien die Ausbildungsvergütungen im Friseurhandwerk noch etwas angehoben worden – freiwillig. So erhalte ein Auszubildender im ersten Jahr jetzt 435 Euro, im zweiten 500 und im dritten 600 Euro.

Eine Einschränkung macht Greß dann aber doch: Billigfriseure, die einen Haarschnitt für zehn bis zwölf Euro anbieten, könnten seiner Ansicht nach gar nicht den Tarif bezahlen. Außer, die Stunden würden danach berechnet, "wie lange die Friseure tatsächlich am Kunden arbeiten". Dass man einerseits Mindestlöhne fordere, andererseits aber zu einem Billigfriseur gehe, will nicht in seinen Kopf: "Das ist an sich schon ein Widerspruch."

Gleichzeitig ist Greß überzeugt: Was das Handwerk im Zollernalbkreis angehe, dem würde ein gesetzlich vorgeschriebener Mindestlohn nicht weh tun, "weil wir unsere Leute anständig bezahlen". Angesichts des "riesigen Facharbeitermangels" könne das gar nicht anders sein.

"Es wird teilweise schon über Tarif bezahlt, weil man anders keine guten Leute bekommt", weiß Greß. Seine Überzeugung: "Wenn jemand acht Stunden am Tag arbeitet, dann muss er davon auch leben können, ohne auf einen Nebenjob angewiesen zu sein."