Die Grünen – Uwe Jetter, Conny Richter, Ute Hettel und Erwin Feucht (von links) – fordern in ihrem Wahlprogramm einen Masterplan, damit Balingen eine lebenswerte Stadt bleibt. Foto: Maier

Partei stellt Programm für Kommunalwahlen vor. "Neues Denken und neue Ideen durch mehr Bürgerbeteiligung".

Balingen - "Balingen – lebenswerte Stadt": Dieser Satz steht auf der Titelseite des Flyers, den die Balinger Grünen zur Kommunalwahl im Mai vorbereitet haben. Es ist eine dieser viel- und zugleich wenigsagenden Phrasen, wie sie Politiker gern verwenden. Bei den Grünen steckt mehr dahinter: Sie formulieren neue Ziele, sie fordern einen Masterplan für Balingen.

Die Frage, wie die Stadt weitergestaltet werden solle, müsse in fast allen Bereichen "grundlegend neu überdacht und angegangen" werden, sagen Conny Richter, Erwin Feucht, Uwe Jetter und Ute Hettel. Im Gespräch mit unserer Zeitung erläutern die vier Grünen-Stadträte das Programm, mit dem sie bei der Kommunalwahl bei den Wählern punkten wollen.

In den vergangenen fünf Jahren, sagen die vier grünen Wahlkämpfer, habe sich bei ihnen das Gefühl verstärkt, dass in Balingen von Seiten der Verwaltung leider allzu oft "ohne langfristiges Konzept, aufgrund alter und mittlerweile überholter Denkmodelle" agiert werde. Die Grünen sehen das Problem auch als das von Personen: "Wir brauchen einen Generationswechsel in der Stadtverwaltung", sagt Erwin Feucht. Die Zukunftsfragen der Stadt seien vielfach miteinander verwoben – würden aber nicht als Ganzes gesehen. Es fehle der rote, beziehungsweise, parteifarbenmäßig korrekt: der grüne Faden. Beispiele dafür, wo es ihrer Meinung nach anders, besser laufen könnte, legen die Grünen zuhauf vor.

Strasser-Areal: Hier müsse man sich angesichts des Scheiterns der Pläne für die Eyach-Arkaden die Frage stellen, ob die Zeit der Ansiedlung großer Einzelhandelsflächen möglicherweise vorbei sei. Und überhaupt, die bauliche und damit demografische und soziale Stadtentwicklung: Hier gelte es Sorge dafür zu tragen, dass die Balinger Kernstadt "kein Altenheim" werde, dass sich auch junge Familien und Leute mit schmalerem Geldbeutel Wohnraum leisten können, dass zudem für Jugendliche attraktive Angebote bereitstehen. Baugebiete: Bevor in der Kernstadt und in den Ortsteilen neues Bauland erschlossen wird, sollten nach Meinung der Grünen Anreize dafür geschaffen werden, dass bestehende Gebäude weitergenutzt werden. Es sei ein Widerspruch und zugleich ökologisch nicht sinnvoll, dass angesichts der zurückgehenden Bevölkerungszahlen die Städte immer weiter wachsen könnten.

Schulen: Angesichts sinkender Schülerzahlen müsse die Frage erlaubt sein, ob man alle Schulstandorte für teures Geld erhalten könne – "auch wenn diese Frage weh tut und sicher unpopulär ist", wie Ute Hettel betont. Engagement für sozial Benachteiligte: Das liege den Grünen am Herzen. Auch in Balingen gebe es eine steigende Zahl von Menschen, die von Armut betroffen seien. Die Stadt stehe auch diesen Menschen gegenüber in der Pflicht – auch wenn sie vielleicht laut Gesetz nicht zuständig sei: "Wenn jemand bedürftig ist, dann müssen wir helfen", so Conny Richter. Das gelte, ergänzt Feucht, auch für Flüchtlinge aus anderen Ländern, die in steigender Zahl nach Deutschland und damit auch nach Balingen kommen. Davor dürfe man nicht die Augen verschließen, im Gegenteil: Es sei an der Zeit, so Feucht, eine "positive Willkommenskultur" zu etablieren. Dazu verpflichte im übrigen schon der Titel Fair-Trade-Stadt.

Kunst und Kultur: Auch hier sollte die Stadt nach Meinung der Grünen "neue Wege" gehen – insbesondere nach dem schlechten Ergebnis der Heckel-Ausstellung im vergangenen Jahr: 20 000 Besucher in drei Monaten, das sei desaströs, meint Erwin Feucht: "So viele Menschen kommen zu Möbel-Rogg manchmal an einem einzigen Wochenende." Statt auf große Kunstausstellungen sollte man in Balingen in Zukunft eher auf "junge, pfiffige Kreative aus der Region" setzen und diese unterstützen.

Wichtig bei alldem ist den Grünen die Beteiligung der Balinger. Das sei in den vergangenen Jahren "verschlafen" worden, sagt Uwe Jetter, mittlerweile dämmere das sogar manchen im Rathaus. Klar sei, sagt Conny Richter, dass wichtige Zukunftsfragen der Stadt nicht binnen kurzer Zeit, etwa in einer Diskussion an einem Samstagnachmittag, gelöst werden könnten. Dafür brauche es regelmäßige Auseinandersetzung und Konferenzen. Das sei ein langer Prozess, der gemeinsam mit den Bürgern gestaltet werden solle, den die gewählten Vertreter im Gemeinderat nicht allein bestimmen sollten: "Wir müssen bei wichtigen Fragen mehr auf die Balinger zugehen. Das Wissen und die Kreativität von vielen hilft ganz sicher dabei, Balingen weiterzuentwickeln."