Will in Zukunft die Wahlleistungen ausbauen, um im Vergleich mit anderen Krankenhäusern wettbewerbsfähig zu bleiben: das Zol­lern­alb-Klinikum in Balingen. Foto: Ungureanu

Kreistag beschließt mehrheitlich Einrichtung einer interdisziplinären Abteilung mit gehobener Ausstattung am Balinger Krankenhaus.

Balingen - Ja: Das Zollernalb-Klinikum in Balingen bekommt eine Komfortstation. Das hat der Kreistag mehrheitlich beschlossen. Und nein: Ein Luxus sei das keineswegs. Das betonten Klinik-Geschäftsführer Josef Weiss und Dezernatsleiter Christoph Heneka. Die meisten Kreisräte hatten sie dabei hinter sich.

Die Komfortstation sei aus Konkurrenzgründen erforderlich, weil die meisten Kliniken in den Nachbarkreisen eine solche interdisziplinäre Station hätten, erklärte Weiss: »Es geht darum, die Wahlleistungen zu verbessern, um wettbewerbsfähige Angebote machen zu können.« Derzeit könne das Zollernalb-Klinikum nur ein Drittel dessen ausschöpfen, was die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit den privaten Kassen vereinbart habe. Und man wolle schließlich auch die wirtschaftliche Situation des Klinikums verbessern. Luxus sei das nicht. Luxus würde bedeuten, über die Vereinbarungen hinauszugehen.

Vom Zeitpunkt her sei es genau richtig, die Komfortstation jetzt einzurichten: »Wir stehen kurz vor dem Innenausbau, und es besteht Handlungsbedarf.« Im Basispreis sei die reine Unterkunft enthalten; Größe und Lage des Zimmers, eine separate Sanitärzone, ein Komfortbett, ein Kühlschrank sowie Internet-Anschluss im Zimmer gehörten zu den Komfortleistungen. Insgesamt hat Weiss Zusatzerlöse von 139.000 Euro im Jahr berechnet, nicht zu vergessen den »imateriellen Gewinn« durch Prestige.

Lothar Mennig (FWV) stellte sich im Namen seiner Fraktion uneingeschränkt hinter das Vorhaben: Man stehe im Wettbewerb mit anderen Landkreisen, sagte er, »und in zwei, drei Jahren ist die Chance vertan. Dann können wir nicht etwas Neues gleich wieder umbauen«.

»Dann doch lieber WLAN für alle«

Edmund Merkel (CDU) sagte, der Großteil der CDU-Fraktion sehe das »ganz und gar unaufgeregt«: Der Landkreis müsse entsprechend reagieren, eine solche »überhaupt nicht überzogene Maßnahme ist mittlerweile Standard«.

Friedrich Klein (SPD) konterte, das sei eine »Zumutung«. Eine Vorberatung habe nicht stattgefunden: »Die Verwaltung will von uns einen Blanko-Scheck.« Der »Nutzer« solle sich laut Vorlage mit 100.000 Euro beteiligen – aber wer, bitteschön, sei dieser Nutzer? Etwa der Landkreis? »Die Sorge, die Augenhöhe mit den benachbarten Kliniken zu verlieren, kommt spät. Und die Patienten kommen nicht wegen der neuen Komfortstation her, sondern wegen der guten medizinischen Leistungen.« Auch die in Aussicht gestellte Amortisation binnen zehn Jahren sei nicht überzeugend. Kosmetikspiegel für 14.000 Euro? Individuell gedruckter Wandschutz für 48.000 Euro? »Dann doch lieber WLAN für alle«, forderte Klein.

Dietmar Foth (FDP) setzte dagegen: Er habe sich bei den benachbarten Kliniken informiert. Es gehe hier nicht um die Frage, ob sich die Investition binnen zehn Jahren amortisieren werde oder nicht, sondern darum, »ob die Privatpatienten überhaupt noch nach Balingen kommen, wenn wir die Komfortleistungen nicht anbieten«. Die einzige Frage, die noch offen sei: »Weshalb war der Komfortbereich nicht von Anfang an eingeplant?«

Christoph Heneka, der den Klinik-Neubau seitens des Landratsamts federführend betreut, erklärte, das sei erst 2006/2007 mit dem Nutzer besprochen worden: »Als das Klinikum in Villingen-Schwenningen eröffnet wurde, war der erste Bauabschnitt schon vorbei.« Zu den 100 000 Euro, die der »Nutzer« zu zahlen habe, erklärte Heneka, die kämen im Rahmen der pauschalen Förderung vom Land. Die Förderung könne nicht im Vorhinein beantragt werden, die Maßnahme werde erst im Nachhinein begutachtet und bewertet.

Lambert Maute (CDU) sagte, er könne angesichts der dauernden Kostensteigerungen nicht zustimmen. Eberhard Jaensch (parteilos) kritisierte, dass sich ein Kassenpatient jetzt schon ärgere, weil er den Chefarzt kaum noch zu Gesicht bekomme: »Lieber Komfort für alle und ein gutes Personal, anstatt Zwei-Klassen-Medizin!« Hans-Martin Haller (SPD) hakte nach: Man baue also »auf Risiko«, wisse nicht, ob die Privatkassen die Zusatzleistungen auch akzeptieren würden? Josef Weiss erwiderte, er sei zuversichtlich, dass das Klinikum nach Einrichtung der neuen Station anstatt jetzt 30 Prozent dann 60 Prozent der Gelder von Privatkassen ausschöpfen könne. Bei zwölf Gegenstimmen wurde die Baumaßnahme mehrheitlich beschlossen. Kosten für den Kreis: 375.000 Euro.