Nach den turbulenten Tagen in der evangelischen Kirchengemeinde Balingen-Ost hat Pfarrer Christof Seisser deren Leitung übernommen. Foto: Maier

Pfarrer Seisser äußert sich zur Zukunft von Balingen-Ost/Heselwangen und zu jüngsten Unruhen.

Balingen - Kehrt jetzt Ruhe ein? Nach den turbulenten Tagen in der evangelischen Kirchengemeinde Balingen-Ost hat nun Pfarrer Christof Seisser deren Leitung, zusätzlich zu seiner Heselwanger Gemeinde, übernommen. Wie es dort weitergeht, soll laut Seisser rasch geklärt werden.

Die Ordnung der Landeskirche besage, dass nach dem Rücktritt des Kirchengemeinderats ein Pfarrer mit der Geschäftsführung beauftragt und eine ortskirchliche Verwaltung gebildet wird. "Diese Aufgaben wurden jetzt offiziell an mich übertragen", so Seisser. Seine Aufgabe sei es nun, möglichst bis Jahresende Mitglieder der Gemeinde für die Gremienarbeit zu gewinnen. Die Pfarrerkollegen sorgten mit dafür, dass die Gottesdienste – insbesondere für Beerdigungen, Taufen und Trauungen – gehalten werden können. Der regelmäßige Gottesdienstplan für das Johann-Tobias-Beck-Haus sei bis Februar 2018 erstellt.

Was die Zukunft der Kirchengemeinden Balingen-Ost und Heselwangen angehe, so werde man "möglichst rasch auf eine Fusion hinarbeiten", wie sie auch zwischen den Kirchengemeinden Engstlatt und Balingen-Auf Schmiden stattgefunden habe, erklärt Seisser. Ob die Pfarrstelle Balingen-Ost wiederbesetzt werden könne, sei sehr fraglich: mit Angelika Schoblocher hätten man sie bis 2023 halten können. "Jetzt ist wohl eher zu vermuten, dass die Stelle als erste dem neuen Pfarrplan zum Opfer fallen wird – zu Lasten der Kolleginnen und Kollegen, die die Aufgaben übernehmen müssen."

Von der Unruhe und den Verwerfungen in der Gemeinde Balingen-Ost samt der Verabschiedung von Pfarrerin Angelika Schoblocher und dem Rücktritt des Kirchengemeinderats hat Seisser, wie er am Mittwoch erklärte, im Urlaub erfahren. Er sei "erschrocken über den Ton" und "verärgert über die vielen falschen Darstellungen".

So seien Berichte, Dekan Beatus Widmann habe Schoblocher einen Abschiedsgottesdienst verwehrt, nicht korrekt: Das könne er gar nicht, da die Kirchengemeinden selbst ihre Pfarrer verabschieden. Damit widerspricht Seisser der Darstelung Schoblochers, die unserer Zeitung gesagt hatte, dass der Wunsch des Kirchengemeinderats nach einem feierlichen Abschiedsgottesdienst zurückgewiesen worden sei.

Schoblocher hatte zudem gesagt, dass ihre Entscheidung, Balingen-Ost nach 23 Jahren zu verlassen, nicht freiwillig erfolgt sei. Dagegen erklärt nun Seisser, dass die Pfarrerin nicht hätte gehen müssen, sondern bis zu ihrem Ruhestand in wenigen Jahren hätte bleiben können, "wenn sie die Veränderungen mitgetragen hätte, die andere Pfarrer und Pfarrerinnen auch tragen mussten". Seisser weiter: "Wir haben im Bezirk schon mehrere Stellen (Ebingen, Onstmettingen, Hechingen), wo dies geschehen ist. Für die Kollegin war die Veränderung vom Oberkirchenrat so abgefedert worden, dass sie einen vollen Dienstauftrag erhalten hätte – wenn sie gewollt hätte." Vorgesehen war, dass Schoblocher den Pfarrauftrag für Balingen-Ost zur Hälfte weiter ausgeführe, 50 Prozent ihres Dienstauftrags hätte sie mit anderen Aufgaben innerhalb des Dekanatsbezirks erfüllen müssen.

Seisser tritt zudem der Darstellung entgegen, die aufgrund des Pfarrplans vorgesehenen Veränderungen – Stellenteilung in Balingen-Ost zwischen ihm und Schoblocher – wären zulasten von Balingen-Ost gegangen: Es wäre vielmehr zusammengerechnet bei einer 100-Prozent-Pfarrstelle geblieben; tatsächlich verliere Heselwangen 25 Prozent.

Der Pfarrplan sei im übrigen 2012 beschlossen worden und damit absehbar. Man habe lange darüber in den Gremien diskutiert: "Seit einem Jahr sitzen wir mit Mitgliedern aus allen Kirchengemeinden, auch mit Mitgliedern des Kirchengemeinderats Balingen-Ost zusammen, um die Veränderungen in der Gesamtkirchengemeinde Balingen vorzubereiten. Eine neue Ortssatzung ist dabei nach zähen Verhandlungen entstanden."

Kritik äußert Seisser an den bisherigen Mitgliedern des Kirchengemeinderats: Diese hätten bei ihrer Amtseinsetzung gelobt, darauf zu achten, dass "der Unordnung und dem Ärgernis in der Kirche gewehrt wird". Den Rücktritt hätte er, so Seisser, nicht von allen Mitgliedern dieses Gremiums erwartet: "Mit einigen habe ich die Pläne für den gemeinsamen Konfirmandenunterricht erstellt, den ich vor Ostern dieses Jahres begonnen habe."