Provokant und sarkastisch, so haben sich K.I.Z. und Die Kassierer am Samstag gezeigt - sehr zur Freude der Besucher. Foto: Bartler-Team

Ruhrpott-Punks und Berliner Hip-Hopper schockieren und begeistern die Fans in der Balinger Messehalle.

Balingen - Einigen Wirbel hatte es um das Konzert im Vorfeld gegeben: zunächst eine Ankündigung, dann eine Absage, und nun traten sie doch auf. Die Ruhrpott-Punks "Kassierer" und die Hip-Hopper von "K.I.Z" schockierten und begeisterten am Samstag in der Volksbankmesse gleichermaßen.

Es war ein Marktplatz-Open-Air ohne Marktplatz und freien Himmel, nur nicht weniger warm. In der Messehalle schwitzte das junge Publikum genau so, als ob das Konzert in der Balinger Innenstadt stattgefunden hätte. Einziger Unterschied: in der Halle entschied man sich aktiv dafür, zuzusehen und zu hören.

Und obwohl sich das Konzert innerhalb von vier Wänden ereignete, fand der vorausgehende Trubel trotzdem seinen Weg hinein. "Im Vorfeld hat es viel Kritik an unserer Arbeit gegeben", stimmte Sänger Wolfgang Wendland das Publikum ein. Eigens für "Herrn Feucht" hätten sie deshalb das Lied "Sonnenfinsternis in Lissabon" komponiert, einen mit Cha-Cha-Cha-Elementen versehenen Instrumentaltitel.

Wie sie bereits vor ihrem Balinger Auftritt für bewegte Gemüter gesorgt hatten, taten sie es auch am Samstag. Texte weit unter der Gürtellinie wurde vom Publikum beigeistert mitgesungen. Auch die Parole "Arbeit ist scheiße" wurde nach Wendlands Aufforderung "Überwinden Sie Ihr Schwabentum" parolenhaft von der Menge wiederholt. Visuelle Schockmomente bescherten die Kassierer ihren Zuschauern ebenfalls. Wendland, der das Konzert mit nacktem Oberkörper bestritt, zog blank und sorgte für lautstarke Resonanz seitens des Publikums. Nichts für Zartbesaitete war auch das kabarettistische Stück "Der Tisch": Schlagzeuger Volker und Gitarrist Niko ließen ebenfalls die Hosen runter, um beim inszenierten Sex die Hip-Hop-Kollegen aufs Korn zu nehmen. Ein Besucher, der das Geschehen aus der ersten Reihe mit seinem Handy filmte, drehte sich zur Seite und fragte mit einer Mischung aus Benommenheit und Spaß: "Bin ich hier richtig?"

Dass die Kassierer Eindruck hinterlassen, zeigte sich dann auch in der Pause. Die Punks nahmen sich Zeit für Fotos und Gespräche mit ihren Fans. Was auf der Bühne geht, muss allerdings nicht auch abseits davon geduldet werden: Als sich einer ihrer Anhänger spontan vor ihnen entblößte, erntete er zumindest von Wendland einen schiefen Blick.

Fast ebenso direkt in ihren Inhalten waren die Berliner von K.I.Z. Sie ließen zwar nicht die Hüllen fallen, doch Kritik an sozialen oder politischen Zuständen war ihren Texten ebenso zu entnehmen. Im Großen und Ganzen jedoch war das Quartett für ausgelassene Partystimmung zuständig, sang von riesigen Geschlechtsteilen, Geld und Sex. Hatte das Publikum noch in der Pause lautstark nach den Berlinern verlangt, waren die Fans nun hin und weg und feierten, bis der Schweiß in Strömen rann.