Will auch in Zukunft seinen Horizont über den Tellerrand hinaus erhalten: Artur Egle-Theurer geht in den Ruhestand. Foto: Reich Foto: Schwarzwälder Bote

Bilanz: Der Geschäftsführer des Evangelischen Bildungswerks, Artur Egle-Theurer, geht in den Ruhestand

30 Jahre lang war Artur Egle-Theurer Geschäftsführer des Evangelischen Bildungswerks. Am Freitagabend wurde er offiziell verabschiedet. Für den Schwarzwälder Boten zieht er eine Bilanz.

Balingen. Das Evangelische Bildungswerk Balingen und Sulz war in den vergangenen 30 Jahren vor allem mit einem Namen verbunden: Artur Egle-Theurer hat als Geschäftsführer Vorträge gehalten, Diskussionsgruppen moderiert und Referenten eingeladen. Zahlreiche Persönlichkeiten hat er dabei kennengelernt, wie beispielsweise CDU-Politiker Heiner Geißler, Rezzo Schlauch von den Grünen – der zunächst ins falsche Oberndorf gereist war – und den Schriftsteller Peter Härtling. Der hat kurz vor seinem Tod noch einen Brief an Egle-Theurer geschrieben.

Der Geschäftsführer des Bildungswerks hat während des Golfskriegs politische Nachtgebete organisiert, bei denen die Stadtkirche aus allen Nähten geplatzt ist. Er hat die Müllproblematik diskutiert, längst bevor es gelbe Säcke und blaue Tonnen gab. Er hat theologische Seminare veranstaltet, "wo man nicht das Denken an der Garderobe abgeben musste. Wo Zweifel geäußert werden durften", beispielsweise zum Thema "Gewalt in der Bibel".

Auch der Islam war ein Thema: "Wenn man sich seiner selbst bewusst ist, kann man ruhig in den Dialog treten", findet der 63-Jährige. Brisant waren in seinen Veranstaltungen auch Themen wie Waffenxporte oder die Diskussion um den Lebensanfang und das -ende.

Enttäuscht war er nur, wenn er ein interessantes Thema angeboten hat, wie beispielsweise zur Klimapolitik, und nur eine Handvoll Zuhörer kamen. Manchmal hat er sich auch "einen abgebrochen, und dann stößt man auf Schweigen". Er fügt hinzu: "Ich hätte mir manchmal streitbarere Gespräche gewünscht, aber das ist Klagen auf hohem Niveau." Wichtig ist ihm dabei: "Ich wurde nie blockiert." Erwachsenenbildung ist für ihn "ein offenes Fenster zur Welt und zur Gesellschaft".

Die Frage, ob sonntags gearbeitet werden darf, ob Läden öffnen dürfen, beschäftigte ihn ebenfalls: Dass ein Tag in der Woche nicht von Produktion bestimmt ist, findet er eine "revolutionäre Errungenschaft". Bereits vor 2500 Jahren habe es in Israel einen wöchentlichen Ruhetag gegeben, der "auch für Sklaven und Tiere" gegolten habe. "Der Mensch ist nicht nur eine Wesen, das arbeitet und denkt, sondern auch feiert und singt", gibt Egle-Theurer, der ursprünglich Industriekaufmann gelernt hat, zu Bedenken.

Dass das Christentum längst nicht mehr die alleinige Deutungshoheit hat, ist ihm klar. "Die Kirche ist nicht mehr so selbstverständlich. Wir sind ein Anbieter unter anderen", sagt Egle-Theurer. Darum seien Kooperationen wichtig. "Es muss nicht jeder das volle Sortiment anbieten."

"Es ist vieles gut geworden"

Was bleibt? Er habe die Erwachsenenbildung in den vergangenen 30 Jahren im Bezirk, der von Ostrach im Osten bis Schramberg im Westen reicht, so etablieren können, dass sie nicht in Frage stehe. Dies zeige sich darin, dass seine Stelle nahtlos wiederbesetzt wurde: "Das ist für mich Wertschätzung meiner Arbeit." Seit dieser Woche weist er seine Nachfolgerin Christine Thumm ein, denn am 31. August endet seine Anstellung. Deshalb wurde er am Freitagabend offiziell verabschiedet.

Aufs Altenteil will er sich indes nicht zurückziehen: "Nichtstun ist nicht schlecht, aber das allein kann es nicht sein." Vielmehr möchte er in Zukunft in Muße lesen statt nur quer. Seinen Horizont über den Tellerrand hinaus erhalten, ist sein Ziel. "Ich möchte nicht, dass die Welt kleiner wird."

Deshalb will er mit seiner Frau im Wohnmobil reisen – so es nicht gilt, ihr gemeinsames Haus in Rosenfeld auf Vordermann zu bringen, wo der gebürtige Südbadener längst seine zweite Heimat gefunden hat. Die Zeit gelassen angehen ist sein Ziel, denn "ich bin mir der Endlichkeit bewusst." Und man müsse sich stets bewusst sein, dass man nicht der Nabel der Welt sei.

Sein berufliches Fazit: "Es ist vieles gut geworden. Ich war an der richtigen Stelle, und ich hatte Freiräume." Und für seine Zukunft wünscht er sich: "Ich hoffe, dass es Bonusjahre sind."