Kommenden Sonntag feiert Pfarrerin Angelika Schoblocher mit der Kirchengemeinde Balingen-Ost ihren letzten Gottesdienst im "Tobi-Haus". Foto: Schnurr Foto: Schwarzwälder-Bote

Kirche: Angelika Schoblocher verlässt Gemeinde Balingen-Ost / Dekan: "An Auflösung denken wir nicht"

Jetzt ist es offiziell: Im Sonntagsgottesdienst hat Dekan Beatus Widmann bekanntgegeben, dass Pfarrerin Angelika Schoblocher die evangelische Kirchengemeinde Balingen-Ost verlässt.

Balingen. Bereits am kommenden Sonntag, 27. August, feiert sie ab 10 Uhr im Johann-Tobias-Beck-Haus mit ihrer Gemeinde den letzten gemeinsamen Gottesdienst. Ihren nächsten Dienstauftrag wird sie im Kirchenbezirk Reutlingen voraussichtlich in Vertretungsdiensten erfüllen.

Die Gemeinde hinter sich zu lassen, in der sie seit 1994 mit Freude tätig gewesen ist, sei keine freiwillige Entscheidung gewesen, sagt die Seelsorgerin gegenüber dem Schwarzwälder Boten offen: "Ich hätte mir vorstellen können, bis zum Ruhestandsalter hier zu arbeiten."

Was wäre die Alternative gewesen? Um diese Frage zu beantworten, muss man etwas ausholen: Zum 1. September 2017 wird in Balingen-Ost der Pfarrplan 2018 umgesetzt – trotz vehementen Protests des Kirchengemeinderats (wir haben berichtet). Aus der bislang einen Pfarrstelle werden dann zwei mit je 50 Prozent.

Eine Hälfte hätte die bisherige Gemeindepfarrerin übernehmen können, die andere tritt ihr Heselwanger Kollege Christof Seisser an. 50 Prozent ihres Dienstauftrags hätte Schoblocher mit anderen Aufgaben innerhalb des Dekanatsbezirks erfüllen müssen.

Keine gemeinsame Lösung

Um die künftige Organisationsstruktur innerhalb der Kirchengemeinde zu klären, habe man im Vorfeld Gespräche geführt, sagt Dekan Widmann. Diese hätten aber nicht zum Ziel geführt. Ins Detail gehen will er nicht.

Pfarrerin Schoblocher sagt, zuletzt habe es einen Stimmungsumschwung gegeben, der die aus ihrer Sicht ohnehin nicht für längere Zeit praktikable Tätigkeit auf zwei 50-Prozent-Stellen nicht mehr als wirkliche Option erscheinen ließ. Kurz vor ihrem Urlaub habe sie in Eile und unter Druck "Lebensentscheidungen" treffen müssen. "Es ist mir nicht viel Wahl geblieben."

Die berufliche Entscheidung ist gefallen. Zum 1. September hat Balingen-Ost damit keine eigene Pfarrerin mehr. Christof Seisser wird vertretungsweise für die Kirchengemeinde mit verantwortlich sein. Die andere 50-Prozent-Stelle ist bis auf weiteres vakant.

Diese Entwicklung schürt Ängste: Seitdem Schoblochers Abschied bekannt geworden ist, fürchten manche Gemeindemitglieder, Balingen-Ost solle "zerschlagen" werden.

Davon könne nicht die Rede sein, sagt Dekan Widmann: "An eine Auflösung denken wir nicht." Der örtliche Kirchengemeinderat, der Balinger Gesamtkirchengemeinderat und der Pfarrplansonderausschuss müssten intern beraten, wie es mit der vakanten Stelle weitergehen soll.

Man werde verschiedene Optionen prüfen, sagt Widmann, Geschäftsführender Pfarrer der Gesamtkirchengemeinde. Eine unter mehreren wäre beispielsweise eine Zusammenarbeit zwischen Heselwangen und Balingen-Ost, wie sie bereits zwischen Engstlatt und Auf Schmiden praktiziert wird.

"Das Gemeindeleben muss stattfinden und funktionieren", hält Widmann als oberstes Ziel fest. Allerdings seien dazu eine stärkere Zusammenarbeit über die Kirchengemeinden hinweg und mehr Flexibilität als in der Vergangenheit notwendig.

Strukturelle Veränderungen seien infolge der demografischen Entwicklung unumgänglich: "Wir werden weniger." Weniger Gemeindemitglieder, weniger Personalstellen, weniger Geld – dieser Wandel mache eine "Verschlankung" erforderlich.

Diese Probleme dürfe man nicht der nächsten Generation aufbürden. Deshalb sei mit dem neuen Pfarrplan bereits 2012 mit Mehrheitsvotum beschlossen worden, die Pfarrstelle Balingen-Ost aufzuspalten. "Das hat mit der Person Schoblocher nichts zu tun", betont der Dekan. Tatsächlich müssen im gesamten Kirchenbezirk 2,75 von zuvor 44 Stellen eingespart werden, bis 2024 weitere 5,75.

Für die Kirchengemeinde Balingen-Ost stellt sich das aus Sicht der scheidenden Pfarrerin anders dar: Die Umstrukturierung treffe die mit derzeit rund 2300 Mitgliedern größte Balinger Teilgemeinde "unschön".

Von Seiten des Kirchengemeinderats eingebrachte, alternative Vorschläge, wie in der Gesamtkirchengemeinde Balingen eine Stelle eingespart werden könnte, ohne dass künftig zwei Teilzeit-Pfarrer in der Mozartstraße tätig sind, seien abgelehnt worden. "Es war eine schlimme Erfahrung, dass wir da nicht gehört worden sind."

Bei der Entscheidung über den Pfarrplan vor sechs Jahren sind die Vertreter von Balingen-Ost überstimmt worden – das bestätigt auch der Dekan. Aber, so Widmann, das sei eine demokratische Entscheidung gewesen.

Ob und, falls ja, wann es für Pfarrerin Schoblocher, die 23 Jahre lang die Gemeinde betreut hat, einen feierlichen Abschiedsgottesdienst geben wird, ist unklar. Dieser Wunsch des Kirchengemeinderats sei abgelehnt worden, sagt Schoblocher.

Ihr persönlich liege auch gar nicht so viel daran: "Mir selbst ist wichtig, dass ich noch einmal einen Gottesdienst mit meiner Gemeinde feiern kann." Dann könne jeder spontan etwas sagen, der gerne mit ihr zusammengearbeitet habe.

"Eine tolle Gemeinde"

"Ich habe eine tolle Gemeinde gehabt", blickt Angelika Schoblocher wehmütig auf die zuende gehende Zeit zurück. "Die Leute haben mit mir gerne Neues ausprobiert." Sie lobt den Kirchengemeinderat als engagiert und solidarisch, und auch ihre Mitarbeiter in Sekretariat und Mesnerdienst. "Ich bin sehr gerne Pfarrerin hier gewesen."