In seinem Öko-Bestseller "Der Rinderflüsterer" hat Ernst Hermann Maier die Geschichte des Uria-Hofs und das Schicksal des Jungbullen Axel niedergeschrieben. Foto: Ungureanu

Uria-Hoffest am 9. Oktober erinnert an Jungbullen, der vor 30 Jahren auf die Schlachtbank sollte und nicht wollte.

Balingen-Ostdorf - Einmal im Jahr ist Hoffest bei Ernst Hermann Maier in Ostdorf. Dann kommen Besucher aus nah und fern auf den Hof. In diesem Jahr steht das Hoffest 9. Oktober unter besonderem Vorzeichen: "30 Jahre seit Axel". So hieß der Jungbulle, ohne den es den Uria-Verein wohl nie gegeben hätte.

Die Geschichte von "Axel" hat Ernst Hermann Maier in seinem Öko-Bestseller "Der Rinderflüsterer" niedergeschrieben. Gerade mal 16 Monate war "Axel" alt, als er zum Schlachthof gebracht werden sollte. Zu dritt habe man zwei Stunden lang versucht, den Bullen "normal" aufs Fahrzeug zu verladen. "Er hat getobt, die Füße eingestemmt und jämmerlich geschrien", erinnert sich Maier: "Der 'Axel' war frei geboren, er hatte noch nie in seinem Leben Zwang erfahren. Es war für ihn eine grässliche Quälerei und für uns lebensgefährlich."

Schließlich wurde "Axel" an Ort und Stelle auf der Weide mit einem Bolzenschuss getötet, und Maier schwor sich, nie wieder ein Tier lebend zu verladen. "Es war ein Lerneffekt. Und brutales Verhalten gegenüber den Tieren war mir immer schon abgrundtief zuwider." Er gründete mit wenigen Mitgliedern den Uria-Verein. Die Idee, die dahintersteckt: Auch ein Tier hat das Recht, in Würde zu leben und zu sterben.

Maier beschloss, seine Tiere künftig nur noch in ihrer vertrauten Umgebung auf der Weide "sanft vom Leben zum Tod zu befördern". Aber das war leichter gesagt als getan: 13 Jahre dauerte der Streit mit den Behörden, bis er es tun durfte und seine "mobile Schlachtbox" zugelassen war.

Nach jahrelangem Streit mit den Behörden, die sich, wie er sagt, gegen ihn "zusammengerottet" hatten, war der Ostdorfer Landwirt mit allen Wassern gewaschen und ließ sich von den "Damen und Herren vom Amt" nichts mehr vormachen. "Die Stadt Balingen hat sich dabei nicht gerade mit Ruhm bekleckert", sagt er, "und es hat mich in den Ruin getrieben – obwohl ich vor dem Verwaltungsgericht Recht bekommen hatte." Mittlerweile sei er ein "rotes Tuch in der Veterinärverwaltung".

Die Herde, in der ursprünglich 25 Tiere in freiem Familienverbund zusammengelebt hatten, war in den Jahren auf gut 200 angewachsen, weil er ja keine Schießerlaubnis hatte. Eine Zeit lang habe er Jäger gebeten, das für ihn zu erledigen – bis sich herausstellte, dass die das gar nicht durften. Notgedrungen habe er ab und zu auch selbst ein Tier schießen müssen. "Illegal, aber mittlerweile ist das verjährt". Er erinnert sich noch gut daran, wie damals in Ostdorf über ihn geredet wurde. "Es war ein Spießrutenlauf, man hat sich am Sonntag beim Brunch im Gemeindezentrum über den Fall unterhalten, während man Salat geputzt hat."

Ein Leserbrief rettete ihn vor der Zwangsversteigerung und half ihm, Haus und Hof zu behalten. Freunde, Bekannte und Unbekannte hatten nach dem Erscheinen fast eine halbe Million D-Mark gespendet. "Innerhalb von zwei Wochen hatten mehr als 100 Personen das Geld aufgebracht." Ein "wildfremder Mann aus Esslingen" habe mit dem Auto vor dem Haus angehalten und ihm 500 Euro auf den Tisch geblättert, ein Schrotthändler, den er noch nie gesehen hatte, habe aus einer abgegriffenen Ledermappe 30.000 Euro geholt und gespendet. "Er wollte nicht einmal eine Quittung", erinnert sich Maier. "Es war das Wunder von Uria, darum gibt’s uns noch."

Die Idee der artgerechten Rinderhaltung hat in jüngster Zeit immer mehr Anhänger. Mittlerweile zählt der Verein mehr als 1000 Mitglieder aus Deutschland, Holland, Italien, Österreich, der Schweiz und Frankreich. "Viele wollen die Schlachtung reformieren", sagt der streitbare Mittsiebziger. Seit einigen Jahren kämpft er auch gegen die nach der BSE-Krise EU-weit vorgeschriebenen Ohrmarken. Eingeknickt sei er nie. "Das ist unser Markenzeichen."

Am 24. Oktober hat er einen Termin vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen. Um zwei Dinge geht’s da: um die Fördermittel, die gestrichen worden sind, und um den Zwang, seinen Tieren Ohrmarken einzustanzen. Tierquälerei, sagt er, zudem nicht fälschungssicher. Eine "riesige Geldmacherei für die Ohrmarken-Hersteller".

Seine Tiere sind nach wie vor mit Transponder-Chips gekennzeichnet – weniger schmerzhaft, wie er betont, und absolut fälschungssicher. Jetzt hofft er auf Unterstützung von Seiten der Politik. Zu CDU-Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut habe er einen guten Kontakt, sagt er.